@SamueldanZu Deiner ausführlichen, interessanten Analyse ("Wahrscheinlichkeitstheorie" aus Deiner Sicht) würde ich gern Stellung nehmen.
Punkt 1 Tatort und Opfer
Interessant, dass Du ebenso auf die Größe des Opfers hinweist, wenn auch in einem anderen Zusammenhang wie ich (Partnerwahl).
Eine sehr große Frau kann sich aus Deiner Sicht wesentlich besser zur Wehr setzen, wenn es sich um einen „kleineren“ Täter handeln sollte.
Ich tendiere eher zu einem dem Opfer unbekannten Täter (eventuell lose Bekanntschaft).
Der durchgehende Balkon bot beste Voraussetzungen, sich evtl. in die Wohnung einschleichen zu können. Der Balkon scheint ohnehin ein Anhaltspunkt zu sein, da sich dort Blutanhaftungen des Täters befanden.
Es könnte sein, dass Frau Erdmann, als sie sich zu Bett legte, die Balkontür, zwecks Luftzufuhr, einen Spalt öffnete. Der Täter hatte evtl. Gelegenheit, ihre Gewohnheiten auszukundschaften.
Was den Einkauf betrifft, ist nicht bekannt, ob es sich um Lebensmittel gehandelt hat, welche der Kühlung bedurften….daher im Korb verblieben sind.
Mir ist nicht bekannt, ob sie vor dem Zubettgehen noch Telefonate getätigt hat.
Punkt 2 der Täter am Tatort
Was die Fesselung betrifft, wurde, soweit mir bekannt, von einer Kordel eines Vorhanges berichtet, mit der das Opfer voraussichtlich "zusätzlich" gefesselt wurde (alter Zeitungsbericht), versuche ihn zu finden.
Was das Alter des Täters betrifft, vermag ich nichts zu sagen, es könnte sich durchaus um einen jüngeren Mann gehandelt haben.
Aus meiner Sicht wurde das Opfer nicht „regelrecht“ abgeschlachtet….es wurde erstochen, doch nicht „verstümmelt“.
Der Täter durchsuchte im Anschluss die kleine Wohnung….um einen Raubmord vorzutäuschen, oder um etwas für ihn Wichtiges zu finden? Vielleicht vermutete er einiges an Bargeld bei ihr und war sodann enttäuscht über die spartanisch eingerichtete Wohnung.
Ich denke, die Tat ist nachts verübt worden, daher konnte der Täter unbemerkt „entkommen“, zumindest hatte er bessere Voraussetzungen wie am frühen Morgen.
Ein wenig Glück gehört auch dazu, dass einem niemand in die Quere kommt…
Du hattest an
@Robin76 gepostet, dass es sich evtl. nicht um ein „abgeblitztes Date, einem neutralen Bekannten, oder einen Kollegen gehandelt haben dürfte, denn die lässt man nicht in sein Schlafzimmer…Gute Eingrenzung!
Hass kann sich auch aus anderen Gründen spontan entwickeln, muss nicht unbedingt etwas mit der Person des Opfers zu tun haben.
Punkt 3 Der Täter im Tatumfeld
Geschicklichkeit, Umsichtigkeit und Intelligenz des Täters… wurde auch schon bei Minderintelligenz festgestellt, kann sich ergo auch um reine Cleverness, sowie die Fähigkeit blitzschnell zu reagieren, handeln.
Mir sind Personen bekannt, welche nett und zuvorkommen sind, denen man kein Verbrechen zutrauen würde, doch wie sich zeigte, konnten sie, wenn sie entsprechend getriggert“ wurden, von einer Sekunde zur anderen massiv gewalttätig reagieren.
Natürlich hat das eine Ursache…resultiert nicht unbedingt daraus, dass diese Person geneigt ist, „Frust zunächst in sich hineinzufressen“, um sich zu einem späteren Zeitpunkt hinterlistig zu „entladen“ unter der Prämisse „Jetzt zeige ich Dir, wo es lang geht!“
Doch alles ist möglich, Du hast einen bestimmten Tätertyphus beschrieben, doch es gibt unglaublich viele Varianten, wie jemand tickt.
Punkt 4 der Täter nach der Tat:
Was die Regelmäßigkeit des Telefonterrors bei der Mutter des Opfers betrifft, ist mir nicht bekannt, ob das jedes Jahr zum Todestag erfolgte, darüber ist sicher nicht Buch geführt worden. Es kam zur Sprache, dass derartige Anrufe, bei denen sich niemand meldete, auch zu anderen Zeiten erfolgten.
Ich interpretiere da nicht weiter….Spinner, welche mit der Tat nichts zu tun haben, gibt es genug.
Die Mutter (Interview) teilte mit, dass sie sich nicht vorstellen kann, wer ihrer Tochter so etwas angetan haben könnte.
Vielleicht gab es Zwist innerhalb der Familie, Vorgeschichten, etc. Jemand welcher sich aus Neid, Eifersucht an der Tochter rächen wollte, wie auch immer. Da wäre doch sicher etwas „durchgedrungen“, was die Schwester des Opfers hätte mitteilen können. Nichts ist geschehen!
Die Mutter machte auf mich einen gefassten, starken Eindruck (nicht derart theatralisch wie im xy-Beitrag)…denke, sie hat die Anrufe „hingenommen“, sich zwar kurzfristig Gedanken gemacht, doch keine Veranlassung gesehen, darauf zu reagieren. Gute Einstellung!
Sollte es derart abgelaufen sein, wie Du sehr gut beschrieben hast und der Täter vermutete, die Frau voll im Griff zu haben und sie mit den Anrufen quälen zu können, wäre das allein sein Gedankengang, den er ohnehin nicht „überprüfen“ konnte.
Denke eher, die Mutter hatte genügend Abwechslung in ihrem Leben und ein gutes Umfeld, zudem sicher eine gefestigte Persönlichkeit, dass sie mit derartigen Anrufen (angeblich einmal im Jahr) durchaus umgehen konnte.
Du schreibst, eine Face-to-face Kommunikation, ein offenes Telefonat scheute er voraussichtlich.
Das würde auf eine feige, hinterlistige, Person hinweisen, welche sicherlich allgemein soziale Kontakte meidet, zudem narzisstisch und sadistisch veranlagt ist.
Das resultiert sicher aus psychischen Schwierigkeiten, mit Frustrationen und Konflikten umgehen zu können.
Ob der Täter evtl. weit vor 1983 Kontakt zu Opfer und deren Mutter hatte, vermag ich nicht zu sagen.
Möglich ist alles…eine Demütigung jedoch jahrelang zu speichern, um irgendwann zuzuschlagen…deutet auf eine Person hin, welche nie verzeihen und nie vergessen kann, nicht fähig ist, Demütigungen zu kompensieren…ergo seit Jahren evtl. ein Trauma versucht zu verarbeiten, welches nicht zu kompensieren ist.
Deine wissenschaftliche Arbeit betreffs traumatisierter Soldaten mag hilfreich sein, in Bezug auf diesen Fall, hinsichtlich der psychologischen Bewertung des Täters, nicht kompensieren zu können.
Etliche Kriegsveteranen müssen/mussten therapiert werden, teils ohne Erfolg.
Daher nochmals Dank für Deinen Bericht, eine interessante Analyse, aus Deiner Sicht, zum Mordfall Brigitte Erdmann.