@Coldcases Ich versuche, es mal so gut wie es geht zu schreiben:
2011 wird der TV schuldig gesprochen für Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zehn Fällen. Die Strafe wird auf Bewährung ausgesetzt.
Dann wird 2018 die Bewährung widerrufen, als er im Knast sitzt wg. Kindesmissbrauch. Eigentlich will die Staatsanwaltschaft Flensburg den TV einfach weiter im Gefängnis behalten, eben aufgrund der Strafe aus 2011. Allerdings stellen die Behörden die Anträge "zu spät", sodass der TV am 31. August 2018 entlassen werden muss, und sich dann absetzt nach Italien.
Es wird ein neuer europäischer Haftbefehl ausgestellt, und der TV wird am 27. September 2018 in Italien festgenommen und am 18. Oktober 2018 an Deutschland übergeben wurde. Zuvor hatte die italienische Vollstreckungsbehörde am 10. Oktober 2018 die Bewilligung hierzu erteilt.
Ab dann sitzt der TV seine Strafe aus 2011 ab.
Zwischenzeitlich stellt die Staatsanwaltschaft Hannover einen neuen europäischen Haftbefehl wg. der Vergewaltigung aus (obwohl der TV ja schon in Deutschland im Gefängnis sitzt). Das müssen sie tun, denn es gibt hier etwas, das nennt sich "Spezialitätengrundsatz".
Das bedeutet grundlegend: Der TV wird von Italien an Deutschland überstellt aufgrund der Straftat "Drogenhandel". Nur, wenn Italien nun einwilligt, dürfen die deutschen Ermittlungsbehörden wegen einer anderen, vor der Auslieferung stattgefundenen Straftat ermitteln.
Daher ist dieser neue europ. Haftbefehl und die Zustimmung aus Mailand vom 22. März 2019 so wichtig.
Unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einem Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 6. Oktober 2011 (Drogenhandel) hat das Landgericht Braunschweig den TV zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräfitig, denn der TV hat Revision eingelegt.
Revision bedeutet, dass das Urteil der vorherigen Instanz (Braunschweig) von der nächst höheren Instanz (BGH) auf Rechtsfehler geprüft wird. Es können also z.B. keine neuen Beweise oder so angeführt werden - es wird nur geprüft, ob das Verfahren rechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
Die Frist zur Revisionseinlegung beträgt nach § 341 Abs. 1 StPO eine Woche nach Verkündung des Urteils, die sich aus Verlesung der Urteilsformel und Mitteilung der Urteilsgründe zusammensetzt.
Und jetzt kommen wir zu dem Rechtsfehler, mit dem der TV den Revisionsantrag begründet:
Er sagt, die Straftat Vergewaltigung hätte überhaupt nicht untersucht werden dürfen, da der Spezialitätengrundsatz gegolten habe.
Und ob dieser gegolten hat oder nicht, das muss jetzt der BGH entscheiden. Der BGH wiederum sieht das recht deutlich (der TV habe seinen Anspruch auf diesen Spezialitätengrundsatz damit verwirkt, dass er freiwillig und gegen seine Bewährungsauflagen nach der Haftstrafe in 2018 das Land verlassen hat, und sich somit nicht mehr auf diesen Schutz berufen kann). Aber da es hier ja um europäische Angelegenheiten geht, bittet der BGH den EuGH um eine Empfehlung.
Aktuell befindet sich der Täter in sogenannert Überhaft.
Er ist in Haft für das Drogendelikt, und quasi in U-Haft für die Vergewaltigung.
Was kann also passieren?
Der Antrag auf Bewährung wird bewilligt - der TV kommt auf Bewährung raus, aber bleibt in U-Haft.
Der Antrag auf Bewährung wird bewilligt - der TV kommt auf Bewährung frei, weil der EuGH wider Erwarten dem BGH den Riegel vorschiebt.
Der Antrag auf Bewährung wird nicht bewilligt - der TV bleibt unabhängig vom BGH & EuGH im Knast.
Ich hoffe, das war jetzt einigermaßen verständlich erklärt - sorry, das ist wahnsinnig komplex.
Das BGH Urteil gibts hier dann zum Nachlesen, da hab ich alle Infos raus.
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=ef91e57814bd3e5455dfb8041ad6f049&nr=105819&pos=1&anz=2Und noch ein Zusatz:
Ein Urteil kann erst dann als „rechtskräftig“ bezeichnet werden, wenn alle Anfechtungsberechtigten ihr Anfechtungsrecht verloren haben, was auf vier verschiedene Arten geschehen kann:
Verstreichen der Rechtsmittelfrist
Rechtsmittelverzicht gemäß §§ 515 und 565 ZPO
Rücknahme eines Rechtsmittels gemäß §§ 516 und 565 ZPO
Beendigung des Instanzenzuges