@Corydalis Corydalis schrieb:Aber so richtig einleuchtend kommt mir die Annahme, dass sie es sich "einfach so" anders überlegt hat, nicht vor, zumal bei diesem unangenehmen nächtlichen Weg.
Naja, denkbar ist das schon. Sie hatte einen schweren, auch in dieser Beziehung vermutlich nicht ganz alltäglichen Streit mit ihrem Mann, er hat sie geschlagen, sie hat den Ehering abgenommen, sie wollte zu einer Freundin flüchten.
Aber vielleicht hat sie es sich wirklich anders überlegt. Wäre sie in der Nacht bis nach Vorra gefahren, hätte sie kaum am nächsten Morgen wieder pünktlich in der Gaststätte erscheinen können. Noch gravierender dürfte aber sein, dass durch die Flucht zur Freundin sozusagen ein "Point of no return" in der Ehe überschritten sein könnte. Bestimmt ist das, als sie auf das Taxi wartete, alles durch den Kopf gegangen. Unter dieses Umständen könnte ich mir schon gut vorstellen, dass sie sich umentschieden hat, dass sie stattdessen noch einmal nachdenken wollte, bevor sie eventuell unabänderliche Fakten schafft. In diesem Moment hatte sie sicherlich keine Lust, der Freundin alles zu erklären oder gar dem Taxifahrer. Vielleicht hatte sie vor, die Freundin noch einmal von zuhause anzurufen, diese erwartete sie ja ohnehin nicht so schnell wegen der recht weiten Fahrt (ca. 30 Minunten).
In dieser Situation kümmerte sie sich auch nicht um die zunächst ja rein abstrakte Gefahr, die auf dem nächtlichen Weg drohen könnte, sie hatte den Kopf voll mit ganz anderen, konkreteren Sorgen. Es ist ja auch nicht so, dass in Röthenbach jede Nacht Frauen überfallen und vergewaltigt werden.
Also ganz unplausibel ist es nicht, dass sie auf diese Weise ihre Pläne änderte. Was aber nicht heißt, dass es zwangsläufig wirklich so war.
Aber wenn es so war, dann kommt am ehesten ein unbekannter Täter in Frage, der sie vergewaltigen wollte, es aber nicht schaffte. Relativ frequentierte Straßen sind da m.E. übrigens viel gefährlicher als einsame Waldwege. Denn auf dem Waldweg sieht einen keiner, auch kein potentieller Vergewaltiger.
Der Taxifahrer kommt einem natürlich auch automatisch in den Sinn. Andererseits hat ihn die Polizei bestimmt überprüft und ich würde mich als Taxifahrer auch nicht an meinem Fahrgast vergehen, da ja in der Zentrale bekannt ist, mit wem ich unterwegs war und ich der Erste wäre, der in Verdacht gerät. Nein, der Taxifahrer ist eigentlich als Täter sehr unwahrscheinlich.
Bliebe noch der Ehemann. Manches spricht für ihn, aber einige ganz wichtige Punkte auch gegen ihn. Dafür spricht natürlich der vorangegange Streit und dass er hinterher keine rechte Trauer zeigte. Aber das lässt sich alles mit einer normal zerrütteten Beziehung erklären. Die emotionale Kälte könnte man sogar zu seinen Gunsten auslegen, es war ihm einfach egal, ob seine Frau tot oder lebend war.
Sein Blut auf Claudias Kleidung, naja, ist schon eigenartig. Aber da er sie ja geschlagen hat, kann das schon dabei draufgekommen sein.
Gegen ihn spricht auch das zerschlagene Fenster der Eingangstür der Gaststätte. Er hat ja anscheinend behauptet, er habe aus Wut beim Verlassen des Lokals draufgeschlagen (so, wie es bei XY gezeigt wird). Es könnte aber auch sein, dass er zurückkehrte, sie ihn nicht einließ und er deshalb versuchte, das Glasfenster zu zertrümmern.
Die Erde, die man an seinen Schuhen fand und die angeblich mit dem Boden am Tatort identisch ist, halte ich für keinen richtigen Beweis. Der Mann wohnte nur wenige 100 Meter vom Tatort entfernt, wenn sich an seinen Schuhen Bodenspuren finden, dann immer sehr ähnliche wie von dort. Dieser "Beweis" scheint mir sehr konstruiert zu sein.
Was aber eindeutig für seine Unschuld spricht:
1. Die DNA-Spuren unter Claudias Fingernägeln, die nicht vom Ehemann stammen. Wie sollen sie dort hingekommen sein?
2. Die Uhr. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass der Ehemann so clever war, eine fremde Uhr neben der Leiche zu plazieren, um von sich abzulenken. Dazu war er viel zu aufgeregt, viel zu müde, vielleicht auch viel zu besoffen. Außerdem, wo soll er mitten in der Nacht eine fremde Uhr herbekommen?
3. Die Schuhe passen anscheinend auch nicht.
Daher halte ich persönlich den Ehemann nicht für den Täter.
grizzlyhai schrieb:Wenn dem Ehemann auch jetzt eindeutig der Mord nachgewiesen werden könnte, so kann er nicht mehr angeklagt werden. Der Freispruch verhindert das.
Ist deshalb auch nicht nötig.
Somit tippe ich auf den großen Unbekannten. Er scheint körperlich eingeschränkt gewesen zu sein (hinkte), vielleicht hat es deshalb auch mit der Vergewaltigung nicht ganz geklappt. Fragt sich, wo er herkam, wo er ursprünglich hinwollte. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass er Claudia O. vom Auto aus gesehen hat. Aber wo stellte er sein Auto ab und wie holte er sie ein, wenn er nicht so gut zu Fuß war?