@Arikado Arikado schrieb:Was wäre die Alternative dazu? Eine ewige Existenz?
Naja, nicht notwendigerweise. Klar, die (einzige) Alternative zu 'endlich' ist natürlich 'unendlich'. Aber denkbar wäre auch die Möglichkeit, dass wir weder nur ein einziges Mal leben, noch unendlich oft leben, sondern einfach nur ziemlich oft leben, was dann im Endeffekt etwa durch die Existenzdauer des Universums begrenzt sein könnte.
Ich persönlich will mich hier aber nicht festlegen. Auch eine unendliche Existenz kann sich unter gewissen Voraussetzungen als 'spannend' erweisen, etwa, wenn man den Mechanismus des Vergessens zugrundelegt, anstatt davon auszugehen, dass sich mit der Zeit immer mehr Wissen kumuliert. Trott und Langeweile entstehen ja vor allem dadurch, dass wir etwas schon kennen. Solange wir aber bspw. den Inhalt eines Filmes oder Buches nach gewisser Zeit wieder vergessen, kann auch eine wiederholte Auseinandersetzung mit dem Inhalt weiterhin spannend sein.
Ich nehme mal an, dass du darauf, dass sich mit unendlicher Existenzdauer auch Wissen und Erfahrungen in unendlicher Weise kumulieren und somit zur Langeweile verkommen, mit deinem Unbehagen hinauswolltest.
Arikado schrieb:Stimmt, diese Ungewissheit ist nicht schön. Aber auch hier frage ich mich, was die Alternative dazu wäre. Etwa eine Uhr, auf der wir sehen könnten, wie lange wir noch zu leben hätten? Ne, dann doch lieber die Ungewissheit.
Naja, ich würde das eher vergleichen mit der Gewissheit vor dem Schlafengehen, dass man am nächsten Morgen wieder aufwachen wird.
Arikado schrieb:Der Genuss überwiegt, meinst du? Da gibt's nicht Wenige, die das Gegenteil davon behaupten.
Deshalb meinte ich ja auch: summiert über alle Individuen und Zeiten. Klar, greift man sich gewisse Zeitabschnitte oder Individuen heraus, schlägt die Varianz zu. Aber hier verhält es sich in etwa mit Tagen in Relation zum Leben: Greift man einzelne Tage heraus, möchte man sich manchmal wünschen, an diesen gar nicht erst aufgestanden zu sein. Nichtsdestotrotz kann sich in der Summe aber ein erfülltes Leben ergeben. Ich behaupte nun, dass dies für das Leben in ähnlicher Weise gelten könnte. D.h., greift man sich ein einzelnes Leben heraus, dann mag es im Einzelfall als nicht lebenswert empfunden werden. Aber was, wenn dem noch unzählige andere Leben gegenüberstehen würden, so dass sich die Existenz in der Gesamtheit und über alle Leben summiert letztendlich als positiv herausstellen würde?
Arikado schrieb:Unabhängig davon, wer jetzt Recht hat, könnte man also sagen, dass für jene, die ihr Leben geniessen, der Tod zu bedauern ist und für jene, die ihr Leben nicht geniessen, der Tod nicht zu bedauern ist. Aber würde nicht auch für jene, die ihr Leben geniessen, wozu ich mich eigentlich auch zähle, nach einer langen Zeit, das Leben zur Last werden, sodass sie sich den Tod wünschten?
Sicher. Hier wäre zu erörtern, was das genau ist, was das Leben zur Last werden lässt. Ich vermute mal: zunehmende Gebrechen (körperlich-seelische Leiden) einerseits, und Langeweile & Eintönigkeit (man hat alles schon gesehen und erlebt) andererseits. Legt man die Hypothese der Reinkarnation zugrunde (ohne mich da jetzt aber auf konkrete Vorstellungen festzulegen), entfällt ersteres, da man sich des gebrechlichen Körpers ja entledigen tut. Auch letzteres entfällt, wenn man den Mechanismus des Vergessens voraussetzt.