Perspektiven der Kernkraft
20.10.2021 um 20:37Die britische Regierung hat gestern ihre "Net Zero Strategy", d.h. ihren Energiewende-Plan bis 2050 veröffentlicht. Im Kernkraft-Bereich soll ein weiteres grosses Kernkraftwerk (neben Hinkley Point C, dessen Bau bisher nicht viel besser der Bau des BER lief) gebaut werden. Ausserdem sollen SMRs mit beachtlichen ca. 600 Millionen EUR gefördert werden:
Bei Grossbritannien und Frankreich muss man natürlich berücksichtigen, dass die eigenen Atomwaffen zwingend erfordern, dass die Nuklearindustrie auf einem gewissen Level gehalten werden muss.
Ich habe mir in den letzten Wochen auch die Planungen zur deutschen Energiewende etwas näher angesehen, und bin zunehmend skeptisch, ob das so funktionieren kann, wie es geplant ist. Technisch geht das, aber ich fürchte, dass die Kosten bei einer realistischen Betrachtung völlig untragbar sind (siehe z.B. hier).
Dazu kommt, dass es gegen viele Aspekte (u.a. Onshore-Windkraft und Hochleistungs-Übertragungstrassen, zuweilen sogar gegen Solarparks) zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung gibt, was die Umsetzung weiter erschwert. So ziemlich das einzige, wogegen es kaum Widerstand gibt, sind Solaranlagen auf Dächern. Die reichen aber bei weitem nicht aus. Der enorme Umfang, in dem insbesondere Photovoltaik und Windkraft für eine vollständige Abdeckung des Primärenergiebedarfs in Deutschland ausgebaut werden müssten, geht eindrucksvoll aus dem folgenden Video von Prof. Christian Holler und Prof. Joachim Gaukel hervor (mit einem kurzen Intro von Prof. Harald Lesch): Erneuerbare Energien in Deutschland auf 100%?. Das Ganze gibts auch als Buch, wobei die Kindle-Version gratis ist.
Ausserdem ist mir aufgefallen, dass die Planungen in Deutschland (siehe z.B. die "Nationale Wasserstoffstrategie") ziemlich Gas-lastig (Erdgas / Synthese-Methan / Wasserstoff) sind, wobei ich (Achtung: Verschwörungstheorie ;)) den Verdacht hege, dass da andere Interessen als Umwelt- und Klimaschutz eine maßgebliche Rolle spielen.
Es wird oft das Argument vorgebracht, Deutschland könne bei der Energiewende ein Vorbild für andere Länder sein. Zumindest im Kernkraft-Bereich sieht es nicht danach aus. Ich habe kürzlich eine Statistik gesehen (die Quelle habe ich leider auf die Schnelle nicht mehr zur Hand), in der die in den einzelnen Ländern der Welt in Betrieb befindlichen, in Bau befindlichen, in Planung befindlichen und in Vorplanung befindlichen Kernkraftwerke aufgelistet waren, und da scheint sich kaum jemand Deutschland zum Vorbild zu nehmen.
Obwohl ich kein fundamentaler Kernkraft-Gegner bin, würde ich in einem dichtbesiedelten Gebiet wie Deutschland lieber eine Lösung ohne Kernkraft sehen. Darüber hinaus gibt es hier soviel fundamentalen politischen Widerstand gegen Kernkraft, dass ich sehr skeptisch bin, ob ein Wiedereinstieg z.B. auf Basis von SMRs jemals durchsetzbar wäre. Allerdings fallen mir zwei Szenarien ein, die die öffentliche Meinung in dieser Hinsicht u.U. erheblich beeinflussen könnten: Ein katastrophaler Blackout im Winter, oder eine weltweite Renaissance der Kernkraft, so dass Deutschland international zunehmend als Aussenseiter dastände.
Eine Reihe von m.E. ernstzunehmenden Nachteilen von SMRs erläutert Prof. Harald Lesch in dem folgenden Video:
Persönlich habe ich die Hoffnung, dass die Kosten für Batterie-Speicher in den nächsten 10 Jahren weiter drastisch fallen werden, so dass Gross-Speicherlösungen auf Batterie-Basis (im TWh-Bereich) realistisch möglich werden, und dass Photovoltaik und Windkraft zusammen mit diesen Speichern eine saubere, kostengünstige und langfristig tragfähige Energieversorgung ermöglichen. Dafür ist aber, wie weiter oben erwähnt, ein enormer Zubau an Photovoltaik (Tausende von Quadratkilometern) und Windkraft (Zehntausende von Windkraftanlagen, z.T. Offshore) erforderlich. Die Hoffnung auf drastisch fallende Kosten bei Batterie-Speichern ist natürlich derzeit sehr spekulativ, aber das ist eine Lösung, die m.E. in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht realistisch sein könnte (was ich von den derzeitigen offiziellen Planungen nicht glaube).
Ausserdem bin ich recht optimistisch in Hinblick auf Kernfusion (siehe z.B. hier), die bei einem Durchbruch sowieso alle anderen Planungen über den Haufen werfen würde.
The government will also take measures to inform investment decisions during the next Parliament on further nuclear projectsBei den SMRs geht es wahrscheinlich im wesentlichen um das Rolls-Royce-Projekt, ca. 16 SMRs mit einer Leistung von je 440 MW (wobei man die Frage stellen kann, ob die Einstufung als "Small" da noch angemessen ist) und geplanten Kosten von je ca. 2,4 Milliarden EUR in Grossbritannien zu bauen.
as we work towards our net zero target.This will include consideration of large-scale and advanced nuclear technologies, including Small Modular Reactors (SMRs) and potentially Advanced Modular Reactors (AMRs). As part of this, we are announcing a new £120 million Future Nuclear Enabling Fund to provide targeted support in relation to barriers to entry. [...]
We are also providing funding for a SMR design through our £385m Advanced Nuclear Fund and are progressing plans for an Advanced Modular Reactor demonstrator in the early 2030s. Whether large- or small-scale projects, there remain a number of possible sites available for these options, including Wylfa in North Wales.
Bei Grossbritannien und Frankreich muss man natürlich berücksichtigen, dass die eigenen Atomwaffen zwingend erfordern, dass die Nuklearindustrie auf einem gewissen Level gehalten werden muss.
Ich habe mir in den letzten Wochen auch die Planungen zur deutschen Energiewende etwas näher angesehen, und bin zunehmend skeptisch, ob das so funktionieren kann, wie es geplant ist. Technisch geht das, aber ich fürchte, dass die Kosten bei einer realistischen Betrachtung völlig untragbar sind (siehe z.B. hier).
Dazu kommt, dass es gegen viele Aspekte (u.a. Onshore-Windkraft und Hochleistungs-Übertragungstrassen, zuweilen sogar gegen Solarparks) zunehmenden Widerstand in der Bevölkerung gibt, was die Umsetzung weiter erschwert. So ziemlich das einzige, wogegen es kaum Widerstand gibt, sind Solaranlagen auf Dächern. Die reichen aber bei weitem nicht aus. Der enorme Umfang, in dem insbesondere Photovoltaik und Windkraft für eine vollständige Abdeckung des Primärenergiebedarfs in Deutschland ausgebaut werden müssten, geht eindrucksvoll aus dem folgenden Video von Prof. Christian Holler und Prof. Joachim Gaukel hervor (mit einem kurzen Intro von Prof. Harald Lesch): Erneuerbare Energien in Deutschland auf 100%?. Das Ganze gibts auch als Buch, wobei die Kindle-Version gratis ist.
Ausserdem ist mir aufgefallen, dass die Planungen in Deutschland (siehe z.B. die "Nationale Wasserstoffstrategie") ziemlich Gas-lastig (Erdgas / Synthese-Methan / Wasserstoff) sind, wobei ich (Achtung: Verschwörungstheorie ;)) den Verdacht hege, dass da andere Interessen als Umwelt- und Klimaschutz eine maßgebliche Rolle spielen.
Es wird oft das Argument vorgebracht, Deutschland könne bei der Energiewende ein Vorbild für andere Länder sein. Zumindest im Kernkraft-Bereich sieht es nicht danach aus. Ich habe kürzlich eine Statistik gesehen (die Quelle habe ich leider auf die Schnelle nicht mehr zur Hand), in der die in den einzelnen Ländern der Welt in Betrieb befindlichen, in Bau befindlichen, in Planung befindlichen und in Vorplanung befindlichen Kernkraftwerke aufgelistet waren, und da scheint sich kaum jemand Deutschland zum Vorbild zu nehmen.
Obwohl ich kein fundamentaler Kernkraft-Gegner bin, würde ich in einem dichtbesiedelten Gebiet wie Deutschland lieber eine Lösung ohne Kernkraft sehen. Darüber hinaus gibt es hier soviel fundamentalen politischen Widerstand gegen Kernkraft, dass ich sehr skeptisch bin, ob ein Wiedereinstieg z.B. auf Basis von SMRs jemals durchsetzbar wäre. Allerdings fallen mir zwei Szenarien ein, die die öffentliche Meinung in dieser Hinsicht u.U. erheblich beeinflussen könnten: Ein katastrophaler Blackout im Winter, oder eine weltweite Renaissance der Kernkraft, so dass Deutschland international zunehmend als Aussenseiter dastände.
Eine Reihe von m.E. ernstzunehmenden Nachteilen von SMRs erläutert Prof. Harald Lesch in dem folgenden Video:
Bill Gates’ großer Irrtum: Mini-Kernkraftwerke | Harald Lesch
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Persönlich habe ich die Hoffnung, dass die Kosten für Batterie-Speicher in den nächsten 10 Jahren weiter drastisch fallen werden, so dass Gross-Speicherlösungen auf Batterie-Basis (im TWh-Bereich) realistisch möglich werden, und dass Photovoltaik und Windkraft zusammen mit diesen Speichern eine saubere, kostengünstige und langfristig tragfähige Energieversorgung ermöglichen. Dafür ist aber, wie weiter oben erwähnt, ein enormer Zubau an Photovoltaik (Tausende von Quadratkilometern) und Windkraft (Zehntausende von Windkraftanlagen, z.T. Offshore) erforderlich. Die Hoffnung auf drastisch fallende Kosten bei Batterie-Speichern ist natürlich derzeit sehr spekulativ, aber das ist eine Lösung, die m.E. in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht realistisch sein könnte (was ich von den derzeitigen offiziellen Planungen nicht glaube).
Ausserdem bin ich recht optimistisch in Hinblick auf Kernfusion (siehe z.B. hier), die bei einem Durchbruch sowieso alle anderen Planungen über den Haufen werfen würde.