Mir ist gerade etwas in den Kopf gekommen, von dem ich nicht mehr los komme. Bitte helf mir
Wenn zweit Autos mit jeweils 60 km/h aufeinander prallen, ist der Aufprall so als wenn ich mit 120 gegen eine Wand fahre.
Nein,
definieren wir mal dein gedankenexperiment genauer:
Wir haben dich als Beobachter A, der für das auto von links kommend, ab jetzt Objekt 1, eine Geschwindigkeit von 60 km/h in positive x-Richtung misst (v1=60km/h) und für das auto von rechts, objekt 2, eine geschwindigkeit von 60 km/h in negative x-richtung (v2=-60km/h).
Beide Objekte 1 und 2 sind identisch und haben dieselbe Ruhemasse.
Der Einfachheit wegen verzichte ich jetzt noch auf orts- und zeitkoordinaten für die 3 bezugssysteme A, 1, 2.
So nun bringen wir den 2ten Beobachter ins Spiel, in seinem Bezugssystem ruht Objekt 1, oder anschaulich ausgedrückt, für dich als beobachter A "läuft" beobachter 1 mit exakt derselben geschwindigkeit neben dem auto also obj.1 her.
Da die Geschwindigkeiten niedrig sind, kann die klassische galilei-transformation für geschwindigkeiten verwendet werden, sprich für beo. 1 werden beide geschwindigkeiten "addiert", so dass er für objekt 2, das ihm und objekt 1 in neg. x-richtung entgegenkommt, eine geschwindigkeit von -120 km/h misst (=v´2).
Der Stoß erfolgt ähnlich wie bei autos mit "knautschzone" (hier aber) vollkommen unelastisch.
(Deine "Wand" ersetzen wir durch das in Bezugssystem beo. 1 stehende obj. 1, das stehende Auto)
Betrachten wir erstmal die impulserhaltung.
Für Beobachter A:
Beide Objekte haben denselben betrag von v und dieselbe masse m, der impuls zeigt jeweils in gegenrichtung. Der gesamtimpuls ist vor dem stoß hier also null.
Nach dem stoß (vollkommen inelastisch) ruhen obj. 1 und 2 für beo. A, also gesamtimpuls = 0.
Für Beobachter 1:
Obj.2 hat v. d. stoß den impuls p´2(v.d.s)=m2*v´2, entspricht auch dem gesamtimpuls.
n.d. Stoß bewegt sich beo 1 für beo A mit 60 km/h weiter, während die beiden objekte für beo A
ruhen. D.h. für beobachter 1 bewegen sich beide objekte mit v2=1/2*v´2=-60km/h weg.
ergibt als Gesamtimpuls nach dem Stoß p´2(n.d.s)= 2*m2*1/2*v´2=m2*v´2=p´2(v.d.s), also exakt Betrag und Richtung wie vor dem stoß.
Energieerhaltung:
Für beobachter A:
gilt Ekin1=1/2m1*v1²=Ekin2=1/2m2*v2² ; m1=m2; v1²=v2²
also die gesamtenergie v.d.stoß EkinG=Ekin1+Ekin2=m1*v1².
Da beide Objekte n.d.Stoß ruhen, wird EkinG komplett in Verformungsarbeit investiert.
(wird gleich noch wichtig)
für beobachter 1:
gilt Ekin´G=Ekin´2=1/2*m2*v´2² mit v´2=2*v1 (denk dir die betragsstriche) folgt:
Ekin´G=1/2*m1* (2*v1)²=2*m1*v1²
N.d.Stoß haben beide Objekte rel. zu beo 1 wieder die 60 km/h, Also Ekin´G(n.d.s)= 1/2*(m1+m2)*v1²=m1*v1².
Die differenz von vor und nach dem Stoß ist der Anteil, der in Verformungsarbeit gesteckt wird, also genau m1*v1² und somit analog zu beobachter A.
Energieerhaltung in beiden bezugssystemen erfüllt, ebenso wird in beiden Bezugssystemen dieselbe Verformungsarbeit verrichtet.
So nun ersetzen wir mal objekt 1 durch deine wand, die wand soll stabil sein, oder physikalisch betrachtet, gegenüber objekt 2 eine sehr, sehr viel größere Masse haben.
Aus sicht von beo 1 rast nun obj 2 mit 120 km/h auf die wand zu, nach dem Zusammenstoß ruht
wand und wagen - im gegensatz zu oben - im bezugssystem von beo 2, da m(wand)>>m2. Impulserhaltung vernachlässigen wir mal, sie wird aber nicht verletzt.
Energieerhaltung:
Im gegensatz zu oben ist die EkinG n.d.stoss nun 0, was natürlich heisst, dass in diesem fall nicht nur m1*v1² in Verformungsarbeit gesteckt wird, sondern das doppelte, 2*m1*v1².
Du siehst, "Wenn zweit Autos mit jeweils 60 km/h aufeinander prallen, ist der Aufprall so als wenn ich mit 120 gegen eine Wand fahre.",
die beiden sachen sind physikalisch betrachtet nicht dasselbe und auch für den insassen von obj2 macht das einen Unterschied...
So, das war nun schon eine Menge ausführlicher Schreibarbeit, ginge auch kürzer, jedoch sollte es möglichst klar sein, qualitativ und quantitativ.
Teil 2, den schreib ich irgendwann nächste woche, wird nochmal ausführlicher und komplexer.
Der beschreibt das Problem in deinem Folgesatz:
Was passiert nun aber wenn zwei "Fahrzeuge" mit fast Lichtgeschwindigkeit auf einander treffen?
gruß
raubwanze (ausnahmsweise mal über den account eines freundes, das nächste mal mit eigenem)