@Celladoor Celladoor schrieb:Muss man Ahnung davon haben? Man kann sich doch einfach merken, dass es keine Wundermaschinen gibt und gut ist.
Ja, sollte man, weil ...
1) ... man Dinge / Zusammenhänge, die man sich nur merkt, aber nicht wirklich verstanden hat, schnell wieder vergisst oder sehr bald mit anderen Dingen, die man sich auch nur gemerkt hat, durch einander wirft.
Dieses reine Auswendiglernen ist zwar eine beliebte Lernmethode, die aber nicht wirklich zum Denken anregt oder Zusammenhänge erkennen lässt.
Und, wie gesagt, eine Anhäufung solcher Art "Wissen" führt zur Verwechlsungsgefahr.
2) ... man ohne zu wissen, wie und weil man zu einer bestimmten Erkenntnis kam, man, wenn man das Ergebnis vergessen hat, eigentlich nur mehr schwer oder nie den Weg dorthin zurück findet.
3) ... es lernmäßig effektiver ist, erst einmal zu verstehen, warum etwas so ist. Wer beim Lernen auf Zusammenhänge und Verständnis achtet, verknüpft sein neues Wissen vielfach mit bereits vorhandenem, dh, er schafft sich selbst viele Wege, die er immer wieder begehen kann, weil er bereits einige Ausgangspunkte kennt.
Wer nur neues Wissen zusammenhangslos (und nichts anderes tut ein "sich nur merken") ansammelt, lagert dieses neue Wissen ohne andere Verknüpfungen im Gehirn ab. Es lagert dort wie in einer Rumpelkammer, ohne Wegbeschreibung, ohne Label.
Wann immer man sucht, man wird es nicht mehr logisch oder schnell oder sicher finden oder sogar etwas Falsches.
Wer aber versteht, was er lernt, der ordnet seine Gedanken, und diese Ordnung weist ihm auch später noch den richtigen Weg.
4) ... wenn man verstanden hat, wie und warum, dann kann man es auch anderen erklären. Wer nur auswendig lernt, kann das nicht. Der kann nur behaupten. Und dem Zuhörer bleibt nichts anders übrig, als zu glauben und selbst wieder nur auswendig zu lernen.
Wenn der "Lehrer" die Sache nicht verstanden hat, dann hat der Schüler weniger Chancen, sie zu verstehen.
5) Und meistens interessiert einen ja auch nicht (mehr), was man nicht verstanden hat.
6) Was man nicht versteht, kann man auch praktisch nicht anwenden oder weiter darauf bauen.
Einer der Hauptgründe dafür, warum Menschen Mathe, Physik und Chemie oft nicht in ihrem Alltag erkennen bzw anwenden können, ist, dass sie sie eben nicht verstanden haben.
Und das, entweder, weil Lehrer ihnen als Schüler nicht nahe bringen konnten, wie man das "Zeugs" anwendet oder wie und wo es im Alltag vorkommt, oder/und eben, weil Schüler die pure Auswendiglernmethode bevorzugen.
Die ist nämlich zunächst zwar einmal weniger anstrengend, aber auf Dauer nicht alleine gut, und auf etlichen Gebieten alleine gar nicht brauchbar. Um Mathe oder Physik anzuwenden, muss man sie nämlich verstanden haben.
7) Wenn man nicht versteht, wie eine Erkenntnis zustande kommt, oder sie auch nicht anwenden kann, dann kann einem sehr schnell jemand Bullshit erzählen, den man dann eigentlich auch nicht durchschauen kann.
Und wer der Typ ist, der sich Dinge merkt, ohne sie zu durchleuchten, der merkt sich eben BS auch sehr schnell, ohne ihn zu durchleuchten.
Wer sich nicht nach Belegen für etwas fragt, der fragt sich das auch nicht bei BS.
8) Wenn ich jetzt mehrere nur gemerkte Erklärungen habe, aber keine Ahnung, wie sie zustanden kommen, nach welchen Kriterien kann ich nun entscheiden, welche davon die faktisch richtige ist?
Traurige Antwort: gar nicht.
Dennoch entscheiden sich Menschen aber, und wenn sie das nicht aufgrund von Verstehen tun, dann kommen eben andere Entscheidungshilfen auf den Plan.
Entweder eine reine Erinnerung an etwas "einmal gemerkt, aber nie Verstandenes", die falsch sein kann, aber von mir eben aus oben genannten Gründen nicht als solche erkannt wird, oder man glaubt jemanden, der einen aufgrund seines Auftretens überzeugt. Beides leider keine besonders guten Ratgeber.
Es gibt natürlich unterschiedliche Lerntypen, am besten ist es ohnedies, verschiedene Methodenund Techniken zu mischen, ich persönlich gehöre zu denen, die erst einmal verstehen müssen, was sie sich da ins Gehirn zu pappen gedenken. Ich vergesse Details natürlich auch, aber ich finde sie mit der dem ursprünglich verknüpften Verständnis dann doch schnell wieder - oder die richtige Website zum Nachgucken.
:DEinfache Physikbeispiele: Energie, Arbeit und Leistung, sowie ihre Einheiten werden fast immer von fast jedem verwechselt.
Zum Einen, weil die wenigsten wissen, wodurch sie sich unterscheiden, zum Anderen, weil die Alltagssprache diese Begriffe anders deutet und zum Dritten, weil ihre Einheiten ziemlich gleich klingen.
Wenn ich jetzt das alles nur auswendig lerne, ohne es zu verstehen, besteht erhöhtes Verwechslungspotential.
Wenn ich aber tatsächlich einmal kapiert habe, was jeder Begriff meint, dann ist mir auch klar, wie seine Einheit zustande kommt / berechnet wird und warum so und nicht anders. Jetzt muss ich mir nur mehr zb die Einheit für die Leistung, Watt merken, und schon kann ich aufgrund meines Vorwissens, dass Zeit in s, min, h angegeben wird, die Einheit der Arbeit eigentlich von selbst entdecken (falls ich sie denn mal wieder vergessen hätte, was mir leider auch passiert).
Beispiel zwei: ich kann mir nur sehr schwer, auswendig, die Formeln merken, die sich zB aus den Umrechnungen des Ohm´schen Gesetzes ergeben (übrigens geht es mir mit allen Formeln dieser Art so), einfach, weil sie ja sehr ähnlich sind.
Abhilfe: verstehen, um was es geht, ein bisschen Mathe und sich nur eine einzige der Formeln, am besten, die, die man am ehesten braucht, oder einen daraus resultierenden Trick merken.
ZB: U= R * I
Fertisch.
Merken muss ich mir nur eine Formel und natürlich die verwendeten Begriffe.
Wenn ich jetzt R oder I wissen will, muss ich nur mehr umrechnen, statt mir zwei weitere ähnlich aussehende Formeln (I = U/R) (R = U/I) dazu zu merken und sie ständig durcheinander zu würfeln.
Der "Trick" ist übrigens das sogenannte Merkdreick, das sich aus einer der Formeln ganz leicht erstellen lässt. Das geht auch bei jeder anderen Berechnung mit drei Faktoren (gleich hauen mich die Mathematiker für diesen nicht korrekten Begriff
:) )
Wikipedia: Ohmsches Gesetz