Hi
@nrage Du hast mich gefragt, warum ich nicht selbst etwas zum Thema hier vorlege. Darauf hin hat FrankD netterweise für mich geantwortet: „Weil er es nicht kann.“.
Nun ist ja unser lieber FrankD mittlerweile für seine (nennen wir‘s mal so) voreiligen Schlüsse bekannt und berühmt. Nur leider sind diese (nennen wir‘s nochmal so) voreiligen Schlüsse oft nicht so völlig korrekt, weil er denkt, er könnte irgendwelche Vorteile für sich daraus ergattern … (Da könnt ich mich immer köstlich drüber amüsieren).
Da dem so ist, wie es ist (oder auch nicht), antworte ich dir doch mal lieber selbst. Und zwar erst einmal ein bisschen orakelhaft:
„Ja, ich kann es – und Nein, ich kann es nicht.“ Beides ist richtig. Beides ist falsch.
Da es mir – anscheinend im Gegensatz zu so manchem Anderen hier – nichts gibt, wenn mein Meinungsgegner sein Gesicht verliert, höre ich meistens dann auf, wenn ich denke, dass es genug ist. Es sei denn natürlich, er besteht drauf. Dann erfülle ich selbstverfreilich auch die innigsten Wünsche …
Zur Mondentstehung:
Eigentlich ist das alles ganz einfach:
Man rechnet den Drehimpuls der Urerde aus. Dann rechnet man den Drehimpuls der heutigen Erde aus. Dann zieht man das eine vom anderen ab und erhält die Drehimpulsänderung. Um diese Drehimpulsänderung zu erzeugen (bewirken) braucht man eine wirksame Kraft.
Deren Größe errechnet man aus eben jener Drehimpulsänderung und weiß dann, welche physikalischen Eigenschaften (Masse, Geschwindigkeit, Beschleunigung …. usw.) unsere Raumstation haben muss. Und dann braucht man nichts weiter zu tun, als die Raumstation so groß zu rechnen, dass sie die erforderlichen Eigenschaften auf die Waage bringt. Dass das geht, ist keine Frage, denn es stehen jede Menge offene Variablen im Raum …
Aus diesen Gedanken ergibt sich zweierlei:
Erstens – Man bekommt D-Bremers Theorie auf JEDEN Fall so hin, dass sie funktioniert.
Zweitens – Die Original-Kollegen von der Giant-Impact-Theorie haben auch nichts anderes gemacht, als alles so hinzurechnen, dass es passt. Denn was wäre passiert, wenn die marsähnliche Theia (= eine blanke Spekulation) nicht marsähnlich, sondern venusähnlich und dafür ein bisschen langsamer gewesen wäre ?
Dass derartige Überschlagrechnungen so gemacht werden, ist ja soweit auch ganz gut und richtig. Solche Rechnungen helfen, ein paar Dinge besser zu verstehen. Aber es reicht eben bei weitem nicht aus, einen „Alleinvertretungsanspruch“ der Giant-Impact-Theorie zu begründen. Schon gar nicht, wenn man sich auf wissenschaftliche Ansprüche beruft, die man selbst nicht im Entferntesten erfüllt …
Wie gesagt, bis hierhin ist alles ganz einfach und relativ eindeutig. Die Sache hat nur leider ein paar Haken, von denen ich mal ein paar kurz nennen will.
1. Der Mond hat eine viel geringere Dichte als die Erde. Warum? Dafür stehen hauptsächlich zwei Gründe zur Auswahl: Erstens – er besteht aus leichterem Material als die Erde. Zweitens - er wurde bei seinem Entstehungsprozess „aufgeschäumt“. Das soll heißen, er enthält Hohlräume. Dass es derartige Hohlräume („Lavaröhren“) gibt, ist mittlerweile nachgewiesen. Wie viele, weiß keiner. Welche der beiden Varianten ist aber nun richtig? Ich weiß es nicht und kanns auch nicht entscheiden. (FrankD übrigens auch nicht).
Warum ist diese Frage aber für die Berechnung wichtig? Weil zwischen beiden Varianten kleine Welten liegen. Wenn die Sache mit den Hohlräumen richtig ist, braucht man viel weniger Material, viel weniger Energie und einen viel kleineren Bums. Das heißt, der Mond wäre viel einfacher herbei zu „zaubern“ … Da ichs nicht weiß, habe ich bei meinen primitiven Überschlägen mit der für D-Bremer schlechteren Variante (Volumen) gerechnet. Und trotzdem geht es …
2. Urerde. Wir wissen nicht, wie die Erde aussah, als es noch keinen Mond gab. Dieses Nichtwissen ersetzen wir durch Annahmen (Vermutungen, Spekulationen, …). Es kann sein, dass unsere Annahmen richtig sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie es tatsächlich sind, ist dagegen ziemlich gering.
Es gibt einfach zu viele offene Fragen, respektive offene Variablen. Ich bin also nicht in der Lage zu entscheiden, ob unsere angenommenen Voraussetzungen richtig sind (FrankD allerdings auch nicht – und wenn er ganz und gar von einem geschlossenen System ausgeht … naja, seine Sache)
3. Explosion. Ich bin – ähnlich wie OpenEyes – von einem Explosions-Krater ausgegangen (von ein paar verschiedenen Kratern). Das ist einfacher zu rechnen – aber eine Abweichung von D-Bremers Theorie. Bei seiner Variante braucht man weniger Energie, also wieder einen kleineren Bums. Welche Rolle bzw. Größenordnung das ausmacht, kann ich nicht sagen, weil ich die Bedingungen im Bauch der Urerde nicht kenne (FrankD aber auch nicht). Ich weiß eben nur, dass es so ist. Andererseits spielt es aber für das Funktionsprinzip keine so entscheidende Rolle, dass man sagen könnte, der („Bomben“-) Trichter-Gedanke wäre völlig verkehrt. Es könnte also auch so passiert sein … (keiner weiß es, nicht einmal FrankD). Der Krater wäre heute irgendwo unter dem Ozeanboden zu suchen.
4. OpenEyes war bei einem Beispiel von 2000 km Kratertiefe ausgegangen. Das find ich eine vernünftige Größenordnung. Am Kraterrand hat er dann einen Durchmesser von etwa 6,5 Tkm.
Das entspricht ungefähr einem 15-tel der Erdoberfläche und sieht ungefähr genau so aus, als ob jemand in einen ziemlich großen Apfel beißt. Der Apfel geht dabei nicht kaputt. Die Erde auch nicht. Die Kraterform muss natürlich nicht unbedingt kreisförmig sein. Ein oder mehrere schlitzförmige Krater würden sich dann wieder D-Bremers Theorie annähern, wären wahrscheinlich aber auch tiefer. Wie es genau war, weiß ich nicht (das „weiß“ nur FrankD).
5. Raumstation: Es geht um eine riesige ringförmige Raumstation mit Nabe. Wie groß genau, weiß keiner (nicht mal FrankD).
Entsprechend Baruch-Apokalypse kann sie aber durchaus „marsähnlich“ gewesen sein - oder sogar noch größer. Geht man von „Marsähnlichkeit“ aus, spielt es keine wirkliche Rolle mehr, ob die Urerde mit einem künstlichen oder einem natürlichen Objekt kollidierte. Giant-Impact und D-Bremer nähern sich an dieser Stelle gegenseitig asymptotisch an. Gehen wir also davon aus, dass die Station ein klein wenig kleiner als der Mars war. Trotzdem weiß keiner genau, wie groß sie war (auch FrankD nicht).
6. Explosion an und in der Atmosphäre: OpenEyes hat ausgerechnet, dass die Station ungefähr 3 Kubikkilometer Antimaterie im Tank gehabt haben muss. Da kann man sich sicher prima drüber streiten, aber wir lassen das hier mal so.
Daraus ergibt sich sowieso gleich das nächste Problem: Ich hab keine Ahnung, wie das aussieht, wenn die Urerde 3 km³ Antimaterie inhaliert (oder wie das heißt).
Aus diesem Grunde verweise ich auf den superinteressanten Thread „Kugel durch die Erde schießen“. Von Null bis Hundert (Totalzerstörung der Erde) wurden da alle Möglichkeiten aufgezählt – gewusst hat‘s keiner (nicht mal FrankD). Und das bei einer einen Zentimeter großen Kugel !!! (Ich bin mir heute sicher, dass die Erde nicht völlig von der kleinen Kugel zerstört werden kann)
Nun ist die Nabe der Raumstation der größte, stabilste, dichteste und schwerste Teil der Raumstation. Wenn die Nabe schlagartig von drei km³ Antimaterie beschleunigt wird, bleibt kein Auge trocken. Da bin ich mir ganz sicher!
Und einige Einzelteile werden mit Sicherheit nahe an C beschleunigt. Das ganze ergibt einen glühenden Pfeil (Stachel), der mit einem Affenzahn und einem Durchmesser von mehreren (etlichen) Kilometern, mehrere Tausend Kilometer tief in die Erde hineinsaust. Wie weit genau, kann ich nicht sagen (musst du FrankD fragen, der „weiß“ das aus‘m Hut. Zumindest wird er so tun als ob …)
7. Explosion in der Urerde: Dass keiner weiß, wie es da drinnen aussah, sagte ich schon. Auf jeden Fall können sich, vor der in die Erde eindringenden „Nabe“ (blankes Plasma oder noch kleinere Teilchen), sonnen-innen-ähnliche Zustände aufgebaut haben, die dann noch einmal zum Bums führten und somit den Perforationsprozess beendeten.
Dazu kommt aber auch noch der Innendruck, den die Urerde sowie schon intus hatte. Welche Rolle der spielte, kann ich nicht sagen (musst du schon wieder FrankD fragen). Wenn der mit einem Schlag freigelassen worden ist, hätte er vielleicht sogar schon fast alleine ausreichen können, die für den Mond notwendige Materie in die Umlaufbahn zu katapultieren. In dem Fall wäre die Raumstation nur Auslöser gewesen und „2 km³“ hätten dicke gereicht ….
8. Wie oben gesagt ist eine Kraft notwendig, um die Rotation der Urerde merklich zu verlangsamen. Bei einem Körper wie der Erde muss diese Kraft ganz schön groß sein. Wie groß, das kann man ausrechnen.
Sie muss aber auch – und das ist das Entscheidende – wirken können. Am wirksamsten wäre also ein annähernd tangentialer Einschlag des Naben-Stachels in Äquatorhöhe entgegengesetzt der Drehrichtung. Dadurch wird die Urerde wie mit einem Fußtritt abgebremst. Tangential geht aber leider nicht, weil sie nach unserem Szenarium in die Erde eindringen musste. Die Stoßrichtung musste also einen kleinen Winkel zur Tangente haben, sodass unser Stachel bei 2000 km (oder irgendeiner anderen) Tiefe ankommen konnte, um dort zu explodieren. Die Größe des Winkels hat großen Einfluss auf die Wirkung der Kraft. Ich kenne ihn aber nicht (musst du schon wieder … ).
Entscheidend für die Wirksamkeit der Kraft (die ja auf Grund von 3 km³ Antimaterie überreichlich vorhanden war) sind aber auch die Querschnitts-Fläche und die Tiefe des Stachelkanals. Ich kenne weder die eine, noch die andere Größe. Ich weiß aber, dass man es so „hinrechnen“ kann, dass es passt.
So, ich höre jetzt auf, auch wenn ich noch lange nicht am Ende der Aufzählung bin. Ansonsten wird diese EXTREM-Kurz-Darstellung doch ganz schön lang.
Ich geh mal davon aus, dass du verstanden hast, was ich meine: Ein paar Zahlen hinzuklitschen ist die eine Sache – ob die Zahlen dann aber auch der Realität (oder irgendeiner Realität) entsprechen, ist eine völlig andere !!!
Falls du es – wider Erwarten - doch noch nicht verstanden haben solltest, melde dich einfach – ich kann das dann gerne noch ergänzen (falls ich Zeit habe, ist bisschen schwierig im Moment). Oder frag einfach FrankD – der gibt dir mit Sicherheit irgendeine Antwort …
So, ich zieh mich jetzt wieder zurück (hab zu tun), ihr könnt jetzt wieder „ungestört“ weiterspielen …
Gruß Senkel