Hallo Tunkel,
Also, du hast inzwischen vom Prinzip her erkannt, was es mit dem Prinzip der „Bahnung“ auf sich hat und ganz besonders gut hat mir gefallen, daß du (offenbar geschieht dies bei dir mit genau der gleichen Selbstverständlichkeit, wie es einst bei mir ablief, als ich in deinem alter war) dich selbst genau beobachtest. Es gibt dafür den Ausdruck „Introspektion“, ich nannte es für mich selber früher „Dritte Spur“. Ich kann ja andere Menschen zunächst nur aus mir selber heraus begreifen - aber das wurde mir irgendwie früh klar, daß bei vielen Menschen eine dritte Spur offenbar nicht zu laufen sein. Ich habe diese dritte Spur als junger Mann verflucht, sage ich dir - denn (es muß dir ja auch hell vor Augen stehen jetzt) sie wirkt ja in vielen Situationen extrem unangenehm auf einen selbst: Der dritte Name für dieses Phänomen ist schließlich: BEFANGENHEIT. Viele Menschen sind unbefangen und „frei“. In ihnen wohnt kein verfluchtes verborgenes Zyklopenauge, von dem sie ständig selbst beobachtet werden und das ja zu einem „merkwürdigen Geist“ wird, sobald man sich ins Getrubel stürzt. Also bei mir war das so, daß sehr oft wenn andere „Weiber“ abgeschleppt haben diese mit mir „Seelengespräche“ gesucht haben, nachdem andere mit ihnen „zur Sache“ gekommen waren. Damit hatte ichs dann. Ein „Frauentyp“ war ich überhaupt nicht. Ganze 7 Damen in 55 Jahren, darunter 2 Nutten. Jämmerlich.
Feste Strukturen im Gehirn
Eine Tasse meinetwegen lernst du als Baby kennen. Sie ist da etwas anderes für dich als heute. Du erfährst sie als Kind anders. Aber von der ersten Begegnung bis zur heutigen „Tassen-Struktur“ ist im Gehirn immer etwas gleich geblieben. Heute erkennst du eine tasse in jedweder auch nur andeutungsweisen Form als Tasse - für das Kind war zunächst einmal nur eine einzige Tasse eine Tasse - und diese konnte noch nicht sprachlich benannt werden. Der Prozeß, der dabei im Gehirn abläuft, ist reduktionistisch. Im kindlichen Gehirn ist zunächst einmal für jedes nur denkbare Phänomen eine Unzahl empfänglicher Zellen parat. Durch die Begegnung mit der Umwelt kommt es zu einer „Ansprache“ und daran schließt sich die „Bahnung“ an. Je häufiger Wege gegangen werden, je ausgetretener und breiter wird die Spur. Die Spur an sich definiert den Sinn, die Richtung, die breite der Spur wird definiert durch das „Transportaufkommen“ und sehr wesentlich durch die Zahl an Auf- und Abfahrten. Im Gehirn ist das etwas schlauer als im Straßenverkehr. Staus werden wesentlich effizienter vermieden - und müssen auch vermieden werden, weil ein sauber arbeitendes Gehirn auf eine extrem präzise Taktung angewiesen ist (Synchronität). Auf- und Abfahrten dienen auch nicht so ohne weiteres dem „Individualverkehr“, sonder ergeben sich aus dem Erfordernis vielfältiger assoziation.
Jedenfalls sind am Ende gut ausgebaute „Bahnen“ errichtet und in einem Zug damit (es bleibt am Ende weniger übrig als vorher war) wird stets nicht benötigtes „Dickicht“ abgeholzt. Die Strukturen gewinnen an „Klarheit“. In einem kontinuierlich fortlaufendem Prozeß, der beständig offen bleibt, erlauben es am Ende gigantische Strukturen, in immer weniger immer mehr zu erkennen. Und dieser Prozeß nennt sich Abstraktion und hat also sein unbedingtes Äquivalent in unserem Gehirn. omni-empfängliche Strukturen erkennen zunächst in allem nichts. Dann wird in wenig wenig erkannt. Und am Ende erlauben es mächtige Strukturen, in sehr wenigem sehr vieles zu erkennen. In der Abstraktion einer Tasse ist nur noch der Hauch aller denkbarer Tassen - aber alle denkbaren Tassen bündeln sich in diesem Hauch - und dies leisten mächtige Strukturen, nicht schwache. Wobei sich aus der Plastizität des Gehirns ergibt, daß es unzählige Strategien der Konstruktion leistungsfähiger Netzwerke gibt. Hunderttausend Gehirne leisten ungefähr immer das gleiche mit hunderttausend unterschiedlichen Strategien. Daraus resultiert, daß es natürlich auch zu einer statistischen Streuung der Effizienz kommt. Manche Gehirne finden, wo man vergleichbare Leistungen zueinander in Bezug setzt, zu einem idealen „Erfolgskonzept“ andere wiederum zu einem extrem schwachen. Leider ist die Streuung gerade der Intelligenz weit größer als z.B. Unterschiede in der körperlichen Leistungsfähigkeit - und das hat wieder etwas mit dem Phänomen der Bahnung zu tun. Bahnung ist nicht nur Training. Training bewirkt bei Muskelfasern zwar auch nicht nur die Erhöhung der Anzahl von Muskelzellen. Auch dort wird die Effizienz jeder einzelnen Muskelzelle gesteigert. Im Gehirn aber zählt mehr ein „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ - Winner or Loser and the Winner takes it all: Um so effizienter ein Konzept eh schon arbeitet um so effizienter wird es auch noch in seiner Leistungsfähigkeit nach oben geschraubt. Kann ein junger Mensch meinetwegen 2 Worte einer Fremdsprache an einem Tag lernen, so lernt er mit Übung vielleicht danach 4 am Tag. Lernt ein junger Mensch dagegen zu Anfang 7 Worte am Tag, so lernt er mit Übung 70 pro Tag. Im Sport dagegen ist kaum zu erwarten, daß ein durchschnittlicher, untrainierter Mensch 2 Meter weit springt - ein trainierter dagegen 20.
Ganz wichtige feste Strukturen bilden sich während der Kindheit. Das ist die Oma im Gehirn, die Mutter, der Vater, die Schwester, die Brüder. Diese bilden den metallartigen - den „ehernen“ Jung-Bund fürs Leben. Diese bilden das Grundkoordinatensystem eines menschlichen Gehirns, die unbedingte Matrix, den Anker. Dieser muß insbesondere bei uns Menschen (einer Metamorphose gleich) nochmals in ganz besonders drastischer Weise „umgebaut werden“: Das ist die Pubertät. Warum dies bei uns Menschen nicht so „glatt“ über die Bühne geht wie bei den uns verwandten Primaten kann hier natürlich nicht angerissen werden, weil dies ein gewaltig umfangreiches Kapitel darstellt. Allemal so viel: es hängt jedenfalls erheblich mit unserer Sexualität zusammen, der Sprache und der tatsache, daß wir nicht einfach „nur“ gesellschaftsbildende Lebewesen sind, sondern daß in unserer Gesellschaft der Grad des Informationsaustausches zwischen den Individuen denjenigen jeder uns vergleichbaren Tierart um ein vielfaches übersteigt.
Nach der Pubertät sollten sich dann die „Bünde-fürs-Leben“ gebildet haben - Noronenverbände, die eine sichere Zuordnung aller denkbaren Phänomene, denen wir danach begegnen, zumindest in der Grundmatrix zulassen. Selbstverständlich bleibt das gesamte Nervensystem zeitlebens plastisch und kann immer auf veränderte Gegebenheiten reagieren. Die Grundmatrix sollte aber stabil sein, sonst wird aus unserem Gehirn ein „Motor, der stottert“.
Die sprachlichen Entsprechungen der Neuronenverbände, die in unserem Gehirn „fest“ sein sollten, spiegeln sich im
Verständnis von
Liebe, Vertrauen und Ehrlichkeit
Für heute langts, bis bald Tunkel
Natürlich übernehme ich für nichts, was ich schreibe, die „absolute“ Gewähr. Aber sieh es mal so, Tunkel: Wir alle machen Fehler und der Fehler ist auch ein ganz wichtiges Element der Evolution. Nur - dem Fehler ist es implizit, das es ihn zu vermeiden gilt. Fehler also wichtig - aber als Aufforderung begreifen, aus ihnen lernen zu wollen! Nicht so:
Der Mensch lernt aus der Erfahrung, daß der Mensch aus der Erfahrung nichts lernt...
Ach ja, und du Mercuranus - wo bist du denn abgeblieben? Wo bleibt mein Horoskop?? Muß ich bezahlen dafür, oder wa? Übrigens: Was ist denn das mit „Baupläne für Neutronenbomben“ ins Internet stellen und so’n Scheiß? Langts dir nicht mehr hin mit Schweizer Krachern - oder wie seh ich das? Oder zählst du zum Bund Nachrichtenliebender Dienstmädchen und spielst hier ein Bißchen „Bin-Laden-fangen“? Geht’s noch???