berndw.
Diskussionsleiter
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
dabei seit 2018
Profil anzeigen
Private Nachricht
Link kopieren
Lesezeichen setzen
Evolutionäre Sackgasse Landwirtschaft: Können wir da noch rauskommen?
22.03.2018 um 21:07perttivalkonen schrieb:Künstliche Zuchtwahl ist symbio(n)tische Zuchtwahl. Und die gibt es "künstlich" wie "natürlich". Zahlreiche Blütenpflanzen haben die Fähigkeit zur Windbestäubung verloren, sie können nur noch von Insekten z.B. bestäubt werden. Ohne diese Insekten würden zahlreiche Blütenpflanzen mit einem Schlag verschwinden. Und ohne bestimmtePilze im Boden würden praktisch alle Landpflanzen eingehen; sie sind wie die Kulturpflanzen darauf angewiesen, daß andere ihnen die Bodenbedingungen nutzbar machen.Man könnte noch sagen, daß eine Symbiose zum beiderseitigen Nutzen der Symbionten funktionieren, bei menschlicher Zuchtwahl mehr ein Parasitismus vorläge. Doch ist das nicht korrekt. Denn viele Nutzpflanzen und Nutztiere existieren in Populationsgrößen, die weit größer sind als die der Wildformen - ein eindeutiger Nutzen der Kulturspezies. Denn Vermehrung und Verbreitung, letztlich Überleben, ist ja das, was man in der Natur "Nutzen" nennen kann. Hier irrt Darwin also: die künstliche Zuchtwahl zu Nutzen des Menschen ist "in den Augen der Natur" ein Nutzen für die so gezüchtte Spezies. Sie lebt und gedeiht und vermehrt sich bis heute. Daß diese Kulturspezies ohne den Menschen nicht überlebensfähig sind, dieses Los teilen sie mit den symbiontischen "Natur"spezies. Diese "verlassen sich" meist auf mehrere verschiedene Spezies, sodaß nach einem Aussterbeereignis noch immer ein paar Symbionten übrig bleiben. Aber es gibt auch in der Natur Beispiele für Symbiosen mit nur einem "Partner" (Blüten, die sich an den Schnabel nur einer Kolibri-Art angepaßt haben).Nein, es bestehen sehr grundlegende Unterschiede zwischen dem Entstehungsprozess einer echten Symbiose und jenem der
"künstlichen Zuchtwahl" rund um die "Nutzorganismen" des neolithischen Menschen. Hier zwei davon:
1. Bei einer Symbiose passen sich die Beteiligten von Generation zu Generation immer vorrangig nach dem eigenen Nutzen an, niemals hingegen werden sie vorrangig von dem Partner zu dessen Vorteil angepasst. Deswegen sind obligatorische Symbiosen (> solche bei denen eine gegenseitige Abhängigkeit vorliegt) in der Regel aus einem viele Millionen Jahre langen Prozess entstanden. Bei den Verhältnissen von Blattschneiderameisen und Egerschirmling z.B. geht man von über 50 Millionen Jahren aus. Wenn also der Pilz angefangen hätte, die Ameisen zum Zwecke der Erlangung eigener Vorteile manipulativ zu züchten, dann wären der anderen Seite immer irgendwelche Nachteile hinsichtlich der Beständigkeit (etwa gegenüber den vielen Bakterien) entstanden. Die Stabilität einer echten Symbiose kann also nur durch "offene Angebote" zwischen zwei (oder mehr) frei evolvierenden Partnern entstehen.
2. Eine echten Symbiose entsteht also stets über einen sehr langen Prozess der gegenseitigen "freiwilligen" Anpassung. Aufgrund der extremen Komplexität desselben sind es stets wenige bestimmte Spezies, die sich so zusammenfinden.
Der Mensch hingegen hat vor ein paar Tausend Jahren auf der Grundlage eines relativ stark ausgeprägten
Abstraktionsvermögens damit angefangen, jede Pflanze und jedes Tier, die ihm unter die Finger gekommen sind, ausschließlich zur Schaffung eigener Vorteile zu manipulieren. Das ist etwas völlig anderes. Es handelt sich in keinem einzigen Fall um eine Symbiose, sondern allenfalls quasi einen "Evolutionsparasitismus", der aber eben gegen die von Darwin klar beschriebenen natürlichen Gesetzmäßigkeiten verläuft und dadurch unmöglich dauerhaft funktionieren kann. Und der Beweis ist eben die beobachtbare Wirklichkeit.
perttivalkonen schrieb:Das Erbgut läßt sich in Daten ausdrücken. Ein Basenpaar ist ein Bit, ein Basentriplett ein Byte. Da das Genom aus vier verschiedenen Basen gebildet werden kann, kann das Genom-Bit vier verschiedene Zustände einnehmen (das digitale Bit nur zwei), und das Genom-Byte 64 (Daten-Byte 256). Das menschliche Genom umfaßt 3 Milliarden Genom-Bit, das sind 3 Genom-Gigabit bzw. 1 Genom-Gigabyte. Die Japanische Einbeere (Paris japonica) scheint derzeit die Spezies mit dem größten Genom zu sein, 150 Genom-Gigabit bzw. 50 Genom-Gigabyte. Umgerechnet auf digitale Bytes macht das 12,5 digitale Gigabyte. Der derzeit größte Bauplan der Natur entspricht also einer Datei, die 12,5 Gigabyte groß ist. Das menschliche Genom wäre ne Datei von 250 Megabyte. So groß war übrigens die Datenmenge des Betriebssystems Windows 95 nach Neuinstallation auf meinem damaligen Compaq. Windows95 und der Homo sapiens sind quasi "gleich komplex". Und wer arbeitet heut schon noch mit Win95...Das mit der Dateigröße ist ein oft verwendeter Fehlvergleich. Es geht ja um die Anordnung der Informationen und das Potential, welches für die Variation derselben im Zuge der evolutionären Anpassung und Gestaltung bereitsteht. Und da bieten die Kombinationen aus A,T,C,G bei allen Organismen ein praktisch unbegrenztes Volumen.