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Jahrestage der Wissenschaft

339 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wissenschaft, Wissenschaftler, Meilensteine ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Jahrestage der Wissenschaft

21.12.2017 um 12:21
Zitat von skagerakskagerak schrieb:Sorry dass ich es so ausgedrückt habe
War doch vollkommen okay, manchmal plappere ich einfach so drauf los, und vergesse dabei wo wir hier sind, und das hier viele mitlesen und dem ganzen Kram womöglich 1:1 Glauben schenken.

Kommt natürlich auch nicht soooo häufig vor, dass ich bei Recherchen auf etwas stoße, was mein Weltbild so erschüttert wie die Sache von gestern Abend. Otto Hahn galt in meiner Vorstellung quasi als DIE Lichtgestalt in der Spalterszene, und dann stellt sich plötzlich heraus, Irène Joliot-Curie hat schon Uran gespalten, als Hahn noch die Existenz von Neutronen anzweifelte :D

Und wenn man das Ganze mal "weiter spinnt", dann sieht man die alten Säcke vom Nobelkomitee geradezu vor sich, wie sie zigarrepaffend im Altherrenclub sitzen, und sich einig darüber sind, dass diese Frau, die noch nicht einmal wahlberechtigt war, auf gar keinen Fall einen Nobelpreis bekommen darf.

Sorry, aber wenn mir solche Ungerechtigkeiten auffallen, polarisieren meine Synapsen instantan, und dann reagiere ich schon mal brassig bis hibbelig darauf...


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Jahrestage der Wissenschaft

21.12.2017 um 12:56
Zitat von Peter0167Peter0167 schrieb:Sorry, aber wenn mir solche Ungerechtigkeiten auffallen, polarisieren meine Synapsen instantan, und dann reagiere ich schon mal brassig bis hibbelig darauf...
Ui, dann hab ich hier mal einen Wissenschaftshorror für dich. Anschnallen, und Zähne zusammen beißen, heißt es da. :D

http://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2017/05/7-genies-von-denen-ihr-vermutlich-nie-gehoert-habt-und-warum-das-so


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Jahrestage der Wissenschaft

21.12.2017 um 13:15
@Philipp

Ich finde, der letzte Absatz bringt es auf den Punkt...
Die traurigsten Geschichten von allen sind vielleicht jene über die Genies, von denen wir gar nicht wissen, dass wir sie verloren haben. Die Bürde der Erinnerung liegt bei uns – und wenn wir uns dafür einsetzen, ihre Geschichten wiederzuentdecken und zu würdigen, dann könnten wir vielleicht herausfinden, dass die Geschichte noch viel mehr großartige Persönlichkeiten zu bieten hat, als wir uns je vorgestellt haben.
... was nicht heißt, dass wir diejenigen vergessen sollen, deren Namen wir kennen. :D

Es gibt also noch viel zu tun für uns, aber nicht mehr heute, die Arbeit stapelt sich schon...


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Jahrestage der Wissenschaft

22.12.2017 um 11:32
Zitat von AfricanusAfricanus schrieb:wurde sie 1911 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet und in diesem Fall besteht wohl kein Zweifel, dass dieser absolut angemessen ist!
Auf jeden Fall. Leider haben sie auch einen hohen Preis dafür zahlen müssen, wie viele andere Wissenschaftler auch, die sich der Erforschung der Radioaktivität verschrieben hatten.

Das Ehepaar Marie und Pierre Curie begann bereits 1897 zusammen mit Henri Becquerel mit der Erforschung der gerade erst entdeckten Strahlung aus Uraniumsalzen. Bereits ein Jahr später gelang es ihnen, ein besonders stark strahlendes Element aus einem Mineralsalz (Pechbende) abzusondern. Marie Curie gab ihm zu Ehren ihrer Heimat den Namen Polonium, und auch der Begriff "Radioaktivität" wurde in dieser Zeit von ihr geprägt. Später entdeckten sie gemeinsam noch ein weiteres Element (Radium), welches noch stärker strahlte als das Polonium.

Es folgten langwierige Untersuchungen, bei denen sie schließlich auch auf die medizinische Anwendbarkeit des Radiums entdeckten. Pierre Currie führte umfangreiche Selbstversuche durch, und bereits da bemerkten sie die schwerwiegenden biologischen Effekte. Trotzdem setzten sie ihre Forschung unbeirrt fort. Hier ein Bild aus dieser Zeit...

pierreundmariecurieOriginal anzeigen (0,3 MB)

Im April 1906, nur 2 Jahre nach der Geburt der zweiten Tochter Eve, schlug das Schicksal mit voller Härte zu. Pierre Curie wurde bei einem Unfall von einem schweren Pferdefuhrwerk überrollt, und starb. In den Folgejahren forschte Marie allein weiter, und wurde 1911 als bisher einzige, zum zweiten Mal mit dem Nobelpreis für die Entdeckung der Elemente Polonium und Radium geehrt.

Eve Marie Irene Curie 1908
Marie Curie mit ihren beiden Töchtern Eve und Irene

Maries Tochter Irene war inzwischen selbst Physikerin, was wohl auch dem Umstand zu verdanken war, dass sich ihre Mutter selbst um die Ausbildung kümmerte. Angesichts der damaligen Zustände war das definitiv die richtige Entscheidung. Im ersten Weltkrieg assistierte Irene als 17jährige ihrer Mutter bei einem mobilen Röntgendienst, während sie "nebenbei" an der Universtät Paris Mathematik und Physik studierte. Später arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Radium-Institut ihrer Mutter, wo sie auch ihren späteren Mann kennenlernte.

Frédéric Joliot, der als Assistent von Marie Curie arbeitete, war Ingenieur für Physik und Chemie, und erhielt zusammen mit Irene Curie 1935 einen Nobelpreis für die Entdeckung der künstlichen Radioaktivität.

11Original anzeigen (0,3 MB)

Leider erlebte Marie Curie die Vergabe nicht mehr, da sie ein Jahr zuvor an den Folgen der schweren Strahlenvergiftung verstarb. Auch Irene starb letztlich an den erlittenen Strahlenschäden im Jahre 1956, zwei Jahre später starb dann auch ihr Mann Frédéric.

Eine der bemerkenswertesten Familien wie ich finde, und zwar in vielerlei Hinsicht. Auch Eve Curie wurde als Schriftstellerin weltberühmt. Sie engagierte sich für die Flüchtlingshilfe und später für die Kinderhilfe von UNICEF. Und man mag es kaum glauben, auch sie nahm einmal einen Nobelpreis in Empfang, zusammen mit ihrem Mann Henry R. Labouisse. Der ging aber nicht an sie persönlich, vielmehr an UNICEF, die 1965 den Friedensnobelpreis erhielt. Eve Curie-Labouisse wurde 102 Jahre alt und starb am 22. Oktober 2007 iin ihrer New Yorker Wohnung, in der sie UN-Generalsekretär Kofi Annan noch persönlich zum 100. Geburtstag besuchte.

Abschließend noch ein Wort zu Irene Curie. Ich schrieb ja bereits, dass sie bereits vor Otto Hahn in einem Experiment mittels Neutronenbeschuss Uran spaltete, und wegen einer falschen Interpretation der Ergebnisse nur knapp den Nobelpreis verpasste. Ein Jahr später wiederholte Otto Hahn zusammen mit Fritz Straßman diesen Versuch, und kam mit Hilfe von Lise Meitner zu den richtigen Schlussfolgerungen.

Und gerade lese ich, dass sie 1931 "beinahe" das Neutron zuerst entdeckt hätte, leider gingen sie und ihr Mann aber davon aus, es handle sich um Protonen. Jahre später wiederholte der englische Physiker James Chadwick den Versuch, und zog die richtigen Schlüsse, wofür er dann auch 1935 den Physiknobelpreis erhielt. Was für eine Tragik, 2x ganz dicht dran, und dann doch knapp vorbei.

Dennoch steht der Name Curie unterm Strich 5x auf der Liste mit Nobelpreisträgern, auch wenn es letztlich "nur" 3 Preise waren....


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Jahrestage der Wissenschaft

24.12.2017 um 06:04
24.12.1968

Auch wenn es kein lupenreines Jubiläum ist, darum geht es hier in den "Jahrestagen" auch gar nicht, kann ich mir kaum ein beseres Thema für den heutigen Tag vorstellen, als den Flug von Apollo 8 zum Mond.

Als ich am Heiligabend im Jahre 1968 mit meinen knapp 2 Jahren, fasziniert vom Anblick des Weihnachtsbaums, der Musik aus dem Plattenspieler lauschte, auf dem wie jedes Jahr um diese Zeit immer wieder die selbe Amiga-Platte lief (Bald nun ist Weihnachtszeit...), waren 3 von uns an einem Ort, an dem noch nie zuvor ein Mensch gewesen ist...

240px-Apollo8 Prime Crew

Natürlich hatte ich damals noch nichts davon bewusst mitbekommen, und heute weiß ich, es herrschte finsterster Kalter Krieg, und dennoch schreibe ich 49 Jahre danach, es waren "3 von uns", denn kein "irdisches" Ereigniss kann es so deutlich machen wie solch eine Weltraummission, ... wir sitzen alle im selben Boot!

Und hier ist ein Bild dieses Bootes, .... aufgenommen heute vor 49 Jahren:

330px-NASA-Apollo8-Dec24-Earthrise

In dieser Phase der Mission liefen viele Live-Übertragungen, und in einer dieser Übertragungen, gerade als sich das Raumschiff der Tag/Nacht-Grenze näherte, sendete die Besatzung von Apollo 8 folgende Botschaft an die Menschheit:
Wir nähern uns nun dem lunaren Sonnenaufgang. Und für alle Menschen unten auf der Erde hat die Besatzung der Apollo 8 eine Botschaft, die wir euch senden möchten: Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe. Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser, und Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott teilte das Licht von der Dunkelheit.
Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Da ward aus Abend und Morgen der erste Tag. Und Gott sprach: Es werde ein Gewölbe zwischen den Wassern, das da scheide zwischen den Wassern. Da machte Gott das Gewölbe und schied das Wasser unter dem Gewölbe von dem Wasser über dem Gewölbe. Und es geschah also. Und Gott nannte das Gewölbe Himmel. Da ward aus Abend und Morgen der zweite Tag.
Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an besondere Stellen. Lass trockenes Land erscheinen. Und so geschah es. Und Gott nannte das trockene Land Erde und die Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war. Und von der Besatzung der Apollo 8: Wir schließen mit einem Gute Nacht, Viel Glück, fröhliche Weihnachten und Gott segne euch alle – euch alle auf der guten Erde.
Vollkommen egal, wie man Religionen gegenüber steht, der "Geist" dieser Botschaft war und ist viel größer als das aus dieser Perspektive unbedeutend und kleinlich wirkende Gezänk zwischen Menschen verschiedener Weltanschauung, Religion oder gar Hautfarbe.

Das Time.Magazin wählte die drei Astronauten vollkommen zu recht zu den "Men of the Year 1968" - den bedeutendsten Persönlichkeiten des Jahres, und das in einer Zeit, in der der Vietnamkrieg eskalierte, Martin Luther King ermorde wurde, sowie Studenten- und Rassenunruhen an der Tagesordnung waren.

Auf mich wirkt es aus heutiger Sicht geradezu erbärmlich, dass die Atheistin Madalyn Murray O’Hair wegen der Lesung aus der Schöpfungsgeschichte, im August 1969 Klage vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten einreichte, in der sie den Astronauten als Regierungsangestellten das Beten im Weltraum untersagen wollte.

Die Klage wurde letzlich abgewiesen, trotzdem wirft der Vorfall Fragen auf, insbesondere nachdem die NASA ihre Astronauten daraufhin anwies, auf die öffentliche Ausübung von Religiosität zu verzichten. Offenbar wurde die Botschaft von Apollo 8 nicht verstanden.

Und weil gerade Weihnachten ist, noch ein weiteres Foto:

Apollo 8 reentry December 27 1968

Und nein, das ist nicht der Stern von Betlehem, sondern Apollo 8 während des Wiedereintritts in die Erdatmosphäre :D


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Jahrestage der Wissenschaft

24.12.2017 um 10:32
@Peter0167
Danke für diesen herzlichen Beitrag :-)
Ist schon bezeichnend, heute würde es ebenso von den wenigsten verstanden werden.

Wünsche Dir frohe Weihnachten :-)


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Jahrestage der Wissenschaft

26.12.2017 um 18:19
Nachtrag zum 24.12....bin erst leider heute dazu gekommen!

24. Dezember 1938: Weihnachtsspaziergang ins Atomzeitalter

1938 entdeckten Lise Meitner und Otto Frisch das Prinzip der Kernspaltung.
Zu Ruhm und Ehren kamen aber andere!


Die folgende Geschichte erinnert zunächst an ein wissenschaftliches Weihnachtsmärchen, mündet aber in einen Politthriller.
Die Hauptprotagonisten sind Österreichs berühmteste Physikerin Lise Meitner und ihr Neffe Otto Frisch.

Als Frisch seine Tante am Morgen des 24. Dezembers 1938 in Kungälv, einem Städtchen im Südwesten Schwedens, trifft, bemerkt er schnell, dass etwas nicht stimmt. Statt den jungen Physiker wie sonst gleich über seine neuesten Experimente zu befragen, drückt sie ihm einen Brief in die Hand, den sie wenige Tage zuvor aus Berlin erhalten hat. Absender ist der Chemiker Otto Hahn, mit dem Meitner bis zu ihrer Flucht aus Deutschland im Juli des Jahres eng zusammengearbeitet hat. Frisch ahnt in diesem Moment noch nicht, dass er die Grundlage für eine physikalische Revolution in den Händen hält.

Aufbauend auf der gemeinsamen Arbeit mit Meitner sind Hahn und sein Kollege Fritz Straßmann bei Experimenten mit Uran auf ein unerklärliches Phänomen gestoßen. Hahn ist verunsichert, will die Resultate aber möglichst schnell veröffentlichen. "Wir können unsere Ergebnisse nicht totschweigen, auch wenn sie physikalisch vielleicht absurd sind", schreibt er an Meitner und bittet sie, die Ergebnisse zu interpretieren: "Du tust ein gutes Werk, wenn du einen Ausweg findest."

Meitner zweifelt keine Sekunde an der korrekten Durchführung der Experimente, zu gut kennt sie die Expertise der beiden Chemiker. "Ich begriff, dass diese Resultate einen ganz neuen wissenschaftlichen Weg eröffneten", erinnert sie sich später an die folgenreichen Dezembertage. Frisch hingegen ist zunächst skeptisch.

Seit Jahren verbringen Neffe und Tante Weihnachten gemeinsam, nun zum ersten Mal in Meitners schwedischem Exil. Der jüdischen Familie sind christliche Traditionen nicht fremd, Meitner hat sich als junge Frau sogar evangelisch taufen lassen. "Ich glaube nicht, dass es für sie ein kirchliches Fest war, doch es war ihr wichtig, dass wenigstens einer aus der Familie zu Weihnachten da ist", sagt die Wissenschaftshistorikerin Annette Vogt vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin.

Die beiden Physiker brechen an diesem 24. Dezember 1938 zu einem Winterspaziergang auf. Frisch schnallt sich Skier an, Meitner geht lieber zu Fuß. Unterwegs erweitern sie gedanklich das bisher anerkannte Atomkernmodell, bis ein "Auseinanderfliegen" des Nukleus möglich scheint – was die Ergebnisse aus Berlin erklären könnte. Auf einem Baumstamm im Wald beginnen sie, "auf kleinen Zettelchen zu rechnen", schreibt Frisch in seiner Autobiografie. Dabei wird klar, dass bei einem solchen Prozess gewaltige Mengen an Energie freigesetzt würden – ein Gedanke, der die Welt nachhaltig verändern wird: Der Weg zu Atombombe und Kernenergie ist eingeschlagen.

Atomare Aufbruchsstimmung

Um den damaligen Überlegungen von Meitner und Frisch folgen zu können, bedarf es eines kurzen Rückblicks auf die Geschichte der Kernphysik: Ab 1896 wiesen die französischen Physiker Henri Becquerel sowie Marie und Pierre Curie in einigen Experimenten eine neue Art von Strahlen bestimmter chemischer Elemente nach. Marie Curie prägte für dieses Phänomen, für dessen Entdeckung die drei Forscher 1903 mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet wurden, den Begriff "Radioaktivität".

Eine ganze Generation an Physikern und Chemikern stürzte sich in das neue Forschungsfeld. Weitgehend ahnungslos, was die Gefahr von Strahlenschäden angeht, aber angetrieben von der Hoffnung, einen Beitrag zur Heilung von Krebs zu leisten, achteten viele nicht darauf, Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten – und sei es auch nur, Arbeitshandschuhe zu tragen. So darf es wenig verwundern, dass viele der Forscher an Strahlenschäden litten und teils auch vorzeitig daran starben, beispielsweise Marie Curie.

Die wissenschaftlichen Erfolge blieben nicht aus: Mitte der 1930er-Jahre versetzte der italienische Physiker Enrico Fermi die Fachwelt mit Experimenten in Begeisterung, in denen er Uran mit Neutronen beschoss. Dabei konnte er noch schwerere Atome erzeugen, sogenannte Transurane, die auch radioaktiv sind. Dieser Ansicht war Fermi jedenfalls ebenso wie seine Kollegen und auch das Stockholmer Nobelkomitee, das ihm am 10. Dezember 1938 den Physiknobelpreis für die Erzeugung der Transurane überreichte.

Enorme Energiefreisetzung

Genau 14 Tage später – und nun sind wir zurück im weihnachtlich verschneiten Kungälv – erkannten Meitner und Hahn, worauf ihr Kollege Fermi in Wirklichkeit gestoßen war: die Kernspaltung. Hahn und Straßmann hatten die mit Neutronen beschossenen Uranproben einer chemischen Analyse unterzogen, doch sie erzeugten damit keine schweren Atome, wie Fermi behauptet hatte. Ganz im Gegenteil fanden sie Barium, das einen leichteren Kern hat als Uran.

Doch wie konnte das sein? Atomkerne, die weitere Neutronen aufnehmen, müssten doch schwerer werden – es sei denn, die bestrahlten Atomkerne teilen sich in zwei kleinere Kerne. Genau das ist die revolutionäre These, die Meitner und Frisch aufstellen, und, wie ihre ersten Rechnungen noch im schwedischen Wald ergeben, stimmen die dabei freigesetzten Energien genau mit den Messresultaten aus Berlin überein.

Rund vier Wochen später veröffentlichen Meitner und Hahn ihre Überlegungen im auch damals schon renommierten Fachblatt Nature. Hahn und Straßmann haben ihre Ergebnisse schon davor publiziert – zwar mit einer Referenz auf Meitners physikalische Erklärungen, allerdings wird sie nicht als Koautorin angeführt, wie es in den Jahren zuvor stets geschehen war. Damals war zwar auf Anhieb klar, welche Bedeutung die Entdeckung der Kernspaltung für das Verständnis der Physik der kleinsten Teilchen hatte, doch die gesellschaftlichen und weltpolitischen Folgen waren bei Weitem noch nicht absehbar.

Vertriebene Forscher

Als Frisch Jahrzehnte später über die Bedeutung der Kernkraft schreibt, fällt auf, dass er die physikalischen Phänomene gerne mit politischen Metaphern ausdrückt: Von "Ausreisevisa" der Protonen aus dem Atomkern ist da beispielsweise die Rede, oder ein "Energiedarlehen", das nach erfolgtem "Grenzübertritt" wieder zurückzuzahlen sei.

Diese Analogien dürfen wenig verwundern, wenn man bedenkt, in welch prekärer Situation sich Meitner und Frisch zum Zeitpunkt ihrer wichtigsten Entdeckung befanden: Lise Meitner war wenige Monate zuvor von Berlin nach Stockholm geflüchtet. Mit dem sogenannten Anschluss Österreichs an NS-Deutschland im März 1938 wurde mit einem Mal ihr österreichischer Pass ungültig, als Jüdin konnte sie nicht mehr legal ausreisen. Ihre 1907 erfolgte Taufe schützte sie vor den NS-" Rassegesetzen" nicht.

Frisch wiederum war ganz damit beschäftigt, eine Stelle im sicheren Exil zu finden: Er war seit 1934 Mitarbeiter des Physikers und Nobelpreisträgers Niels Bohr in Kopenhagen, fühlte sich als Jude in Dänemark aber nicht mehr sicher. Nach den Weihnachtsfeiertagen kehrte er dennoch zurück und berichtete Bohr aufgeregt von der Entdeckung. "Kaum hatte ich zu sprechen begonnen, schlug er mit der Hand auf die Stirn und rief: Ach, was für Idioten wir doch waren! Ach, das ist ja wunderbar!" Dass die Kernspaltung die beiden fünf Jahre später in den USA bei einem geheimen militärischen Forschungsprojekt wieder zusammenführen wird, ahnten sie nicht.

Wiener Familie

Ihre Geburtsstadt Wien hatten Meitner und Frisch schon lange vor dem Aufstieg der Nationalsozialisten verlassen – beide in Richtung Deutschland. Meitner, 1878 in eine liberale jüdische Familie geboren, inskribierte 1901 – ein Jahr nach der Zulassung von Frauen zum Studium in Österreich – Mathematik und Physik an der Universität Wien, studierte begeistert bei Ludwig Boltzmann und wurde 1906 promoviert.

Schon 1907 ging sie nach Berlin, um Vorlesungen bei Max Planck zu hören. Dort traf sie auch Otto Hahn, mit dem sie die nächsten drei Jahrzehnte zusammenarbeiten sollte. 1922 habilitierte sie sich in Physik, 1926 wurde sie als erste Frau in Deutschland außerordentliche Professorin.

Frisch, der Sohn von Meitners älterer Schwester Auguste, kam 1904 zur Welt. Wie seine Tante promovierte auch er an der Universität Wien in Physik und ging anschließend für mehrere Jahre nach Berlin, ehe er in Hamburg eine Stelle bei Otto Stern erhielt. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ging er zunächst nach London, 1934 dann nach Kopenhagen.

Manhattan-Projekt

Während Meitner die Jahre des Zweiten Weltkriegs in Schweden verbrachte, emigrierte Frisch 1939 nach England. Im Angesicht der Bedrohung durch die Nazis verfasste er mit dem Physiker Rudolf Peierls ein Papier, in dem erstmals der Bau einer Bombe mittels eines Uran-Isotops vorgeschlagen wird – also mit Atomen, die mehr Neutronen im Kern besitzen als gewöhnliches Uran. Die Arbeit bildete nicht nur die Grundlage der britischen Atombomben-Forschung, sondern auch des US-amerikanischen Manhattan-Projekts, an dem Frisch ab 1943 beteiligt war.

Um die physikalische Realisierung der Atombombe voranzutreiben, berief der charismatische US-Physiker Robert Oppenheimer im Juni 1942 eine Sommerkonferenz an der University of California in Berkeley ein. Die größte Herausforderung bestand im gezielten Start einer Kettenreaktion von Kernspaltungen – denn nur so konnte erreicht werden, enorme Mengen von Energie freizusetzen.

"Mutter der Bombe"

Die anwesenden Physiker erdachten zwei mögliche Vorgehensweisen dafür: durch Aufeinanderfeuern von Atomen ("Kanonenprinzip") oder durch Kompression ("Implosionsprinzip"). Ab September 1942 wurde schließlich bei Los Alamos in der Wüste von New Mexico mit dem Bau einer Forschungsstätte begonnen, in der die Atombombe konstruiert werden sollte.

Aus Sicht der Auftraggeber und des militärischen Leiters, General Leslie R. Groves, kam das Projekt im Sommer 1945 zum erfolgreichen Höhepunkt: Nazi-Deutschland, gegen das die Atombombe eigentlich hätte eingesetzt werden sollen, hatte da zwar schon kapituliert, aber um die Anstrengungen nicht völlig ins Leere laufen zu lassen, kam eine Bombe mit Implosionsprinzip namens "Fat Man" und eine mit Kanonenprinzip, genannt "Little Boy", gegen Japan zum Einsatz.

Unliebsamer Medienrummel

Bei den Abwürfen auf Hiroshima am 6. August und auf Nagasaki am 9. August 1945 wurden unmittelbar rund 100.000 Menschen getötet, mehr als doppelt so viele kamen noch durch Folgeschäden ums Leben – fast ausschließlich Zivilisten. Als die US-Presse im selben Jahr Lise Meitner zur "Mother of the Bomb" ("Mutter der Bombe") stilisierte, geschah dies "wider besseres Wissen und zweitens als Ablenkung", sagt Wissenschaftshistorikerin Vogt: "Da wurde eine instrumentalisiert, die wirklich nichts wusste und keine Geheimnisse erzählen konnte."

Meitner äußerte sich nach 1945 zwar kritisch zum Abwurf der Atombombe. Die weitverbreitete Behauptung, sie habe eine Mitarbeit am Manhattan-Projekt abgelehnt, sei aber schlichtweg falsch, sagt Vogt: "Sie ist einfach nicht gefragt worden." Warum, ist unklar, möglicherweise spielte ihr Alter eine Rolle – zu Beginn des Projekts war sie 62 Jahre alt. Wäre ein Angebot gekommen, hält Vogt es für sehr wahrscheinlich, dass Meitner angenommen hätte: "Alle Flüchtlinge hatten ein Interesse, den Alliierten gegen Hitler-Deutschland zu helfen, und hatten Angst, dass ihre exzellenten deutschen Physikerkollegen ebenfalls so eine Bombe entwickelten."

Meitner selbst wies den Rummel, der in den USA um ihre Person gemacht wurde, entschieden zurück. Der Saturday Evening Post sagte sie: "Ich habe keine Atombombe entworfen, ich weiß nicht einmal, wie eine aussieht."

(David Rennert, Tanja Traxler, 23.12.2017) - derstandard.at/2000070922132/24-Dezember-1938-Ein-Weihnachtsspaziergang-fuehrt-ins-Atomzeitalter)


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Jahrestage der Wissenschaft

28.12.2017 um 20:30
Am 28. Dezember 1824 notierte ein Buchbinder in seinem Tagebuch:
In making an experiment the beginning of last week, to ascertain the position of the magnetic needle to the connecting wire of a voltaic apparatus, i was led into a series which appear to me to give some new views of electro-magnetic action, and of magnetism altogether; and to render more distinct and clear those already taken.
Die bis zum April 1826 sporadisch durchgeführten Experimente führten jedoch nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Nach einer fünfjährigen Pause nahm der Buchbinder die Experimente wieder auf, die nach nur 11 Tagen, im Dezember 1830, zum Erfolg führten;

Der Entdeckung der elektromagnetischen Induktion


Diese außerordentliche Entdeckung hat ein ungewöhnlicher Mann mit einer außergewöhnlichen Geschichte gemacht - Michael Faraday.

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Michael Faraday wurde am 22. September 1791 in Newington in der südenglischen Grafschaft Surrey in eine Arbeiterfamilie hineingeboren. Sein Vater James Faraday war gelernter Hufschmied, seine Mutter entstammte einer Bauersfamilie. Die ersten Lebensjahre verbrachte er mit seinen Eltern und seinen zwei älteren Geschwistern in einer kleinen Ortschaft in Cumbria im Norden des Landes. Als James Faraday seine Arbeit verlor und in finanzielle Schwierigkeiten geriet, übersiedelte die Familie nach London. Dort besuchte er bis zum Jahr 1804 eine Tagesschule, wo er Grundkenntnisse im Schreiben, Lesen und Rechnen erwarb. Anschließend arbeitete der Dreizehnjährige ein Jahr lang als Laufbursche für den Buchhändler George Riebau. Dieser bot ihm schließlich eine Lehrstelle an und bildete Michael Faraday zum Buchbinder aus. Der Junge zog in den Haushalt seines Lehrmeisters und erwies sich als talentierter und fleißiger Schüler. Während seiner Lehrjahre hatte Faraday Zugang zu unterschiedlicher Literatur im Buchladen seines Meisters und las begeistert Bücher und Schriften zu unterschiedlichen Fachgebiete wie Chemie und Physik, Kunst und Geschichte. Neben einigen naturwissenschaftlichen Abhandlungen war es vor allem das Buch "The Improvement of the Mind" des englischen Dichters Isaac Watts, das auf den jungen Faraday einen großen Eindruck machte. Das Werk leitete Menschen dazu an, ihr Allgemeinwissen im Selbststudium ständig zu erweitern, Vorträge zu besuchen und interessante Fakten zu notieren, Fachartikel zu lesen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

Inspiriert durch dieses Buch begann Faraday, wichtige Informationen aus Zeitschriften und Büchern zu notieren. Diese Sammlung von Notizen nannte er "The Philosophical Miscellany". Zur gleichen Zeit begann er, eigene chemische Experimente durchzuführen und konstruierte eine erste Elektrisiermaschine. Riebau erkannte die außergewöhnliche Intelligenz und Begabung seines Schülers und ermutigte ihn, einmal wöchentlich die Vorträge im Haus des Silberschmieds John Tatum (Wissenschaftler und Philosoph) zu besuchen, der im Jahr 1808 die City Philosophical Society gegründet hatte. Mit dieser Vereinigung hatte es sich Tatum zum Ziel gemacht, Menschen aus der Arbeiterschicht Zugang zu Informationen auf wissenschaftlichem Niveau zu ermöglichen. Faraday trat der City Philosophical Society im Jahr 1810 bei und hielt hier wenig später selbst seinen ersten Vortrag. Im Zuge der Besuche in Tatums Haus lernte Michael Faraday einige Quäker (Mitglieder der "Religious Society of Friends") kennen, mit denen er in den folgenden Jahren einen regen Gedankenaustausch pflegte. Am Ende seiner Lehrzeit war er sich bereits bewusst, keine berufliche Laufbahn als Buchbinder einschlagen, sondern wissenschaftlich arbeiten zu wollen. Da seine Bewerbung an der Royal Society um eine Anstellung als Laborgehilfe jedoch ignoriert wurde, sah er sich gezwungen, im Jahr 1812 als Buchbindergeselle in einem Londoner Unternehmen tätig zu werden.

Durch Riebau erhielt William Dance, ein regelmäßiger Kunde des Buchladens, Einsicht in die Notizsammlung Faradays und bot ihm daraufhin Eintrittskarten für die Vorlesungen des bekannten Chemikers Humphry Davy an der Royal Institution an. Faraday trat im Zuge der Vorträge an Davy heran und bat ihn um eine Anstellung, die er jedoch erst im Jahr darauf erhielt. Am 1. März 1813 nahm Michael Faraday seine Tätigkeit als Davys chemischer Assistent an der Royal Society auf. Zwischen Oktober desselben Jahres und April 1815 begleitete er Davy auf eine wissenschaftliche Reise, die die beiden Männer zunächst nach Italien führte, wo sie sich mit Alessandro Volta, dem Erfinder der Batterie trafen. Auch in der Schweiz und Deutschland lernte Faraday im Zuge dieser Reise einige führende Chemiker und Physiker seiner Zeit kennen.
Nach seiner Rückkehr erhielt er eine feste Anstellung an der Royal Institution und war ab diesem Zeitpunkt für die mineralogische Sammlung und die Instandhaltung der Versuchsgeräte der Laboratorien verantwortlich. Seine Position erlaubte ihm, die Laboreinrichtung auch zu eigenen Zwecken zu benutzen, weshalb er sich in seiner Freizeit ausgedehnten Experimenten widmete. In dieser Zeit erwies sich Faraday als äußerst fachkundiger Mitarbeiter, der verschiedene Auftragsarbeiten erhielt und sich hauptberuflich mit optischen Gläsern, der Konstruktion von Leuchttürmen, dem Bergbau sowie der Produktion von Stahl auseinandersetzte. Er erstellte Gutachten für Unternehmen und militärische Zwecke, entdeckte im Zuge seiner Arbeiten und Experimente die Flüssigkeit Benzol und entwickelte einige Erfindungen, die er aber aus Überzeugung nicht patentieren ließ (zum Vorteil von Werner von Siemens, der die Chance nutzte und mit der Patentierung der Dynamomaschine ein industrielles Imperium aufbaute). Im Jahr 1821, nachdem er durch seine berufliche Stellung an der Royal Institution finanziell abgesichert war (er wurde zum "Superintendent of the House" ernannt und konnte eine Dienstwohnung in der Royal Institution beziehen), heiratete Faraday Sarah Barnard, mit der ihn eine glückliche, aber kinderlose Ehe verband. Im gleichen Jahr publizierte er die Ergebnisse, die er während seiner Experimente mit elektromagnetischer Rotation erarbeitet hatte. Die nächsten Jahre verwendete er darauf, die elektrische Wirkung von Magneten wissenschaftlich analysieren und beweisen zu können. Dank seiner unermüdlichen Bestrebungen wurde er im Jahr 1824 zum Mitglied der Royal Society ernannt und trat im Jahr darauf Davys Nachfolge als Direktor der Laboratorien an. Dezember 1830 gelang es Faraday schließlich, gänzlich ohne mathematische Fachkenntnisse anhand von elektrischen Kraftlinien die elektromagnetische Induktion nachzuweisen (Archiv-Version vom 03.04.2018).

Man könnte noch so viel über diesen außergewöhnlichen Naturwissenschaftler und seinen, für die Chemie und Physik, wegweisenden Entdeckungen schreiben, aber ich denke die Textwand ist jetzt schon unverschämt lang. Faraday war ein extrem guter und sehr genauer Beobachter, und ein ganz exzellenter Experimentator dazu. Das musste, meiner Ansicht nach, in dem hier so schön geführten Thread von Peter einfach mal Erwähnung finden. Wobei ich mir absolut sicher bin das Peter ihn früher oder später ohnehin Aufgeführt hätte, aber der 28. Dezember erschien mir einfach zu passend, um noch länger auf einen meiner Lieblingswissenschaftler zu warten.

P.S.: Dezember 1860 nutzte er seine Notizen der bereits 1848/49 abgehaltenen Vorlesung mit dem Titel "Chemical History of a Candle". Auf Betreiben von William Crookes wurde Faradays Weihnachtsvorlesung mitgeschrieben und erschien als sechsteilige Artikelfolge in Crookes Chemical News. Die kurze Zeit später erschienene Buchfassung gilt als eines der erfolgreichsten populärwissenschaftlichen Bücher und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, auch in Deutsch. Wer also Langeweile zwischen den Tagen haben sollte, man kann eine ganze Menge aus seiner Vorlesungen lernen:

Naturgeschichte einer Kerze


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Jahrestage der Wissenschaft

28.12.2017 um 22:32
Zitat von plusspluss schrieb:Wobei ich mir absolut sicher bin das Peter ihn früher oder später ohnehin Aufgeführt hätte
Vermutlich hätte ich das, derzeit bin ich aber noch dabei, mich mit einem berühmten Zeitgenossen Faradays zu befassen, dem schottischen Physiker James Clerk Maxwell. Der Mann hat in seinem kurzen Leben so viel geleistet, dass sich bestimmt bald eine Gelegenheit finden wird, ihn auch hier zu würdigen.

Im Übrigen knüpfte Maxwell auch an die Arbeiten von Faraday an, und ergänzte diese insbesondere in mathematischer Hinsicht. In deinem Beitrag, der hier übrigens sehr schön reinpasst und eine echte Bereicherung für diesen Thread darstellt, wurde ja bereits Faradays mathematisches Potential angedeutet, um es mal vorsichtig auszudrücken. Er war halt ein excelenter Experimentator, dessen Vielseitigkeit seines Gleichen sucht, aber das Rechnen überließ er gern Anderen :)

Ich muss leider zugeben, mir war Faraday bisher nur wegen des gleichnamigen Käfigs bekannt, der einem sofort einfällt, wenn es um elektrische und magnetische Abschirmungen geht. Wenn man ihn jedoch nur darauf reduziert, wird man ihm bei Weitem nicht gerecht. Was für mich z.B. absolut neu war, ist sein von Zielstrebigkeit geprägter Werdegang, der für einen Mann seiner Herkunft in diesen Zeiten sicher nicht leicht zu bewältigen war. Dennoch war er immer dann, wenn es drauf ankam, von Menschen umgeben, die sein Potential erkannten und zu würdigen wussten. Eine absolut beeindruckende Biographie eines Mannes, dessen Werte und Motivation ich in vielerlei Hinsicht teile...
Zitat von plusspluss schrieb:Neben einigen naturwissenschaftlichen Abhandlungen war es vor allem das Buch "The Improvement of the Mind" des englischen Dichters Isaac Watts, das auf den jungen Faraday einen großen Eindruck machte. Das Werk leitete Menschen dazu an, ihr Allgemeinwissen im Selbststudium ständig zu erweitern, Vorträge zu besuchen und interessante Fakten zu notieren, Fachartikel zu lesen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
... und genau darum geht es mir.

THX ... @pluss und alle anderen, die den Thread in diesem Sinne mitgestalten und bereichern.


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Jahrestage der Wissenschaft

29.12.2017 um 06:09
Zitat von Peter0167Peter0167 schrieb:Im Übrigen knüpfte Maxwell auch an die Arbeiten von Faraday an ...
Das liefert mir den Aufhänger für einen Beitrag, den ich hier schon eine ganze Weile posten wollte. :) Ich denke, er passt hier auch ohne einen konkreten "Jahrestag" gut rein.

In den meisten (insbesondere angelsächsisch geprägten) Darstellungen der Geschichte des Elektromagnetismus gibt es einen weitgehend nahtlosen Übergang von Faraday in den 1830ern zu Maxwell in den 1860ern. Das ist eine schwerwiegende Verzerrung der tatsächlichen Geschehnisse. Es gab nämlich einen bedeutenden Zwischenschritt: Weber's Elektrodynamik.

Wilhelm Eduard Weber wurde 1804 in Wittenberg geboren. Er studierte von 1822 bis 1826 Physik an der Vereinigten Friedrichs-Universität Halle-Wittenberg, promovierte 1826, und habilitierte im Jahr darauf. Einige brilliante Arbeiten von Weber erregten die Aufmerksamkeit des wissenschaftlichen Giganten Carl Friedrich Gauß (den viele als den grössten Mathematiker der Weltgeschichte betrachten), der sich erfolgreich dafür einsetzte, Weber 1831 als Professor für Physik nach Göttingen zu holen. Daraus ergab sich eine intensive wissenschaftliche Zusammenarbeit und auch eine enge persönliche Freundschaft.

Es erstaunt mich immer wieder, dass selbst in Deutschland viele Physiker und Elektrotechnik-Ingenieure noch nie etwas von Weber's Elektrodynamik gehört haben. Nach intensivem Studium der Quellen aus der damaligen Zeit scheinen mir zwei Faktoren ausschlaggebend dafür zu sein, dass diese fast völlig in Vergessenheit geraten ist: Ein z.T. krasser Nationalismus seitens einer Reihe bedeutender britischer Physiker (eine rühmliche Ausnahme war dabei James Clerk Maxwell, der stets mit Hochachtung von Weber sprach), und persönliche Animositäten seitens einer Reihe bedeutender deutscher Physiker, insbesondere des sehr einflussreichen und dominanten Hermann von Helmholtz, den man seinerzeit auch als "Reichskanzler der Physik" bezeichnete. Solange Gauß lebte, bis 1855, war Weber weitgehend unangreifbar, aber danach wurde seine Position, begünstigt durch seine eher zurückhaltende und bescheidene Persönlichkeit, zunehmend schwächer. Auch wenn verständlich ist, dass sich die umfassendere Maxwell'sche Theorie letztendlich durchsetzte, verdient Weber's Theorie meiner Überzeugung nach einen wesentlich prominenteren Platz in der Geschichte des Elektromagnetismus, als sie derzeit innehat. Erfreulicherweise sind inzwischen fast alle wissenschaftlichen Arbeiten von Weber frei online verfügbar.

Weber baute auf den experimentellen und theoretischen Ergebnissen von Ampere in den 1820ern (u.a. war Weber der Erste, der dessen Ergebnisse umfangreich mit erheblich höherer Präzision experimentell nachprüfte) und Faraday in den 1830ern auf, und es gelang ihm in den 1840ern, alle diese Ergebnisse in einer einzigen, einfachen Formel zusammenzufassen (hier etwas anders dargestellt als im Original):

c979c88ec451 Weber Potential

Aus dieser einen Formel lässt sich der gesamte bis dahin bekannte Elektromagnetismus ableiten, d.h. alle elektromagnetischen Effekte, bei denen elektromagnetische Strahlung (die zu dieser Zeit noch unbekannt war) keine oder eine vernachlässigbare Rolle spielt. Das schliesst sehr viel ein: praktisch alle Elektromotoren, Elektrogeneratoren, Transformatoren, etc.

Einer der vielen faszinierenden Aspekte an Weber's Elektrodynamik ist, dass sie in gewissem Sinne relativer als die Relativitätstheorie ist. ;) Es gibt dort kein Bezugssystem, wodurch zahllose Missverständnisse und Paradoxa im herkömmlichen klassischen Elektromagnetismus entfallen. In die Kräfte zwischen den einzelnen Teilchen gehen ausschliesslich deren relative Positionen und Bewegungen ein.

Der vielleicht erstaunlichste Teil von Weber's gesamtem Werk ist der folgende Ausschnitt aus der Arbeit "Elektrodynamische Maassbestimmungen insbesondere über das Princip der Erhaltung der Energie" von 1871 (S. 41):

db2bc792e531 Weber AtomOriginal anzeigen (0,3 MB)

Das kommt, abgesehen von der nebensächlichen Vertauschung von positiv und negativ, dem Rutherfordschen Atommodell bemerkenswert nahe ... 40 Jahre vorher!

Abschliessend möchte ich noch einen anderen ausserordentlich faszinierenden Aspekt von Weber's Elektrodynamik ansprechen, auch wenn man diesen aus Sicht der etablierten Physik eigentlich als belanglose, zufällige Koinzidenz betrachten muss. Es gibt in der Weber'schen Elektrodynamik erstaunlicherweise eine kritische Entfernung, unterhalb der aus der elektrostatischen Abstossung zweier Teilchen eine Anziehung wird. Weber konnte 1871 zwar die Formel für diese kritische Entfernung angeben, nicht jedoch -- und zwar noch nicht mal sehr grob -- ihren konkreten Wert, weil die beiden entscheidenden Parameter zu dieser Zeit völlig unbekannt waren: Die Masse und die Ladung der Elementarladungsträger (die Masse eines Elektrons wurde erst 1897, die Ladung sogar erst 1909 bestimmt). Setzt man in die entsprechende Formel Masse und Ladung eines Elektrons ein, ergibt sich für die kritische Entfernung: ≈ 5,6E-15 m. Das ist bemerkenswerterweise ziemlich genau der durchschnittliche Radius eines Atomkerns. Aus Sicht der etablieren Physik muss man das, wie erwähnt, eigentlich als belanglose, zufällige Koinzidenz betrachten. Ich muss jedoch gestehen, dass ich immer wieder darüber nachgrüble, ob dahinter nicht vielleicht doch mehr steckt.


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Jahrestage der Wissenschaft

30.12.2017 um 02:04
Zitat von uatuuatu schrieb:Ich denke, er passt hier auch ohne einen konkreten "Jahrestag" gut rein.
Sehe ich auch so :D.

In der Tat hat sich die Weber'sche Elektrodynamik bisher erfolgreich meiner Wahrnehmung entzogen. Sobald bei mir wieder etwas Ruhe einkehrt, werde ich daran sofort etwas ändern. Insbesondere die Formel interessiert mich, auf den ersten Blick steckt da tatsächlich ein "Hauch von Relativität" drin :D

Ich werde dich im neuen Jahr ganz sicher noch darauf ansprechen, muss mich da aber zuvor erst noch etwas reinlesen, auch wenn es absehbar ist, dass ich nur wenig begreifen werde.


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Jahrestage der Wissenschaft

27.01.2018 um 11:20
27.01.1926

So, nach fast einem Monat Abstinenz hatte ich heute endlich mal wieder Gelegenheit, mich mit dem zu befassen, was einmal war. Und wie fast immer dauerte es nicht lange, bis ich auf einen Begriff stieß, der mich aufhorchen ließ. Auf dem heutigem Kalenderblatt ist nämlich für das Jahr 1926 Folgendes verzeichnet:
1926: Vor Mitgliedern der Royal Institution of Great Britain führt John Logie Baird funktionierendes mechanisches Fernsehen vor.


Wikipedia: 27. Januar#Wissenschaft und Technik

Wow, ich habe was die Geschichte des Fernsehens betrifft ja selbst schon einiges selbst miterlebt, aber "mechanisches Fernsehen" hörte ich heute zum ersten Mal. Und was ich beim Recherchieren rausfand, will ich euch natürlich nicht vorenthalten, denn es kann extrem spannend sein, sich noch einmal die rasante Entwicklungen dieser Technologie vor Augen zu führen, die wir heute nur noch als Selbstverständlichkeit wahrnehmen.

Was mir ebenfalls nicht bewusst war, die Anfänge des Fernsehens reichen bis zur Mitte des 19.Jhd. zurück, als Technikpioniere der Bildtelegraphie wie z.B. Frederick Collier Bakewell mit ihren Erfindungen die Grundlagen schufen, die Dénes von Mihálys und John Logie Bairds später weiterentwickelten, um auch bewegte Bilder zu übertragen. Einen wichtigen Meilenstein stellte dabei die 1883 von Paul Nipkow entwickelte Bildzerlegungs-Scheibe dar, die dann auch nach ihm benannt wurde. Sie stellte das Herzstück seines "elektrischen Teleskops" dar, dessen Besonderheit darin bestand, dass zum ersten Mal Bilder von einem Empfänger aufgenommen, und anschließend in elektrische Signale umgewandelt, und über ein Kabel weitergeleitet wurden, um dann letztlich am anderen Ende die Bilder wieder zu erzeugen.

Elektrisches Teleskope

Paul Nipkow meldete darauf 1884 ein Patent beim Kaiserlichen Patentamt an, welches am 15. Januar 1885 auch erteilt wurde. Wegen Geldmangel verfiel dieses aber bereits ein Jahr darauf, und konnte somit zahlreichen Fernsehpionieren als Grundlage für weitere Entwicklungen dienen, auf die ich hier nicht näher eingehen will, weil sie jeglichen Rahmen sprengen würden.

Bereits wenige Jahre nach der Präsentation des mechanischen Fernsehen etablierte sich dieses Verfahren in der ganzen Welt, insbesondere in Europa, den USA, Australien und in der Sowjetunion. Zunächst begann der regelmäßige Sendebetrieb in amerikanischen Großstädten, dann in London, Melbourne, Moskau und ab 1932 auch in Brüssel, Rom, Paris und Berlin.

Um mal eine Vorstellung zu bekommen, wie so ein Fernsehbild damals aussah, habe ich hier mal ein Testbild rausgesucht:

Nbtv-klaas-robers

Wikipedia: Mechanisches Fernsehen#/media/File:Nbtv-klaas-robers.jpg

Da die Signale im Frequenzbereich der Lang-, Mittel- oder Kurzwelle übertragen wurden, war auch die Reichweite enorm groß, sogar größer als die heutiger Sendeanlagen. Zudem war der Aufbau der Empfänger unkompliziert, was in der "Bastlergemeinde" großen Zuspruch fand. Für kurze Zeit boomte der Vertrieb von Bausätzen und Bauanleitungen für Geräte mit der Nipkow-Scheibe, aber genauso schnell wurde dieser Trend von der Entwicklung hin zu hochauflösenderer Technik wieder abgelöst, der quasi bis heute noch andauert.

Einen großen Teil dieser Entwicklung habe ich dank meines Vaters sehr aktiv und bewusst mitverfolgen dürfen, womit ich auch schon beim persönlichen Bezug zum Threadthema wäre, der mir hier sehr wichtig ist. Als ich mit dem Medium Fernsehen erstmals in Berührung kam, gab es nicht einmal eine handvoll Sender, lässt man mal die Russensender außen vor, gab es quasi nur die ARD (Außer Raum Dresden) und das ZDF. Beim ZDF brauchte man aber bereits eine zweite Antenne für das UHF-Band, und die Tuner damaliger Fernsehgeräte in der DDR waren zudem nicht für diesen Frequenzbereich ausgelegt, d.h. man benötige zudem noch einen UHF-Converter, der die Kanäle auf das VHF-Band umsetzte.

Mein Vater, der Funktechnik studiert hatte, war daher ein gefragter Mann, zumindest bei denen, die am Westfernsehen interessiert waren. Denn solche UHF-Converter waren für diejenigen, die sich auskannten und das handwerkliche Geschick mitbrachten, relativ einfach zu bauen. Okay, man war auch noch auf die Westverwandschaft angewiesen, da man nur so an die begehrten Transistoren AF139/239 heran kam, die im Vergleich zu den Ost-Germanium-Transistoren wesentlich besser geeignet waren.

Als Kind sah ich meinem Vater oft stundenlang zu, als er solche Geräte baute, mich überkommt selbst heute noch ein Gefühl von Nostalgie, wenn ich beim Löten den Geruch von Kolophonium in die Nase bekomme :)
Später, als dann auch die Russen ihr zweites Programm ausstrahlten, gab es solche Converter auch in der DDR zu kaufen, aber auch die ließen sich noch im Nachhinein mit den guten West-Transistoren "versilbern". Naja, wir haben uns damals ganz gewiss viele Freunde gemacht, was in der DDR wichtiger war als Geld.

Ich glaube, meinen ersten eigenen Fernseher bekam ich, als ich 15 Jahre alt war, vermutlich weil meine Eltern keine Star Trek Fans waren :)
Im Star Trek Thread habe ich dazu schon mal was geschrieben...

Der ultimative Star Trek Thread! (Seite 98) (Beitrag von Peter0167)

Irgendwer schrieb darauf hin, er komme sich jetzt gar nicht mehr so alt vor, was ich wiederum als Beleg für meine Eingangs aufgestellte These sehe, dass wir uns viel zu schnell an Veränderungen gewöhnen, und daher an Jahrestagen wie diesen einfach mal auf das zurück schauen sollten, was einmal war...


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Jahrestage der Wissenschaft

31.01.2018 um 23:42
Man muss halt schon etwas richtig großes leisten oder entdecken heutzutage um nicht vergessen zu werden.
Man kennt Albert Einstein, Marie Curie, Alexander Flemming, Wilhelm Röntgen, Isaac Newton usw nicht weil sie ein neues Arzneimittelchen entdeckt haben (außer natürlich Flemming mit seinen Antibiotika)
Es ist ein Unterschied ob man etwas gutes neues entdeckt hat oder etwas großartiges neues entdeckt hat.
Natürlich hat fast jede wissenschaftliche Entdeckung viel Arbeit und Mühe gekostet, aber dafür wird es meistens ja auch ganz gut honoriert.
Man kann bei der Masse nunmal leider nicht jedem die richtige Anerkennung geben die er vill verdient hat.


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Jahrestage der Wissenschaft

01.02.2018 um 04:38
@Dr.AllmyCoR3

Das folgende Zitat von Arthur Schoppenhauer beschreibt aus meiner Sicht das Wesen einer Entdeckung bzw. Erfindung sehr gut:
Daher ist die Aufgabe nicht sowohl zu sehen was noch Keiner gesehen hat, als, bei Dem, was Jeder sieht, zu denken, was noch Keiner gedacht hat.
Und weil das Rad nicht zwei mal erfunden werden kann, wird es naturgemäß für den Einzelnen auch immer schwieriger, etwas zu denken, was noch nie jemand gedacht hat. Während die alten Griechen sich im Wesentlichen noch aufs Denken beschränkten, bediente sich Galileo Galilei bereits eines Fernrohres, welches ihm Daten lieferte, die zuvor einfach nicht verfügbar waren. Und so zieht sich das durch alle Epochen der Menschheitsgeschichte, und dabei hatte jede Epoche ihre Besonderheiten, die auch zu einer Weiterentwicklung in der wissenschaftlichen Methodik führten.

Pythagoras, Aristoteles und Platon legten noch die Grundsteine, gefolgt von unzähligen Wegbereitern wie Francis Bacon, René Descartes, Gottfried Wilhelm Leibniz, Immanuel Kant oder Georg Wilhelm Friedrich Hegel, um nur einige zu nennen. Sie alle schufen das einheitliche Fundament, auf dem sich die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zu dem entwickeln konnten, was sie heute sind.

Die fünf Vertreter aus deinem Beitrag haben sich ihren großen Namen in einer Zeit verdient, als große Entdeckungen in der Regel auch noch von einzelnen Personen oder kleinen Gruppen gemacht wurden, und obwohl dies damals geradezu inflationär geschah, war und ist der Bekanntheitsgrad dieser Leute in der Öffentlichkeit sehr hoch.

Heute habe ich den Eindruck, dass dieses elitäre Bild eines Wissenschaftlers einer zunehmenden "Industrialisierung" der Wissenschaft zum Opfer fällt. Zudem werden selbst außergewöhnliche Leistungen kaum noch außerhalb der Fachpresse erwähnt. Zu Zeiten Albert Einsteins sah das noch ganz anders aus, da landete er auf den Titelseiten jeder großen Zeitung, und es wurden sogar Paraden im offenen Wagen abgehalten ...

NYO401072-AlbertEinstein1921

Okay, das halte ich auch für übertrieben, und es entspricht auch nicht mehr dem Zeitgeist, aber dennoch sollte man sich auch heute noch an diese Menschen und ihre außergewöhnlichen Leistungen erinnern. Und genau dafür habe ich diesen Thread erstellt. Hier soll sich aber nicht nur erinnert werden, mir war/ist es auch wichtig, die Menschen um die es hier geht im Kontext zu ihrem Umfeld und zur jeweiligen Zeit und deren Besonderheiten zu sehen. Zumindest hat dies bei mir zu einem tieferen Verständnis geführt, welches das Vergessen schon mal gewaltig erschwert. :D

In diesem Zusammenhang fand ich übrigens deine Formulierung sehr interessant:
Zitat von Dr.AllmyCoR3Dr.AllmyCoR3 schrieb:Man muss halt schon etwas richtig großes leisten oder entdecken heutzutage um nicht vergessen zu werden.
Ich sehe das eigentliche Problem gar nicht mal im "vergessen", denn der Mensch vergißt pausenlos, oder wie ich immer gern sage: "Ich habe schon mehr vergessen, als andere wissen." :D

Gegen vergessen hilft erinnern, aber man kann nix vergessen, was man überhaupt nicht weiß, und das ist das eigentliche Problem was ich sehe. Geh doch heute mal in irgendeine Schule, zähle deine 5 Namen auf, und frage wofür die ihren Nobelpreis bekamen, und warum ausgerechnet Newton keinen bekommen hat. Vermutlich kommt dann die Gegenfrage: "Nobelpreis? Alter äy bekommpt man den wenn man im Fäcebuck ne Million Freunde haben tut?"


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Jahrestage der Wissenschaft

01.02.2018 um 07:46
@Peter0167

Da werden sich aber dennoch nur die erinnern, für die der ganze wissenschaftliche Betrieb einen ähnlich hohen Stellenwert hat, wie für dich. Ist dir sicher auch klar. Ich meine, man muss das auch keineswegs alles so romantisieren, und meinen, dass die ja ganz viel geleistet hatten, und deshalb die Menschheit nun viel besser da steht, usw. usf..

Genauso gut kann man alles als großen kosmischen Zufall deklarieren, und das als völlig bedeutungslose Aneinanderreihung von kausalen Zusammenhängen verkaufen, das letztlich auch nicht mehr wert ist, als mein Fäzbuk-Status, weil ja auch der Wissenschaftler nicht wirklich viel dazu kann, dass er geworden ist, wie er eben ist, und jeder nur das denken kann, was er eben denkt.
Alles eine Frage der persönlichen Perspektive, der Mode und der eigenen Empfindungen zu bestimmten Phänomenen, würde ich sagen, nicht wahr? :)


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Jahrestage der Wissenschaft

01.02.2018 um 16:56
Ich denke früher habe die Wissenschaftler noch viel mehr eigene Experimente machen können! Heute gibt es schon so viele Bereiche das man den Überblick verliert, deswegen hat jeder Wissenschafts Bereich seine Experten! Nehmen wir nur mal CERN, wer hat da noch den Durchblick? Und wer kann diese Experimente unabhängig von CERN wiederholen? Auch die Dauer der Experimente muss man bedenken. Ein Galileo Galilei hat selbst unzählige selbst durchgeführt, heute braucht man 10 Jahre Vorbereitung bis man mal Anfängt und da Arbeiten hunderte von Leuten daran.

Interessant finde ich auch noch das man früher geforscht hat und dann zB die Radioaktivität entdeckt hat ohne davor davon zu wissen! Heute bekommt man keine Mittel mehr wenn man nicht explizit nach etwas sucht zB Higgs Teilchen usw! Also werden bei diesen Experimenten die Parameter so eingestellt das man auch das findet was man finden soll! Das heisst es wird nur das gesucht was mit ziemlicher Sicherheit zu finden ist! Keiner würde Millionen investieren um dann zu sagen " schau ma mal was ma finden, irgendwas wird schon von Bedeutung sein"!

Soll jetzt keine Kritik an der Wissenschaft sein...ist nunmal so! Naja, lange Rede kurzer Sinn, die meisten heutigen Experimente sind zu gross und man kann sie unmöglich in seiner Werkstatt machen so wie es früher oft geschehen ist! Vielleicht fehlen deshalb heute die Helden Wissenschaft?

Und da die Welt immer schnelllebiger wird, vergisst man auch schneller was vorige Woche passiert ist weil man gleich wieder mit sehr viel Information zu gebombt wird, ausser man beschäftigt sich wirklich mit dem Thema selbst was aber nicht viele Laien machen.


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Jahrestage der Wissenschaft

01.02.2018 um 17:42
Zitat von AzraelOneAzraelOne schrieb:Soll jetzt keine Kritik an der Wissenschaft sein...ist nunmal so!
Ist eben nicht so.
Soll keine Kritik sein, aber wenn dich das Thema wirklich interessiert, empfehle ich dir das Interview mit Prof. M. Krämer einmal zu lesen:

http://www.spektrum.de/magazin/erkenntnistheorie-des-large-hadron-collider/1478203

Sollte der Artikel nicht vollständig einsehbar sein, sende ich ihn dir gerne per PN.


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Jahrestage der Wissenschaft

01.02.2018 um 19:08
bitte per PN denn das interessiert mich wirklich! Hab mir halt dazu mal meine Gedanken gemacht...kann ja sein das ich mich täusche...wäre nicht das erste mal ;-)

Und kein thema...kritisiere...nur so lerne ich was dazu!


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Jahrestage der Wissenschaft

10.03.2018 um 10:29
10.03.1876

Also bei manchen Zufällen fragt man sich wirklich, ob das noch Zufall ist, oder schon die Regel. Da lese ich z.B. heute morgen einen interessanten kleinen Beitrag, den @uatu gestern in der Rubrik "Verschwörung" an @Sonni1967 gerichtet hat. Darin geht es um den Umstand, dass große Entdeckungen oft eine lange Vorgeschichte haben, und manchmal nur der Zufall entscheidet, wer die Loorbeeren dafür erntet.

Und dankenswerter Weise erinnerte mich Sonni in ihrer Antwort daran, dass ich hier ja noch einen Thread zu laufen habe, in dem so etwas gelegentlich thematisiert wurde. Also dachte ich mir, ich schaue einfach mal nach, was der 10. März so alles zu bieten hat. Und was soll ich Euch sagen ... genau heute vor 142 Jahren führten 2 Herren ein Telefongespräch. Einige werden jetzt vielleicht verwundert fragen ... "Ja und? Das mache ich jeden Tag".

Das mag auch so sein, aber es gab eine Zeit, da war das keineswegs so selbstverständlich wie heute, und diese Zeit liegt gar nicht mal so weit zurück, wie manche vermutlich denken. Ich selbst bin ja noch in der DDR groß geworden, und da war ein eigenes Telefon noch in den 70er Jahren purer Luxus. Mein Vater war damals Funkingeneur bei der "Deutschen Post", und bekam wegen seiner Bereitschaftsdienste als einer der ersten in der Gegend ein Telefon. Ich erinnere mich noch, wie damals die gesamte Nachbarschaft bei uns ein uns aus ging, um zu telefonieren. :D

Aber zurück zum Thema. Bei den beiden Herren, die damals dieses berühmte Telefonat führten, handelte es sich um Alexander Graham Bell und seinen Assistenten Thomas Watson. Einer der Sätze, die bis heute überliefert sind, ging folgendermaßen: „Mr. Watson, kommen Sie her, ich möchte Sie sehen.“

220px-Alexander Graham Bell

Wikipedia: Alexander Graham Bell

Bevor ich mich heute ein wenig in die Geschichte eingelesen hatte, galt Bell auch in meiner Vorstellung als Erfinder des Telefons. Um so überraschter war ich, als ich die (vermutlich) wahre Geschichte erfuhr, die sich zuweilen spannender liest, als ein Kriminalroman.

Leider fehlt mir gerade jetzt die Zeit dafür, daher werde ich später noch was dazu schreiben. Wer nicht warten will, kann ja hier vorab schon mal nachschlagen...

Wikipedia: Alexander Graham Bell#Alexander G. Bell und das Telefon des Antonio Meucci

Ich habe da auch noch ander Quellen gefunden, aber die muss ich erst noch durchgehen. Auf jeden Fall bestätigt sich auch hier, was @uatu gestern angesprochen hat. Und das mich @Sonni1967 ausgerechnet heute an meinen Thread erinnert, und ich daraufhin über diese Geschichte stolpere, ist schon bemerkenswert. Daher auch ein dickes Dankeschön an Euch beide ... bis später.


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Jahrestage der Wissenschaft

11.03.2018 um 10:06
Hi Peter,

als ich gestern abend deinen Text las fiel mir wieder eine Doku ein die ich darüber mal gesehen hatte und ich
weiß noch dass ich damals dachte: Man benutzt heutzutage so viele Dinge die für einen selbstverständlich sind
(wie z.B. Handys) und es ist einem gar nicht bewußt welche große Leistungen, Geschichten und auch Dramen von
Menschen dahinter stehen.

Ich hab die Doku im Internet wiedergefunden. Dort wird die Geschichte des Telefons und die von Alexander Bell
erzählt. Allerdings wird es dort so dargestellt dass er der Erfinder des Telefons war. Keine Ahnung was die Wahrheit
ist aber mir hat die Doku gut gefallen. Wen die Geschichte interessiert kann sie sich ja mal angucken. Hat sich für mich
gelohnt :).



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LG Sonni


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