Rao schrieb:verzerrte Erinnerung an das minoische Seereich.
Von dem die Griechen zur Zeit von Plato selber nichts mehr wußten, weil ihr vorangegangenes "dunkles Zeitalter" die alten Überlieferungen größtenteils ausgelöscht hatte - was der ägyptische Priester in der Geschichte auch klar sagt -
und die Daten der Ägypter selber aufgrund des Altersunterschieds von mindestens 900 Jahren zu den tatsächlichen Ereignissen (die 9000 Jahre kann man knicken) auch nicht mehr gerade taufrisch waren.
Denn wer weiß, wann die auf dieser angeblichen Säule niedergeschrieben wurden, mit welchen Intentionen und von wem ... der "Sieger" schreibt die Geschichte, und die ist bekanntlich nicht immer ganz so wie sie sich wirklich abspielte.
Also bei Plato liest sich das aus dem Munde des Kritias so:
einst habe er [, Solon], um sie [, die Saiten,] zu einer Mitteilung über die Urzeit zu veranlassen, begonnen, ihnen die ältesten Geschichten Griechenlands zu erzählen, ihnen vom Phoroneus, welcher für den ersten gilt, und von der Niobe, und wie nach der Flut Deukalion und Pyrra übrig blieben, zu berichten
Solon berichtet von Phoroneus, von dessen Tochter Niobe (Mutter des Pelasgos, des Ahnherren der Pelasger und damit der Athener laut griechischer Mythologie), sowie von Deukalion und Pyrrha aus der Deukalischen Flut. Damit erzählt Solon Sachen, die laut der
Parischen Chronik in die zweite Hälfte des 16.Jh. v.Chr. zu datieren sind, rund hundert Jahre vor dem dort ebenfalls erwähnten Aufstieg des Minoischen Reiches unter Minos. Mithin fand die Deukalische Flut, von der Solon zu berichten weiß, rund 950 Jahre vor Solons Ägyptenbesuch statt. Und daß Solon bzw. seine Zeit nichts vom Minoischen Reich gewußt hätte, kannst ja gerne mal irgendworan festmachen. Schon bei Homer (Ilias XIV; 321-322) wird Minos erwähnt als Sohn der (Europe, der) Tochter des Phoinix und des Zeus (Zeile 312), also genau der Mythos vom Sohn der von Zeus nach Kreta entführten phönikischen Prinzessin, der dort das Minoische Reich beherrschte.
Wenn der Saite nun dem Solon aufzeigen wollte, wie "jung ihr Griechen doch seid", dann sicher nicht mit Stories, die gerade mal 900 Jahre alt sind. In Ägypten jedenfalls war die kulturelle Kontinuität durch kein "dunkles Zeitalter" getrübt, womit es doch arg fraglich ist zu meinen, in dem vom Priester wiedergegebenen ägyptischen Text hätte eine "verzerrte Erinnerung an das minoische Seereich" gestanden. Wie hätte das passieren können?
Der "Sieger" schreibt die Geschichte - in der Tat! Es kann passieren, daß die Pharaonen Schlachten als "Siege" dokumentieren ließen, in denen sie realiter eher die Hucke voll gekriegt haben. Ebenso kann auch mal ein Pharao sich mit einem Sieg brüsten, den tatsächlich aber sein Amtsvorgänger errungen hat. Was hingegen nicht passiert, ist das Berichten von Siegen, an denen die Ägypter selbst überhaupt nicht beteiligt waren. Mit anderen Worten: der Text, den der Saite dem Solon da inhaltlich wiedergibt, dieser Text existierte in ganz Ägypten nicht!
Zumal es gar keinen Text über den Untergang der Minoischen Herrschaft durch einen "grandiosen" Sieg geben kann, da die minoische Kultur gar nicht durch einen Krieg oder dergleichen unterging. Die mykenische Übernahme der Herrschaft auf Kreta beschribt die Wikipedia so:
Sicher ist nur, dass schließlich mykenische Herrscher den Palast in Knossos übernahmen. Sie könnten lediglich vom Untergang der minoischen Macht profitiert haben, ohne dass eine militärische Invasion erfolgte.
Wikipedia: Minoische Kultur#Theorien über den UntergangSelbst wenn wir mal annehmen, die Ägypter vor Solons Ägyptenbesuch hätten den Untergang der Minoischen Kultur überliefert, und das dann auch noch sehr ungenau, sodaß man schließlich nicht mehr erkennen konnte, daß die Minoer gemeint waren, und das dann erst in diesem grottenschlechten Überlieferungszustand niedergeschrieben - obwohl der genannte Sieger gar kein ägyptischer Herrscher war, was völlig unüblich für ägyptische "Historiographie" ist. Selbst wenn wir das mal annehmen. Woher weißt dann Du, daß es sich um den Untergang der minoischen Kultur handelte? Weil bestimmte Details dafür sprechen? Welche, die authentisch erhaltenen oder die durch die miserable Überlieferung bis zur Unkenntlichkeit abgewandelten oder hinzugedichteten Details? Genauer: woher weißt Du, zu welcher dieser beiden Kategorien die von Dir beanspruchten Überlieferungsdetails gehören?
Wir hatten diese Debatte ja schon mehrfach in diesem Thread. Aber bis heute hast Du mir diese Frage nicht beantwortet. Diesmal möchte ich aber mal darauf bestehen.
Rao schrieb:Sind die 500mm/anno die heutigen Werte oder die, die vor 3500 Jahren üblich waren?
Die damaligen Niederschläge unterscheiden sich von den heutigen für Thera ziemlich genau in der selben Weise wie für die Levante, ...
Rao schrieb:weil nämlich damals die ganze Umwelt im Mittelmeerraum und Nahen Osten noch anders aussah, grüner und fruchtbarer, mit erheblich größeren Baumbeständen als heute.
Daher bleibt der Vergleich korrekt.
Rao schrieb:Santorin dürfte genau wie alle anderen Mittelmeerinseln und alle Küsten ringsum vor der Zeit der menschlichen Besiedlung dicht bewaldet gewesen sein
Je mehr Raum Du den grundwasserhaltenden Wäldern auf Thera zusprichst, desto weniger Platz bleibt für "die ganze Insel eine Stadt" übrig - einschließlich der Fläche für den Nahrungsmittelanbau bzw. für die Produktion der Exportgüter für die Handelsspannen, mit denen die Nahrung eingekauft wird. So oder so, das Bevölkerungslimit des bronzezeitlichen Thera bleibt bei wenigen tausend.