Rao schrieb:Wie der Atlantik schon vor der Atlantis-Geschichte so heißen konnte, da muß man sich vermutlich an einen anderen Atlas halten.
Da hätteste nicht mal groß googeln müssen. Atlas der Titan ist nun mal der mythische Träger der Himmelskuppel am Westrand der Welt. Ursprünglich hielt man den Atlantik für den Okeanos, den erdumspannenden Mahlstrom. Auch der Indik wurde als Teil diesesOkeanos angesehen. Schließlich bezeichnete man den westlichen Abschnitt atlantisch und den südöstlichen indisch. Und hielt sie nicht mehr für einen die Welt umspannenden Mahlstrom, sondern für zwar riesige, doch "einfache" Gewässer der Erde. Für Meere eben.
Auch die Säulen des Herakles verweisen auf diesen Atlas-Mythos. Schließlich hat Herakles diese Säulen gebaut als Himmelsstütze für Atlas. Sowohl die Heraklesfigur als auch die Säulen des Herakles verdanken die Griechen den Phönikiern, und die haben schon Jahrhunderte vor Solon bei Gibraltar diese Himmelssäulen verortet und ein Heiligtum mit zwei Säulen errichtet. Diese beiden Himmelssäulen sind typisches phönikisches Mytheninventar. Vor ihre Tempel stellten die Phönikier eben zweisolcher Säulen auf. DIe Bibel kennt sie unter den Namen Jachin (er befestigt) und Boas (in ihm ist Kraft). Auch das westlichste bekannte große Gebirge, das im westlichen Nordafrika, wurde Atlas genannt unddie Menschen jener Gegend Atlant(i)oi.
Dem saitischen Priester dürfte mehreres davon bekannt gewesen sein. Dennoch soll er ja gesagt haben, daß der Atlantik seinen Namen nicht von jenem Titanen, sondern von diesem ersten Hochkönig erhalten habe. Dabei soll der Priester doch gar nicht von König "Atlas" gesprochen haben - er nannte ja einen ägptischen Personennamen. Erst Solon, als er wieder zu Hause war und die Geschichte in Versform gebracht haben soll, soll den Namen ins Griechische übertragen haben.
Ich sag doch, daß diese Konstruktion belegt, daß das so nicht stattgefunden haben kann mit Solon und dem Priester in Ägypten.
Und nein: das mit den Säulen kommt nicht von einer vulkanischen Rauchsäule.
Rao schrieb:Oder es steckt ein realer Kern drin, wie ich aufgezeigt habe - Atlantis als bislang unbekannter, aber allein schon wegen der Größenordnung bedeutender Teil des Minoerreiches, der von heute auf morgen verschütt ging, was ein gigantischer Schlag für den verbleibenden Rest war
1) Du hast es veranschlagt, nicht aufgezeigt.
2) Die minoische Kulturging nicht abrupt zuende.
3) Das Ende der Minoer war den Griechen (leidlich) bekannt.
4) Die Minoer unterhielten Handelsbeziehungen zum Mittelmeerraum, sie eroberten ihn nicht.
Rao schrieb:Säulen des Herakles = geklärt. Müssen irgendwo zwischen Cyrenaika und Ägypten gelegen haben (NICHT Gibraltar!), dort wo der Meeresarm Cyrenaika und Afrika voneinander trennte. Heute verlandet und verschüttet.
Was issn davon geklärt? Gibts irgendnen Beleg oder wenigstens Hinweis, daß die Phöniker hier Nen Heiligtum mit Säulen errichteten, als das noch ne Meerenge war? Und gibts nen Beleg bzw. Indiz dafür, daß der dahinter befindliche westliche Teil des Mittelmeeres mal atlantisches Meer genannt wurde?
Rao schrieb:Und es gab solche Säulen auch an den Dardanellen (Einfahrt zum Schwaren Meer)
Ach ja? Die Schoppes schreiben, daß ein römischer Gelehrter namens Servius gesagt habe, daß man durch die Säulen des Herakles sowohl ins Schwarze Meer käme als auch nach Spanien. Und zwar um 400 n.Chr.
Dabei aber wird eines übersehen. Der Saite beschreibt die Lage Atlantis' aber gar nicht mithilfe der Säulen des Herakles. Er sagt (Tim24), daß vom Atlantischen Meere aus eine Heeresmacht gegen Europa und Asien zog. Und zwar kamen sie durch eine Meeresenge. Und erst hier spricht der Saite von den Säulen des Herakles, er sagt,daß "ihr die Meerenge so nennt". Selbst wenn es zu Solons, Sokrates' und Platons Zeit noch weitere herakleische Säulen gegeben hätte, so würde dies die Lokalisierung des Saiten für Atlantis nicht im Mindesten infragestellen. Wenn Du von Berlin über Rom nach Malta reist, wird nur ein sehr dummer Mensch fragen "Äh, über Rome in Texas?"
Die Lokalisierung, die der Saite zu kennen meint, hat nichts mit Säulen des Herakles zu tun, das fügt der Priester nur zum besseren Verständnis für Solon an. Ausdrücklich. Sprachlich nennt man sowas Epexegese, epexegetisch. Erläuternd. Wir würden eine Epexegese oft in Bindestriche setzen. Also "Die kamen vom atlantischen Meer jenseits der Meeresenge - ihr nennt sie die Säulen des Herkules - und eroberten hier ...".
Rao schrieb:daß zwischen Cyrenaika und Atlas noch ziemlich viel Strecke liegt
??? Die Cyrenaica ist der östliche Ausläufer des Atlas.
Rao schrieb:...sowas wie Land - und Seekarten gab es nämlich damals schon, und das ägyptische Archiv hatte garantiert welche in seinen Beständen.
Ist das so?
Rao schrieb:Die Welt eines Solon (Plato) war quasi schon "kleiner" geworden, und deshalb legte er unbewußt mehr Abstand (viel zu viel sogar) zwischen Ägypten und "Atlantis", und ganz offensichtlich beging er den Fehler, das rückübersetzte Atlantis, die "unbekannte" weil längst "verschwundene" Insel, mit Atlas dem Himmelsträger (Gebirge) und Namensgeber des Atlantik in einen Topf zu werfen. Und so landete "Atlantis" auf einmal im Atlantik, wo es in Wahrheit nie gewesen war.
Das ist zwar ne hübsche, wiewohl nicht neue Annahme, doch was zeigt uns, daß das mehr ist als nur ne Behauptung, Atlantis hätte sich mit vergrößerter Kenntnis weiter nach Westen verschoben?
Die Ägypter, die diese Erzählung bewahrt haben sollen, die müssen nicht selbst frühe Kenntnis vom westlichen Mittelmeer und vom Ozean hinter der Landenge gehabt haben, es reicht, wenn sie das Wissen um die Lage von Atlantis aus der selben Quelle hatten wie ihr Wissen um das Aussehen des Landes, den Aufbau der Hauptstadt, die Königsnamen usw. usf. Also von damaligen Atlantiden. Die müssen ja schließlich gewußt haben, wie sie bis nach Tyrrhenien und nis nach Ägypten rangekommen sind. Mit beschränktem antik-griechischen bzw. ägyptischen Wissen muß niemand ankommen.
Rao schrieb:.. und der Platobericht ist damit ziemlich glaubwürdig, mit ein paar kleineren Fehlern
Ja, wenn man ne Vorstellung im Kopf hat, was Atlantis "in Wahrheit" ist. Dann kann man alles am Platotext, "was paßt", für "authentisch" erklären, und was nicht paßt, für sekundär, fehlerhaft odgl. Doch wie schon jemandsagte, so bekommst Du noch jedes gewünschte "echte Atlantis" in den Platotext hinein. Das ist also keine Vorgehensweise, die geeignet ist, im Platotext Ursprüngliches von Sekundärem zu trennen.
Rao schrieb:daß er Atlas/Atlantik und Atlantis, die (rückübersetzte) "unbekannte Insel" (weil sie da längst keine Insel mehr war) wegen der Namensverwandtschaft auch räumlich in einen Topf geworfen hat.
Damit ist also auch die Geschichte, daß der Priester dem Solon die Geschichte mit ägyptischen Namen erzählte und Solon diese dann erst ins Griechische übertrug, eine platonische Erfindung. Denn die Verwechslung all der Atlasse muß dann schon bei den Ägyptern stattgefunden haben. Nur wie? Wo die doch gar nicht Atlas, Atlantis oder Atlantik sagten. - Nee, Du, solch eine Verwechslung kannst Du den Ägyptern gar nicht nachsagen!
Rao schrieb:Weil alles vor Ort bleibt und die Zeitangaben passen.
Gibts Belege für die Monatszählung? Daß man lang zurückliegende Reiche und Ereignisse in Monaten datierte? Wenn nicht, dann paßt hier nix.
Rao schrieb:Es ist bloß ein bissel ungewohnt, eine sandige Wüstenei wie die heutige Cyrenaika, wo es nur an der kahlen, verkarsteten Küste ein paar kleine Städtchen gibt, mit der Plato-Schilderung von einem fruchtbaren und reichen Inselstaat zu verbinden.
Soweit ich weiß, ist das mit der üppigen Flora und Fauna und den Petroglyphen mehr als nur 3400 Jahre her. Da kämste schon besser hin, wenn DU die Jahresangaben des Saiten als Jahresagaben nimmst.
Kennst Du irgendwelche wissenschaftliche Artikel, in denen beschrieben wird, wann hier mal das Mittelmeer in die Cyrenaika hineinreichte? Oder ist das nur ne Vermutung, weils halt von der küstennahen Erhebung halt nach Süden allmählich bis auf Meeresniveau runtergeht?
Soweit ich weiß, sind Nomaden das erste archäologisch Greifbare in der Cyrenaika nach der Steinzeit.