Aperitif schrieb:Gab es damals überhaupt den Begriff Energie?
Du wirst lachen: Ja, es gab den Begriff. Griechisch energeia, Einwirkung bzw. Innenwirkendes, irgendwas in der Art. Der Begriff taucht erstmals bei Platon auf, in der Nikomachischen Ethik - und jetzt kommts: zur Beschreibung der Seele.
Jedoch läßt sich dieser Energiebegriff inhaltlich nicht einfach auf unser heutiges Verständnis von Seele zum einen und Energie zum anderen übertragen.
Tiere (und Menschen) bewegen sich, wenn sie tot sind, bewegen sie sich nicht mehr. Also bewirkt das Leben / die Seele, daß die Wesen sich bewegen. Es ist die antreibende Kraft im Innern. Ein Stein, der bewegt wird, der rollt ein bißchen, bleibt dann aber liegen. Das ist nicht wie bei Lebewesen. Es war nur eine äußere Kraft, die sich aufbrauchte. Die wirkende Kraft (ergeia) im Innern (en) dagegen beseelt das Objekt und läßt es sich immer bewegen. Auch andere Dinge bewegen sich ständig. Gesstirne etwa. Auch in ihnen steckt also eine solche antreibende Kraft, eine Seele. Das war das mythische, konkret animistische Denken.
Aber schon damals kam die Erkenntnis auf, daß selbst ständig bewegte Objekte nur stur einem "Mechanismus" gehorchen, einer festgelegten Bewegung und nicht eine frei gewählte Bewegung ausführen wie Mensch und Tier (latein anima, vgl. englisch animal, (einge)deutsch(t) animalisch). Als Plato das Wort energeia aufgriff (oder bildete?), um damit diese Beseelung lebender wie toter Dinge zu beschreiben, da trennte sich das auch schon wieder voneinander. Platos Mentor Aristoteles wurde noch hingerichtet, weil er die Sonne einen (seelenlosen) Haufen glühender Steine nannte (so behauptet Platon). Aber eigentlich war die Zeit längst reif dafür, die "Beseelung" bewegter Körper mehr in die Nähe des Begriffs "Kraft" zu stellen, welche von außen wirkt und einen Stein zum Rollen bringt. Die Seele hingegen wurde speziell die Lebenskraft belebter Dinge, also Tier und Mensch (und Götter, Dämonen usw.).
Erst mit Deismus und Aufkärung holte man dann auch die "Seele" von ihrem Platz weg und fragte, ob sie nicht ebenfalls solch eine "stinknormale" physikalische Energie sei. Elektrizität etwa. Selbst die alte alchemistische Suche nach der fünften Essenz tendiert schon in diese Richtung.
Seit die Seele erstmals mit Energie in Verbindung gebracht wurde, seit nahezu der selben Zeit hielt man sie für etwas anderes. Und auch wenn in den letzten Jahrhunderten einige beides wieder zusammenbringen, sieht die Mehrheit dies anders. Verrückterweise bedienen sich viele Seelenbefürworter (Seele als nichtphysikalisches Etwas) ausgerechnet physikalischer Begriffe wie "feinstoffliche Energie" oder wasweißich.