sunaJJanus schrieb:
Letztbegründungen stellen ein unlösbares epistemisches Problem dar, weil der versuchsweise Letztbegründende NICHT gleichzeitig das "Letzte/Erste" UND sich selbst voll-umfänglich zu begründen vermag.
Das aber ist tiefe Philosophie, die verstanden sein will.
fritzchen1 antwortete:
Ja genau und ist das jetzt in irgend einer Form für die Wissenschaft von nutzen?
Interessante Frage, an der man musterbeispielhaft etwas klar-machen kann:
Für uns zählt der Nutzen. Auch bei Wissenschaft fragen wir nach dem Nutzen:
Wenn du das und das erforschst: Was hab ich davon?
Es geht uns um
Wohlbefinden / Wohlstand
Gesundheit
Zufriedenheit / Glück
Bequemlichkeit
Unterhaltung
usw.
Unzählige Rad-und-sonstwas-Erfinder, Musikanten, Witzbolde und Faxenmacher sind daher in grauer Vorzeit bestimmt wie Troubadix geknebelt an die Bäume gehängt worden, weil sie lästig waren mit ihrem Zeug und nur störten. Der Nutzen ihrer Leistungen war noch nicht erkannt. Mag sein, wir wären immer noch glückliche Sammler und Jäger, wenn er nie erkannt worden wäre, der Nutzen - unsere Zahl auf der Erde hätte sich bei einigen hundert Millionen eingependelt und gehalten - bis heute.
Spaß beiseite - gefragt wurde also:
ist das jetzt in irgend einer Form für die Wissenschaft von nutzen?
Diese Frage zielt nicht auf Ergebnisse der Wissenschaft, sondern auf die Wissenschaft selbst: Auf Vorgehensweisen / Methoden bzw. auf eingesetzte Instrumente / Werkzeuge.
Was soll jetzt musterbeispielhaft daran sein?
Nun: Es ist ganz einfach eine Übertragung dieser uns von Instinkten/Trieben/Gefühlen diktierten
Nutzen-Frage auf die Wissenschaft selbst.
Dabei wissen wir schon VORHER, was wir wollen:
Das Ziel beinhaltet die Befriedigung/Erfüllung/Sättigung/Löschung dessen, was uns als Motiv auf die Reise geschickt hat.
Wenn uns etwas auf eine Reise schickt, muss es sinniger-weise schon VOR der Reise in uns da-gewesen sein. In dieser Art des Denkens existiert also IMMER ein VOR-WISSEN:
Was man will, weiß man dabei IMMER schon bevor man es hat (bevor man es erreicht hat).
In dieser frühen Form des Denkens hängen wir Menschen in überwiegender Mehrzahl bis heute und verlassen sie auch dort nicht, wo es darum ginge, sich auf NEUES / UNBEKANNTES hin-zu-bewegen!
Machen wir uns das einmal etwas eingehender bewusst:
Wenn wir "diskutieren" wäre das, was wir als Diskussion bezeichnen, nur dann tatsächlich eine Diskussion, wenn sie nach der "Formel"
These-Antithese-Synthese ZUMINDEST die Möglichkeit beinhalten würde, dass etwas zuvor noch Unbekanntes (die Synthese) MEHR enthält (mehr oder tiefere Einsicht / Erkenntnis) als die unterschiedlichen Meinungen/Ansichten, die sich begegnen.
(Das Problem war schon in der antiken Philosophie grundsätzlich bekannt - siehe auch Hegels Dialektik oder "hermeneutischer Zirkel").
Im sogenannten "hermeneutischen Zirkel" scheint bereits auf, was ich hier etwas tiefer durchleuchten möchte:
Der Glaube daran, es bräuchte grundsätzlich ein Vor-Wissen (Vor-Verständnis), um Neues/Unbekanntes verstehen zu können.
Tatsächlich läuft dies darauf hinaus, dass in unseren Gesprächen, die deshalb vorwiegend Dispute sind und keine Diskussionen, das Vor-Wissen/Vor-Verständnis die Dominanz gewinnt (wir wissen heute warum - siehe oben):
Wir bleiben hängen in der Phase der Immunisierung unseres Standpunktes.
Und das kann sich exakt so äußern wie in unserem Beispiel hier:
ist das jetzt in irgend einer Form für die Wissenschaft von nutzen? Nur ein wenig umgeformt entspricht es der inneren Haltung, die immunisiert werden soll:
Auf einem SOLCHEN Weg sind niemals neue wissenschaftliche Entdeckungen möglich!Die Wahrheit ist:
Vom wirklich Neuen/bis dato Unbekannten werden wir IMMER überrascht!
Wir haben KEIN Vorwissen um das noch Unbekannte.
Wir haben bis zu seiner Entdeckung auch in aller Regel noch keine Methode oder kein Sortiment von Methoden, das uns zur Entdeckung hinführen könnte.
Wir wissen ergo auch noch nicht, was wissenschaftlich von Nutzen sein könnte und was nicht.
Die IDEE oder der EINFALL sind und bleiben Mysterien, von denen wir nicht wissen, woher sie kommen. Sie werden zwar nicht vom Himmel fallen oder aus dem Nichts empor-sprießen. Aber betrachten wir uns doch einmal selbst nur beim Sprechen oder beim Schreiben:
Eigentlich sind wir versucht zu sagen, wir würden bewusst sprechen oder schreiben. Das stimmt aber nicht! Was wir sprechen oder was wir schreiben wird uns immer erst bewusst, NACHDEM wir es gesprochen oder geschrieben haben. Wir haben zwar immer eine AHNUNG oder eine VOR-AHNUNG um das, was dann aus uns heraus-kommt. Und auch an der Art, WIE es kommt, glauben wir uns in fortwährender Kontinuität wieder-zu-erkennen. Darin liegt aber viel Illusion. Ganz einfach, weil wir (wieder ein großes epistemisches Problem) nicht auseinander-halten können, wie hoch denn nun unbewusst in uns ein Bestreben abläuft, uns mit uns selbst fortwährend in Deckung zu halten (Aufrechterhaltung des Identitäts-Gefühls) und wie viel "Luft" ergo noch bleibt für ein bewusstes "Erkennen" - hier für das Erkennen von Eigenarten, durch die man sich selbst auszeichnet.
Nun, deshalb kann ich die Antwort auf die Frage oben
ist das jetzt in irgend einer Form für die Wissenschaft von nutzen?
geben:
NEIN - für die Wissenschaft, die vom Fundament des ontologischen Materialismus ausgehend betrieben wird, GANZ BESTIMMT NICHT!
Auch nicht für die Wissenschaft, die (weiter gefasst) vom Fundament einer Dritten-Person-Perspektive ausgehend betrieben wird und die postuliert, dass Gültigkeit ausschließlich DAS haben kann (oder darf), was aus DIESER PERSPEKTIVE heraus erarbeitet wird.
Ich setze dagegen:
Man kann die Ergebnisse dieser Wissenschaft anerkennen - braucht sich aber dennoch nicht vom Wissenschafts-Glauben indoktrinieren zu lassen.
Lasse sich niemand von Wissenschafts-Gläubigen etwas nehmen, was zwar NUR in ihm selbst ist - was FÜR IHN SELBST aber von höherer Bedeutung sein kann als sämtliche wissenschaftlichen Ergebnisse dieser Welt.
Sollte das (für mich selbst sicher bevorstehende) Chaos unausweichlich sein, so hätte die Wissenschaft einigen wenigen Menschen eine Blüte von 2 bis 3 Jahrhunderten gebracht - und dann den Untergang. Was wäre daran "großartig"?
Endlich:
Unsere Welt HAT nun eben einmal diese
ZWEI Seiten ! Sie kann gesehen, erfahren erforscht und verstanden werden auf einem Weg von außen, der Vielen zugänglich ist.
Sie wird aber IMMER auch von INNEN hoch-individuell und spezifisch erlebt und erfahren vom Erlebenden selbst. Und nur in der Art, wie jeder Einzelne von uns IN SICH diese beiden Perspektiven vereinigt, liegt FÜR IHN PERSÖNLICH Bedeutung und / oder Sinn.