@nemesys Ich halte das Raiffeisensystem ebenfalls für eine gute Sache. Ohne Moos - nichts los. Das galt auch für die in ihrer Existenz bedrohten Schweizer Bauern in den 30er-Jahren. Die etablierten Banken waren ein absolutes Feindziel der Jungbauernbewegung. Raiffeisen bot einen Ausweg. Heute tun alle so, als ob die Jungbauernbewegung nie existiert hätte. Dabei hatten sie sogar im Bundesrat ihre (indirekten) Vertreter: z. B. Alt Bundesrat Eduard von Steiger.
Man muss die Geschehnisse im Kontext der Zeit sehen: Für 1 Liter Milch bekamen die Bauern 18 Rappen, für ein Ei 6 Rappen. Wirtschaftlich ging es ihnen sehr schlecht. Alle schauten nach Deutschland und waren erst einmal sehr beeindruckt vom wirtschaftlichen Aufschwung. Ich empfehle dazu den Bonjour-Bericht: "Geschichte der schweizerischen Neutralität".
Die Zins- und Steuerlast war in dieser Zeit erdrückend. In Deutschland waren durch die Währungsreform nach der Hyperinflation die Höfe praktisch von den Altlasten befreit. Nicht so in der Schweiz, wo Hypotheken von einer Generation auf die andere übertragen wurden.
Man sollte aus der Geschichte lernen. Gerade in Deutschland wird durch das Steuersystem ein ungeheuer starker Druck auf die einstmals tragende Mittelschicht ausgeübt. Ich könnte jedesmal weinen, wenn ich sehe, wie sich meine Schwestern in der Schweiz ein Wochenende lang hinsetzen, um ihre Steuererklärung zu machen. Na ja, mittlerweile ist es auch dort, durch die Einführung der Mehrwertsteuer, komplizierter geworden, aber mit ein bisschen Grips schafft man es noch alleine, ohne Steuerberater. Ich Arme (da tu ich mir selber leid) bin aber auf einen ziemlich kostspieligen Steuerberater angewiesen. Eine saubere Buchhaltung reicht bei weitem nicht aus, sonst linkt man sich selber. Irgendwie kann es doch nicht angehen, dass man für jeden Sch... einen Fachmann braucht! Ganz abgesehen davon, dass selbst die Fachleute mit den ständig wechselnden Steuerparagraphen und den widersprüchlichen Auslegungen seitens der Finanzämter grosse Probleme haben. Deutschland - das Land der Gummiparagraphen?
Einzelne Finanzbeamte haben einen grossen Spielraum, wenn's um die Säumniszuschläge geht. In Berlin wird das von Finanzamt zu Finanzamt unterschiedlich gehandhabt. Ein mir sehr nahe stehender Verwandter arbeitet in dieser Branche. Es ist erstaunlich, dass die Säumniszuschläge je nach Beamten und Finanzämtern für das gleiche Vergehen von € 1000.-- bis sage und schreibe € 27.500,00 variieren können.
Da hilft nur eins: Den richtigen (wenn auch teuren) Steuerberater mit guten Kontakten zum Finanzamt, und der richtige Wohnsitz. Das kundenfreundlichste und humanste Finanzamt in Berlin ist Zehlendorf. Ein Bezirk, wo überwiegend reiche Leute wohnen, während Steglitz für die rigorose Handhabung berüchtigt ist. Für arbeitende Menschen ist es nicht ratsam, in Steglitz zu wohnen und dort seine Steuern zu entrichten, weil ihnen dort weniger geschenkt wird als in anderen Bezirken. Und das alles in einer Stadt!