@allAlso, um die Verwirrungen um die verschiedenen Speedangaben mal aufzuklären:
IAS -> Das ist die Geschwindigkeit, relativ zur Umgebungsluft, die über das Pitotrohr als Druckunterschied zum statischen Druck gemessen wird. Dieser Wert wird beeinflusst durch konstruktive Gegebenheiten der betreffenden Maschine. Das führt uns zur nächsten Angabe:
CAS -> Das ist der Wert von IAS, korrigiert um die durch die konstruktiven Gegebenheiten bedingten Fehler. IAS und CAS sind idealerweise identisch, praktisch sind sie es kaum.
EAS -> Das ist der Wert von CAS, korrigiert um den Fehler, der durch die Kompressibilität der Luft bei höheren Geschwindigkeiten entsteht.
TAS -> Das ist die tatsächliche Geschwindigkeit der Maschine relativ zur Umgebungsluft.
GS -> Das ist die Geschwindigkeit der Maschine relativ zum Boden.
IAS, und damit auch CAS und EAS, liegen mit steigender Flughöhe immer UNTER dem Wert von TAS.
Das heißt, fliege ich in 30000ft mit einer IAS von 400kn, so beträgt meine TAS etwa 640kn.
Fliege ich in 10000ft mit einer IAS von 400kn, so beträgt meine TAS etwa 480kn.
Fliege ich in 1000ft mit einer IAS von 400kn, so beträgt meine TAS etwa 400kn.
Meine tatsächliche Geschwindigkeit (TAS) ist in jeder Flughöhe also anders, aber meine IAS ist stets gleich.
Das bedeutet aber auch, dass das Flugverhalten meiner Maschine sowie die Belastungen, denen sie unterliegt, in allen drei Fällen GLEICH ist.
Was sind das nun für Belastungen und wie entstehen sie?
Belastungen entstehen einmal durch den Staudruck, dem die Maschine mit steigender Geschwindigkeit unterworfen ist. Dies ist zunächst eine lokale Belastung, die auf allen dem Fahrtwind zugewandten Flächen entsteht. Natürlich müssen diese Kräfte in der Struktur aufgefangen werden, sind aber vergleichsweise gering.
Weiter haben wir dynamische Lasten, die aus Richtungsänderungen der Maschine um ihre drei Achsen entstehen (Zentrifugalkräfte). Diese ergeben das ominöse Lastvielfache, von dem hier die Rede war. Dieses tritt hauptsächlich in zwei Varianten auf, einmal das Längslastvielfache, resultierend aus Beschleunigung und Verzögerung (Gasgeben und Bremsen beim Auto) und vor allem als Belastung in Richtung der Hochachse, also senkrecht zur Bewegungsrichtung (analog dem Durchfahren von Bodenwellen beim Auto), Auslöser sind hier vor allem Manöver um die Querachse, also "Ziehen" oder "Drücken", Kurvenflug sowie Turbulenzen.
Durch einen stationären Kurvenflug, wie hier in einem Beitrag erwähnt, können KEINE Belastungen auftreten,die eine Beschädigung der Maschine verursachen. Die G-Belastung im Kurvenflug hängt ausschließlich von der Schräglage ab und ist bei ALLEN Geschwindigkeiten ggleich! Fliege ich also mit meiner Maschine eine Kurve mit einer Schräglage von 60°, so ist die resultierende Belastung 2G, ob nun bei 200km/h oder bei 1000km/h.
Eine höhere Belastung entsteht erst, wenn man zusätzlich am Steuerknüppel zieht, damit haben wir aber gleichzeitig eine Bewegung um die Querachse, also verlässt die Maschine die horizontale Ebene und steigt. Dies ist die Hauptbelastung, die im Luftkampf auftritt, man kann sie bis zur Belastungsgrenze des menschlichen Körpers, also etwa 9G oder mehr, treiben.
Weitere Belastungen entstehen durch Vibrationen, diese können bei zu hohen/niedrigen Geschwindigkeiten durch Strömungsablösungen am Tragflächenprofil oder am Leitwerk entstehen. Sie können sehr tückisch sein und haben in der Anfangsphase der Hochgeschwindigkeitsfliegerei viele Opfer gefordert. Heutzutage beherrscht man sie nahezu völlig und kann sie vor allem relativ genau vorhersagen.
Weiter entstehen im Bereich hoher subsonischer Geschwindigkeiten, also je nach Auslegung der Maschine ab etwa M0,8 Stoßwelleneffekte, die die Stabilität und Steuerbarkeit beeinflussen können. Diese sind heute durch geeignete Profile von Tragflächen und Leitwerken sowie Flächengrundrisse (Pfeilflügel) gut beherrschbar.
Was sagt uns das nun alles?
Nun, mit Bezug auf die hier diskutierten Ereignisse vor allem dies: Lediglich aus einer Überschreitung der vorgegebenen Geschwindigkeiten entsteht KEINE Belastung der Zelle, die deren Versagen verursachen könnte. Ein Versagen könnte nur durch zusätzliche abrupte Manöver provoziert werden, entweder durch Turbulenzen oder durch gewollte Lageänderungen.
Dass hohe Geschwindigkeiten nicht ein Zerbrechen provoziern müssen, beweist nachhaltig der Flug von China Airlines 006, bei dem durch Steuerfehler die B-747 Geschwindigkeiten von M0,99 erreichte. Das maximale Lastvielfache erreichte 5,1G - aber eben auch NICHT in den Momenten höchster Geschwindigkeit.
Abschließend kann ich aucjh noch eine eigene Anekdote beisteuern: Auch während meiner aktiven Zeit auf "richtigen" Maschinen war ich stets begeisterter Segelflieger. Bei einem dieser Flüge kam es durch Fehler der Flugsicherung zu einer Beinahekollision mit einer Mig-27. Mein Segler, ein SCD-30 Pirat, ging durch die Wirbelschleppe der MiG in einen unkontrollierbaren Sturzflug. Etwa 600m tiefer gelang es mir, die Maschine unter Kontrolle zu bringen und abzufangen - die Geschwindigkeit betrug mittlerweile etwa 400km/h, zugelassen ist dieser Typ für 250km/h. Selbstverständlich war das ein Ritt auf Messer's Schneide, ein Quentchen zuviel gezogen und mein armer Pirat hätte sofort die Ohren angelegt - aber trotz der viel zu hohen Fahrt blieb er fast unbeschädigt, weil ich eben beim Abfangen die zulässigen Belastungswerte nicht überschritten habe. Danach war allerdings ein Wechsel der Unterwäsche angeraten, laut Aussage der Kameraden am Platz war die Maschine am tiefsten Punkt des Abfangbogens nur noch etwa 20m hoch...
:Dpaco