Estonia Verschwörung
01.08.2021 um 12:45Chicinho schrieb:Die Zeugenaussagen wurden angeblich von Psychologen zusammengefasst und dann der 1. Untersuchungskommission vorgelegtAh ja danke, hatte das Interview zwar erst neulich schon gesehen, den Teil aber nicht mehr parat. Wobei ich der Frau Rabe auch maximal die Hälfte glaube, von dem was sie in so verschwörerischem Duktus erzählt, als müsse das alles genauso sein.
Ich weiß jetzt nicht ob diese Psycholgen-Filterung noch anderweitig belegt ist, aber viel Sinn macht das ja nicht (wobei da in dem Fall Fr. Rabe nicht unbedingt was dafür kann).
Was muss man denn an dem ermittlungstechnischen Glücksfall eines in einem prägnanten Moment heruntergefallenen und stehengebliebenen Weckers bitte psychologisch irgendwie einordnen? Das kann man evtl. nochmal technisch hinterfragen, aber es passt gut mit anderen zeitl. Beobachtungen zusammen und ist damit stimmig. Genauso kann man sich techn. ansehen bei welcher Schräglage bzw. welchem Impuls Möbel vor die Kabinentür rutschen konnten, aber dass jmd. nicht mehr zur Tür rauskam ohne Möbel wieder wegzurücken ist doch eher kein psychologisches Problem.
Es gibt natürlich einige Unklarheiten. Wie nicht anders zu erwarten, haben einige wahrscheinlich Lechts und Rinks verwechselt (ohne Blick nach draußen auch sehr verständlich). Auch bzgl. der Zeiten haben insbes. viele Schweden natürlich schwedische Zeiten angegeben (-1h). Ist aber kein wirkliches Problem, das entspr. einzuordnen und braucht auch keinen Psychologen.
Problematischer sind die Angaben zum Neigungswinkel bei der plötzlichen starken Schlagseite. Nur wenige Zeugen wollen wahrgenommen haben, dass sich das Schiff danach wieder deutlich aufrichtete. Aber auch die Experts-Group merkt an, dass bei einer anhaltend so großen Schlagseite praktisch niemand mehr nach oben und draußen hätte kommen können. Da stimmt entweder die Wahrnehmung der Schlagseite nicht (evtl. auch weil es teilweise Fliehkräfte durch ein Abdrehen waren), oder viele haben das Wiederaufrichten in der aufkommenden Panik schlicht nicht bemerkt. Das wäre durchaus ein Punkt den man auch Wahrnehmungspsychologisch beleuchten könnte.
OpLibelle schrieb:Im Vergleich zu nicht-extrem Situationen, nur bedingt. Extremesituationen führen zu einem Tunnelblick, aber das Gehirn speichert sehr viel umfänglicher und genauer ab, was geschieht, als wenn es nur so im iist-nix-los Modus ist.Das ist sicher auch ein Aspekt, dass sich Dinge einfach stärker "einbrennen". Allerdings denke ich schon auch, dass sie durch den Tunnelblick weniger plausibilisiert werden. Wenn man meint die Schlagseite sei nach "Backbord" dann ist das für einen so. Das kann aber bei der Bewertung durchaus auch von Vorteil sein. Jedenfalls hören sich die Zeugenaussagen gar nicht so an, als wären sie bewusst oder unbewusst nachträglich in Richtung des angeblich wahrscheinlichsten Szenarios "korrigiert" worden.
OpLibelle schrieb:Ist das so? Ich habe keine Ahnung davon. Fahren solche Schiffe immer völlig durchgetrimmt, oder gibt es da Toleranzgrenzen?Weiß ich auch nicht. Wenn man in einen Sturm fährt, der von links kommen wird ist eine initiale Schlagseite nach Steuerbord aber sicher nicht zielführend - ganz besonders dann wenn man keinerlei Möglichkeiten hat gegenzutrimmen.
Die Angaben dazu sind ziemlich wirr. Einigermaßen gesichert scheint, dass der Backbordtank randvoll war. Irgendwo bei den Experts steht in einem Nebensatz, dass der Steuerbordtank angeblich ("allegedly") leer gewesen sein soll. An anderen Stellen hört sich das wieder anders an. Die Experts vermuten dass entweder der Steuerbordtank selbst oder andere Hohlräume ein Leck nach außen gehabt haben könnten und daher nicht leerzupumpen waren (damit dann loszufahren würde dem ganzen allerdings die Krone aufsetzen).
Wie auch immer - mit 1° Schlagseite in die falsche Richtung loszufahren traue ich denen schon zu, so wie sie mit dem Schiff umgegangen sind und wie sie es offenbar innerhalb der rel. kurzen Zeit, die es als "Estonia" fuhr, immer weiter runtergewirtschaftet haben. Was ich aber nicht glaube, ist dass die das Schiff derartig ungleichmäßig beladen haben, dass sie die Ausgleichstanks maximal ausnutzen mussten und was ich auch nicht glaube ist, dass sie freiwillig mit beidseitig stark gefüllten Tanks (trotz eh schon hoher Beladung) losgefahren sind.
OpLibelle schrieb:Sag das mal denen, die sich schon bis kurz vor das Oberdeck durchgekämpft hatten und noch 5 bis 10 Minuten gebraucht hätten, um aus dem Kahn raus zu kommen. Laut Schätzung hatten die, die raus kamen, immerhin eine Überlebenswahrscheinlichkeit von etwa 40%, die die nicht raus kamen, von 0%.Das müsste eigentlich klar sein. Jede Minute mit weniger Schlagseite, hätte es mehr Passagieren ermöglicht den Außenbereich auf Deck 7 zu erreichen. Jede Minute die sich das Schiff länger über Wasser gehalten hätte (und das hätte es wohl offensichtlich, wenn sich die Schlagseite langsamer verschlimmert hätte) in der also Menschen später ins kalte Wasser gefallen wären und natürlich jede Minute in der die Rettungskräfte früher eingetroffen wären, hätte ganz offensichtlich effektiv Menschenleben gerettet. Davon dass man ja vielleicht sogar noch Rettungsboote ins Wasser hätte bringen können mal ganz abgesehen.