Aldaris schrieb:Die Frage ist, was meinst du genau mit dem Staat? Wie gesagt, die EZB ist ein Organ der europäischen Union und de facto ein Staatsorgan. Aber (!) es besitzt eine gewisse Unabhängigkeit, damit sich der Staat nicht ständig an der Kasse bedienen kann. Die EZB soll das Ziel erfüllen, die Wirtschaft zu stabilisieren und nicht als Schatzmeister fungieren, wenn der Staat danach verlangt. Das wäre auf Dauer völlig ineffizient.
Es gibt da auch noch andere Gründe, die gegen solch ein Modell sprechen würde, aber das führt definitiv zu weit. Da musst du einen Volkswirt fragen, aber keinen Betriebswirt. :D
Wie gesagt das Geld-Drucken mag vom Staat (oder ausgelagert von staatlichen Institutionen) in Umlauf kommen.
Der Staat selbst kommt aber eben nie selbst direkt an das Geld. (Erst recht nicht zinsfrei)
Er leiht es sich gegen Zins von z.B. privaten Banken und nimmt damit Schulden auf. (Geht eine Abhängigkeit ein)
Welche Gründe gegen ein Modell sprechen würden in dem der Staat sich direkt selbst zinsfrei mit Geld versorgt (sofern er sinnvoll handelt) weis ich nicht, weil ich bisher noch keine kenne.
In den wenigen Sekunden in denen ich mir diese Idee erdacht habe sind mir eben nur die enormen Vorteile ins Auge gesprungen die ich aufgezählt habe.
Und der einzige Nachteil der mir überhaupt einfallen könnte (beliebiges Geldrucken => Inflation) kann eben auch verhindert werden.
Aldaris schrieb:Selbst wenn du dem Staat zinslose Darlehen gibst, so veränderst du trotzdem die Geldmenge und treibst die Inflation nach oben. Und Inflation ist eine kritische Größe, die letztlich zum Kollaps führen kann. Die EZB hat mit ihrem Leitzins, den Mindestreserven und den Offenmarktgeschäften sowie den weniger relevanten ständigen Fazilitäten gegenüber den Geschäftsbanken ein relativ stabiles Instrument gefunden, um die Inflationsrate konstant zu halten. Auch als Staat brauchst du Gegenwerte, die du der Zentralbank offerierst (Mindestens Anleihen). Einfach nur Geld drucken führt einfach zu nichts. Und auch für den Geldmarkt gilt: Angebot und Nachfrage sollten in einem langfristigen Gleichgewicht stehen.
Das ist ja das was ich gemeint habe. Die Inflation ist das einzige was mir einfiel (bisher auch das einzige was du als Argument gebracht hast). Diese Inflation tritt aber eben auch so schon auf. (Auch Deflation kann mal auftreten)
Ob die Inflation kommt, weil die Geldmenge durch die EZB erhöht wird oder durch den Staat, sollte egal sein. Wichtig ist nur, wie wird die Inflation gesteuert, also am besten niedrig gehalten. Dies kann wie ich schon erwähnte dadurch geschehen, dass der Staat das Geld wieder einsammelt (Steuern) und vernichtet oder eben wieder ausgibt (anstatt neues Geld zu drucken).
Und Anleihen sind kein Gegenwert, sondern nur ein Kreditvertrag eines Staates mit dem Gläubiger, wobei die Anleihen selbst nur Papier und damit wertlos sind. Das Versprechen des Staates dahinter es zurückzuzahlen, macht es vllt noch werthaltig. (Wie wertvoll dieses Versprechen wirklich ist kann man vllt an Griechenland beurteilen)
Aldaris schrieb:Ehrlich gesagt haben wir in der Euro-Zone gerade eher das (leichte) Problem der Deflation, das heißt, die Preise sinken.
In einigen Ländern mag das so sein. (Keine Ahnung).
Ich lebe momentan nur in Deutschland (gehe manchmal in den Urlaub) und merke eigentlich nur einen stetigen Anstieg aller Kosten (besonders seit dem Euro). Da ich derjenige bin der immer schon einkaufen gegangen bin, kann ich sagen, dass da noch nie was billiger geworden ist.
Das einzige was tendenziell über Jahre billiger geworden ist, sind die Elektroartikel oder andere Artikel gleicher Verhaltensweise, deren Produktion einfach immer günstiger wird. Das hat aber nichts mit Deflation zu tun, sondern mit billiger werdenen Herstellungskosten durch Massenfertigung und Automatisierung.
Aldaris schrieb:Der Staat schafft es aber schon seit Äonen nicht seine Ausgaben durch Steuern zu finanzieren. Wo soll er sich dann Geld holen? Geld drucken geht einfach nicht. Das hat einen zu großen, negativen Effekt auf die Volkswirtschaft. Er muss sich also Geld aus dem Bankensektor leihen, welches über einen gewählten Leitzins an die Geschäftsbanken herausgegeben wurde.
Genau das ist doch eben nur der Fall, wenn das bisherige System angesetzt wird?
In meinem System muss der Staat seinen Haushalt doch garnicht durch Steuern finanzieren, da er sein Geld selbst druckt. Und ob das Geld jetzt eben durch den Staat in Umlauf kommt oder die EZB hat Volkswirtschaftlich den exakt selben Effekt. Es kommt schließlich auf die Menge an und nicht die Instanz die das Geld herausgibt.
Die EZB erhält ihr Geld durch den Zins und die Schuld zurück. (Erzeugt durch den Zins aber auch wieder ein Problem, wenn man das Lederstückebeispiel kennt)
Der Staat könnte zum einen das Geld den privaten Banken auch leihen und so sein Geld zurück erhalten und zum andern noch Geld durch Steuern eintreiben. (Nur um die Geldmenge zu steuern, denn "brauchen" tut es der Staat ja nicht mehr)