Dogmatix schrieb:Nu, die Geplünderten sahen sie nur als die Plünderer
Wenn die Geplünderten die nur als Plünderer erlebten und sie plünderer nannten, so ist das keine Propaganda. Und mit "christlich" hat das auch nichts zu tun.
Dogmatix schrieb:Kannst du mir auch noch sagen, wieviele Wikinger denn da waren, über dem Teich da?
Leider komm ich derzeit nicht an die entsprechenden Bücher ran.
Wikingerzeitliche Kolonisierung erfolgte jedenfalls in drei Phasen.
Phase 1
Nach einer ersten Sichtung (quasi Phase Null) steuerte man das Land gezielt an, um sich mehrere Tage, Wochen oder Monate für eine erste Erkundung dort aufzuhalten, oft mit einer Überwinterung. Die Ersterkunder mußten dabei nicht zwangsläufig die Erstsichter gewesen sein. Die Ersterkundung erfolgte auch nicht gleich bei der Sichtung. Wikinger kannten keine festen Bootscrews; das heißt, für jede geplante Fahrt heuerte man eine Mannschaft an. Wer Land sichtete, war eigentlich wegen etwas anderem los und mußte erst das erledigen, anschließend wollte die Mannschaft heim. Für eine Ersterkundung mußte also erst eine neue Manschaft angeheuert werden, und die Heuer konnte nicht aus dem Gewinn der Fahrt bezahlt werden. Daher verzichteten Erstsichter auch aufs Ersterkunden. Es konnte aber auch passieren, daß eine Erstsichtung bei einer Havarie erfolgte. Ein Sturm treibt ein Schiff vomKurs, es verliert die Segel, nach langer Zeit rettet man sich an zufällig entdeckte Gestade. Dann fallen Erstsichtung und die Ersterkundung ineins, da die Leute dann in der Regel gezwungen sind, so lange dazubleiben, bis die Reparaturen erfolgt sind und der Proviant ergänzt wurde.
In der ersten Phase agieren in der Regel nur die Wikinger einer einzigen Schiffscrew. Neben der Rudermannschaft gab es den Schiffsführer, einen Schiffskoch, einen für den Ausguck und gelegentlich eine gesonderte Wachmannschaft. ImKriegsfall gabs noch einen speziellen Feindausguck, und es fuhren Männer mit, die keine Schiffsarbeit verrichteten, sondern nur fürs Kämpfen da waren. Auch Passagiere konnte es geben, wenn ein bekannter Zielort angesegelt wurde. Die Rudermannschaft wurde oft (immer?) doppelt besetzt. Lassen wir mal Krieger und Passagiere außen vor, dann wird bei einer Wiking nach Vinland trotzdem mit vielleicht 30 Männern auf dem Schiff zu rechnen sein. Bei L'anse aux Meadows wurden drei Hausgrundrisse entdeckt, das paßt zu 30...45 Menschen.
Phase 2
Hat die erste Phase Interesse geweckt, so machen Nordleute sich auf, in dem neuentdeckten Land / auf der neuentdeckten Insel für mehrere Jahre zu siedeln. Drei Jahre zum Beispiel. Als Erik der Rote wegen Totschlags auf Island für drei Jahre geächtet wurde, suchte er sich Menschen zusammen, die ihn für diese Zeit nach Grönland begleiteten, das zu dieser Zeit bereits entdeckt und erkundet war. Eine mehrjährige Siedelung war für die Nordleute der Wikingerzeit nichts Ungewöhnliches. Für Fernhandel ließ man sich auch für eine Weile in der Fremde nieder. Als zweite Phase der Kolonisierung / Besiedelung neuen Landes war dies quasi die Simulation einer dauerhaften Besiedlung.
Für die zweite Phase war die Besatzung eines Schiffes jedenfalls zu wenig. Je länger man sich an fremden Gestaden aufhielt, gar mehrere WInter lang, desto mehr Menschen konnten in dieser Zeit sterben (und das passierte nicht gerade selten fern von jeder Hilfe, wenn vor Ort auch nicht die bekannten Heilkräuter wuchsen). Daher fuhren mehrere Schiffe zur zweiten Phase los, am besten mehr als zwei. Für viel mehr als drei fand man freilich gemeinhin nicht genügend Interessierte, die sich das auch leisten konnten. Auch sind für solch ein Projekt nicht hunderte Menschen vonnöten. Bei der zweiten Phase fuhren auch Angehörige mit, Ehefrauen, Knechte, Kinder. Nicht notwendig aber Angehörige von allen. Für die zweite Phase schätze ich daher mal gut 100, schwerlich 200 Menschen.
Phase 3
Diese Phase fand auf Grönland gerade statt, als eines der (vielleicht zehn?) Schiffe, die nach Grönland für die Dauerbesiedlung unter Eriks führung unterwegs waren, durch ein Unwetter vom Kurs abkam und neues Land im Westen entdeckte. Nachdem dieses Schiff sehr viel später in Brattahlid angekommen war und die Crew von dem Land berichtet hatte, stellte Eriks Sohn Leif eine Crew zur Erkundung bzw. (später) zur zeitweiligen Besiedlung zusammen, um es seinem Vater nachzumachen. Zur dritten Phase kam es aber nicht, die Vinlandbesiedelung hatte kein Glück. Daß Leif Eriksson dennoch den Beinamen Leif der Glückliche trug, hatte einen anderen Grund; er rette einmal einem Mann das Leben.
Für die dritte Phase waren dann mehr als nur drei Sichiffsmannschaften vonnöten. Für eine dauerhafte Population von Selbstversorgern brauchte es deutlich mehr als hundert Menschen. Zwar konnten im Laufe von Jahren und Jahrzehnten immer wieder Neusiedler hinzukommen, doch auch für die ersten Jahre sollten es besser mehr als drei Schiffsmannschaften sein. Man mußte im Notfall ein Schiff in die alte Heimat schicken können, und falls dieses nicht zurückkam, ein zweites, ohne daß die Zurückbleibenden zu wenig waren, das Leben der Gemeinschaft aufrechtzuerhalten. Neben kompletten Familien wurde auch reichlich Hausstand mitgenommen, Vieh und Saatgut.
So, das war aus der Erinnerung. Tut mir leid, daß ich das nicht exakter nachschlagen konnte.