Doch auch vermeintlich "humanere" Tötungsmethoden, wie die letale Injektion (Giftspritze), die in den letzten Jahren verstärkt in den USA bei Hinrichtungen eingesetzt wird, birgt hohe Leidensrisiken für die Verurteilten.
Ich spreche hierbei noch nicht einmal von fehlerhaft dosierten Medikamentenmischungen, die im Laufe der "Hinrichtungsforschung" stets optimiert wurden, sondern von Zwischenfällen, auf die keine Forschung der Welt Einfluss nehmen kann.
Im Jahre 1985 wurde in den USA beim Verurteilten Stephen Morrin die Injektionsnadel mehrfach falsch gesetzt, da es Probleme gab, eine Vene zu finden. Das Gift floss in Arterien und Muskelgewebe, was dazu führte, dass die Injektionsnadel während des Tötungsvorgangs mehrfach neu gesetzt werden musste. Diese qualvolle Prozedur erstreckte sich über einen Zeitraum von 40 Minuten.(1)
Im Jahre 1988 platzte während der Hinrichtung von Raymond Landry ein Injektionsschlauch, was dazu führte, dass nicht die benötigte Menge an Medikamenten in seinen Körper fließen konnte, um ihn zu töten. Der Tötungsvorgang musste daraufhin unterbrochen werden, um Landry einen neuen Venenzugang zu legen. (2)
Ferner kann es bei der Verabreichung des nur kurz wirkenden (5-15 Minuten) Medikaments Thiopental, was Verurteilten in den USA zur Betäubung vor der Injektion des Giftcocktails gespritzt wird, zu einer Unterdosierung kommen, was den Patienten während der Verabreichung des Giftes erwachen lassen kann und ihm dadurch einen schmerzhaften Tod beschert. Wie der Spiegel am 24.04.2007 berichtete, geht aus Hinrichtungsunterlagen hervor, dass bis zu 40% der Verurteilten während ihrer Tötung noch bei Bewusstsein gewesen sein könnten. (3)
Diese Beispiele verdeutlichen, dass selbst bei gängigen Hinrichtungsmethoden, die "humaner" eingestuft werden als beispielsweise die Gaskammer, der elektrische Stuhl oder der Galgen, nicht ausgeschlossen werden kann, dass es zu Unglücksfällen kommt, welche den Verurteilten ungewollt quälen.
Man könnte an dieser Stelle anführen, dass es gerecht sei, wenn ein Verbrecher, der Leid und Elend über ein Opfer und dessen Familie und Freunde gebracht hat, gequält und gefoltert wird,
doch stellt sich dann die Frage, was eine Gesellschaft, die eine solche Quälerei duldet oder legitimiert, moralisch noch vom Täter unterscheidet.
Beide Parteien quälen, beide Parteien foltern; eine davon - die Gesellschaft - im Namen des vermeintlichen Rechts und der vermeintlichen Moral; das ist der einzige Unterschied.
Eine Gesellschaft, die in ihrem moralischen Verhalten jedoch dem Täter überlegen sein möchte, darf nicht den Fehler machen, sich in ihrem Verhalten und ihrer Rechtssprechung auf die Stufe des Täters zu stellen. Sie zeigt ihre Überlegenheit und ihre Vorbildfunktion gegenüber ihrer Bevölkerung darin, dass sie Mittel und Wege findet (lebenslängliche Freiheitsstrafen), Individuen zu richten und zu bestrafen, ohne sie dabei zu quälen und zu foltern.
Literaturverzeichnis:
1. Müller, Frank: Streitfall Todesstrafe. Mit einem Vorwort von amnesty international. 1. Aufl. Düsseldorf: Patmos Verlag 1998. S. 52.
2. Müller, Frank: [vgl. 1]. S. 52.
3.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/gift-hinrichtung-henker-verstehen-ihr-handwerk-nicht-a-479027.html