Doch ist dies wirklich eine Bereicherung für uns? Ich sage NEIN, denn auch das Fernsehen an sich beinhaltet negative Seiten.Zu diesem zu kurz gegriffenen Fazit kommt man, wenn man sich mit dem Thema leider nur oberflächlich beschäftigt. Mein Lieber, du willst über den Nutzen von Fernsehen diskutieren und stellst fest, dass es auch negative Seiten hat?
Herzlichen Glückwunsch, damit hast du den ersten Schritt einer halbwegs ordentlichen Betrachtung erfolgreich gemeistert. Da du aber in allen Punkten irrst, bist du leider noch nicht viel mehr darüber hinaus.
Zu deinem sehr flachen Argument, Fernsehen eliminiert die Kommunikation: Es ist schlicht eine
Fehlbehauptung, wie die
http://www.mpfs.de/fileadmin/FIM/FIM2011.pdf (Familie, Interaktion & Medien), erstmalig näher untersuchte. Dabei kam heraus: Gemeinsames Fernsehen (71%, Eltern & Kinder) und die Gespräche über dessen Inhalte (58%) sind weiterhin unangefochten die dominierenden Beschäftigungen innerhalb Deutschlands Familien. Fernsehen führt zusammen, Fernsehen animiert zu Gesprächen. Deine Meinungen zu sozialer Verarmung und sterbender Kommunikation ballern soweit ins Leere, dass ich fast den Feldstecher zücken möchte. Familien nutzen es um zusammen zu kommen und auch sonst bietet das TV als gemeinschaftlicher Faktor genug Nutzen. Fernsehen mit Freunden, Sportübertragungen, Eventschaltungen usw.
Weiterhin hast du die sogenannte Fernseherziehung erwähnt: Eltern, die also ihre Kids vor der Glotze parken. Zunächst, das muss nicht grundsätzlich verkehrt sein, wenn sie sich über ein begrenztes Limit im Klaren sind, abhängig vom Alter. Den Kindern also feste Fernsehfristen gesetzt werden (so verhält es sich übrigens mit allen Medien, ob Konsole, Web & sonstwas). Falls dies aber ausufert, Eltern Fernsehen als Ersatzaufzucht missbrauchen und damit die Erziehung ihrer Sprösslinge nicht fördern, handelt es sich um ein entscheidendes Versäumnis. Selbst dir dürfte klar sein, wer an dieser Stelle versagt, es ist nicht das Fernsehen.
Ich finde übrigens deine Schelte zum aktuellen Programm amüsant. Vorweg, ehe der Ausflug ins Reich der beschissenen Sendungen losgeht, ein Merksatz: Was ist, wenn nicht schlechtes Fernsehen verblödet, sondern der Blöde einfach gerne auf schlechtes Fernsehen zurückgreift?
Zur Definition, was nun genau schlechtes Fernsehen ausmacht, können wir uns noch später an gleicher Stelle intensiv auskuscheln. Fakt ist, dass selbst Jugendliche überwiegend wissen, warum Scripted Reality - ob Familien am Brennpunkt oder Berlin/Tag&Nacht - Fakefernsehen darstellt. Dies beweist eine weitere Studie namens
JIM (Archiv-Version vom 14.03.2013) (Jugend, Information, Multimedia - Schwester der o.g. FIM). Diese Erhebung zeigt klar, dass die Mehrheit der 12-19 Jährigen solches Material als das entlarvt, was es ist: Schlechtes Schauspiel - aber unterhaltsam. An dieser Stelle wäre auch folgendes von Interesse: Je geringer der Bildungsabschluss, desto eher glaubt man an den Wahrheitsgehalt von SR. Daher, erzieht eure Kinder.
Im Moment ist mir nicht so klar, was du mit dem 'gesundheitlichen Aspekt' bezweckst. Was kann das Fernsehen dafür, wenn jemand zu blöd ist, um sich auf der Couch zu fläzen? Ernsthaft, gerade Haltungsschäden treten sehr häufig in Büroumgebungen auf, wenn Menschen berufsbedingt vor Computer sitzen. Gerade im kaufmännischen Umfeld, wo man sein Dasein oft stundenlang am Bildschirm fristet, sind Beschwerden an Hüfte, Rücken, Nacken, Hals (uvm.) eine Seuche. Das Fernsehen bietet diesen armen, geschundenen Seelen wenigstens die Möglichkeit, abends auf dem Canapé alle Viere von sich zu strecken. Nochmal ernsthaft: Ich weiss nicht, ob du beim TV gucken auf einem Nagelbrett hockst, aber meine Wenigkeit inkl. Bekanntenkreis gestalten den Fernsehkonsum gemütlich, also fernab von angespannter Haltung und dergleichen. Auch wenns nicht repräsentativ ist.
Selbiges gilt übrigens für den Bewegungsmangel und die ungesunde Ernährung. Letzteres stopfen wir uns auch beim zocken, beim surfen, beim lesen von Buch & Zeitung rein. Viel Bewegung wäre dabei bekanntlich auch nicht im Spiel. An dieser Stelle ist es einfach viel zu kleinlich gedacht, Fernsehen als Alleinschuldigen auszumachen. Achja, wäre noch dein Licht. Das Hormonhaushaltstörerdepressions-licht. Preisfrage: Dein Monitor leuchtet wohl hormonhaushaltstörerdepressionslichtfrei?
Nachdem wir die vorangegangenen und ziemlich bescheidenen Argumente durchgeackert haben, hoffe ich inständig, dass von dir noch bedeutend mehr kommt. Immerhin diskutieren wir darüber, ob das Fernsehen die Allgemeinheit bereichert und nicht, wie sich menschliches Fehlverhalten in Kombination mit Medien auswirkt.
Das Fernsehen bietet uns seit Jahrzehnten eine Vielfalt an Informationen, Unterhaltung und Aktualität. Es war und bleibt weiterhin das Leitmedium, wenn wir erschüttert zusammenrücken (9/11, diverse Amokläufe, Katastrophen), von Begeisterung erfüllt werden (Mondlandung, Mauerfall, Siege der Lieblingsmannschaft) oder traurig das Zeitgeschehen mitverfolgen (prominente Todesfälle und deren Beisetzung, Ausschreitungen, Kriege) - um mal vereinzelte Beispiele zu nennen.
Das Fernsehen wird in Zukunft nicht verschwinden und auch nicht vom Internet verdrängt werden. Beide Medien werden sich ergänzen, aktuell nennt man dies noch
Second Screen, langfristig gesehen läuft es auf eine Verschmelzung hinaus.
Bei all diesen Zahlen und Tendenzen sei Kritikern und insbesondere dir gesagt, dass das Fernsehen weiterhin nicht nur einen festen Platz in unserer Gesellschaft hat, sondern diesen auch positiv auszufüllen weiss.
Wenn du über die negativen Aspekte des Fernsehens fabulieren möchtest (und wir wissen alle, wohin da bald die Reise gehen wird, in Richtung Manipulation, schlechte Inhalte, vielleicht Zensur oder sogar Verblödung) dann benötigst du schleunige Aufklärung: Die droht dir bei allen Medien, immer wenn Menschen Inhalte für andere Menschen gestalten. Wäre es nicht so, könntest du dir getrost deine tägliche Portion Politikwissen bei PI-News abholen.
Sind deswegen Fernsehen oder andere Medien ohne Bereicherung für uns? Keinesfalls - daher schraub lieber noch ein wenig an deinem Standpunkt.