wolf359 schrieb:Neuere Studien zeigen nun aber, das eine Atmosphäre oder ein Ozean hier für einen Ausgleich sorgen können
Globale Luftzirkulationen und Meeresströmungen, die hemisphärenweit Dutzende von Grad Temperaturdifferenz ausgleichen - angetrieben durch welche Corioliskraft?
Würde die Erde gebunden rotieren, müßte die Luft am Äquator 1667km/h schnell wehen, um in 24 Stunden einmal die Erde zu umrunden. Für ne Viertel-Wegstrecke wären es noch immer sechs Stunden. Bei einem Zehntel dieser Windgeschwindigkeit, bei 167kmh, könnte sich nichts und niemand mehr auf den Beinen halten, aber eine Viertel-Erdumrundung dauerte dann schon sechzig Stunden. Wie viele Grad Temperaturausgleich sollen in einer Zone von je 45 Breitengrade beiderseits der Dämmerungszone mit so einem lahmen Wind ermöglicht werden? Der sonnennahe Merkur hat auf seinen beiden Hemisphären einen Temperaturunterschied von 600 Grad! Der Erdmond noch immer stolze 215. Dünnere Atmosphären können zwar höhere Windgeschwindigkeiten erreichen und dabei niemanden von den Füßen hauen, die können dann aber auch entsprechend noch weniger für Temperaturausgleich sorgen.
Na und die Meere? Meeresströmungen haben Geschwindigkeiten von bis 60km/d, an günstigen Stellen sogar bis über 200km/d, doch nie über längere Strecken. Wie stark Meere die Temperaturen von Landmassen beeinflussen können, sieht man gut am Golfstrom. Der umfließt mit seinen letzten Ausläufern noch ganz Skandinavien und die Kolahalbinsel und läßt den Eismeerhafen Murmansk selbst im Winter eisfrei sein. Beeindruckend - wenn man das mal mit gleichen Breitengraden in Nordamerika und Grönland abgleicht. Die Grenze zwischen den USA und Kanada verläuft auf der Höhe, wo hier in Deutschland die Donau ihren nördlichsten Punkt erreicht. New York mit seinen kalten Wintern liegt auf der Höhe von Neapel. Die skandinavischen Hauptstädte Oslo, Stockholm und Helsinki sowie Tallinn und Sankt Petersburg liegen auf der Höhe der Südspitze Grönlands, auf dem nordamerikanischen Kontinent fangen hier die nördlichen Territorien Kanadas sowie Alaska an. Wo diese wieder im Norden aufhören und die nordkanadische Eismeer-Inselwelt beginnt, wachsen auf den norwegischen Lofoten Obstbäume und Erdbeerplantagen. Beeindruckend, wahrlich! - Aber das sind allenfalls zehn Grad Unterschied im Jahresmittel. Bei einem Planeten mit wenigstens deutlich über 100 Grad Temperaturunterschied auf den Hemisphären (schon auf der Erde mit seiner "Ganzkörper"-Sonnenbestrahlung liegen zwischen dem tropischen Jahresmittel 25°C und dem antarktischen Jahresmittel -55°C bereits 80 Grad Temperaturdifferenz; Tagesmittel und Nachtmittel unterscheiden sich da locker um 100grd) sieht es doch so aus, daß auf der einen Seite flüssiges Wasser möglich ist und auf der anderen Seite entweder nur gefrorenes Wasser oder nur Wasserdampf. Wie sollen Meeresströmungen denn da bittschön die Hemisphäre wechseln? Und dann auch noch in dem Umfang (sprich Tempo und Menge), daß mehr als nur 10 Grad Temperaturaustausch möglich ist.
Ich sehe ehrlich keine Chance dafür, daß Meere und Winde die Temperaturdifferenzen der beiden Hemisphären eines Planeten in gebundener Rotation nennenswert auszugleichen imstande wären. Wenn es auf der sonnenbeschienenen Seite flüssiges Wasser gibt, dannz.B. so, daß es im "äquatorialen Zentrum" kocht, und am Hemisphärenrand gefriert; und irgendwo dazwischen gibts ne breite Ringzone moderaten Klimas. Und auf der Rückseite herrschen Temperaturen um -100°C. Oder in der Mitte isses Moderat, der Rest der sonnenbeschienenen Seite ist frostig und die Rückseite arschkalt. Oder die kochende Mitte ist breit, der Hemisphärenrand moderat und die Nachtseite wenigstens antarktisch. Wie großflächig solch ein moderater Ring ist, keine Ahnung. Vielleicht groß genug, daß dort Leben entstehen und gedeihen und sich vielfältig entfalten kann. Vielleicht ist diese Zone aber auch zu schmal. Und da Rote Zwerge auch Schwankungen unterworfen sind, könnten die Klimaschwankungen auf so einem Planeten zu groß sein, als daß sich hier höheres, gar intelligentes Leben entwickeln könnte.
Aber ein wohltemperierter Planet gebundener Rotation, das halte ich für ausgeschlossen. Wie man schon am Mond sieht, der sich nur knapp alle vier Wochen einmal um sich selbst dreht, von der Sonne aus gesehen, und dem Merkur, der anderthalb Sonnenumrundungen dafür braucht, ist es auf der Merkurrückseite trotz der größeren Sonnennähe schon mal 100grd kälter als auf dem immer noch langsam rotierenden und auch kleineren Mond.