@chen Bisher können wir uns nur an gewisse Wahrscheinlichkeiten halten. Diese errrechnen sich aus der ungeheuren Anzahl der Planeten im Universum. Rein Wahrscheinlichkeitstheoretisch ist die Wahrscheinlichkeit von Leben im Restuniversum mit 1 anzusetzen.
Prof. Dr. Ulrich Walter
Lehrstuhl für Raumfahrttechnik
TU München, Garching
© 2004
Hintergrund des Briefes ist die erstaunliche Tatsache, dass verschiedene Autoren zu so unterschiedlichen Ergebnissen in der Beurteilung von der Existenz Ausserirdischer kommen. So glauben U. Walter in seinem Buch „Zivilisationen im All“ und „Außerirdische und Astronauten“ und P.D. Brown & D. Brownlee in ihrem Buch „Rare Earth – Why Complex Life is Uncommon in the Universe“, dass ausserirdische Zivilisationen sehr unwahrscheinlich sind, während andere Authoren wie etwa A.D. Aczel in „Probability 1 – Warum es intelligentes Leben im All geben muss“ von deren Existenz überzeugt sind.
Hallo Herr Vaas,
Ich habe gerade auch Ihren Artikel durchgelesen. Mein Kompliment, man merkt, sie kennen sich in diesem Thema bestens aus und zeigen einmal mehr Kompetenz.
Hier noch ein Kommentar zu Aczels Ergebnis "Wahrscheinlichkeit für mindestens ein ausserirdisches Leben in unserer Milchstrasse = 1", das scheinbar dem von Ward, Brownlee und mir widerspricht. Zunächst, die Drakegleichung und der Pascal/Fermat Ansatz, den Aczel proklamiert, sind lediglich zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Drakegleichung fragt nach der Anzahl N der Zivilisationen im All. Aczel hingegen berechnet in seinem Buch "Probability 1" die Wahrscheinlichkeit P, dass MINDESTENS EINE ETI unter R heutigen Sternen existiert. Diese beiden Grössen hängen mathematisch folgendermassen miteinander zusammen: . Für N>>1 ergibt sich daraus näherungsweise: und für N<<1: . (Ich verstehe nicht, warum Aczel diese Beziehung verschweigt und so tut, als wäre sein P die Wahrheit und die Drakegleichung falsch. So gesehen ist Aczel's Buch eine Mogelpackung. Er benutzt bekannte Zahlen, und alles, was er tut, ist sie mathematisch etwas anders zu verpacken.) Wenn man sich nun fragt, wie Aczel auf P=1 kommt, während Ward, Brownlee und ich explizit P=0 vermuten (Genau genommen sage ich: "Nicht mehr als eine Handvoll", was statistisch eher P=0 als P=1 entspricht), der muss bei Aczel schon genau nachlesen. Aczel fragt nach Intelligenzen im GESAMTEN UNIVERSUM. Er beziffert die Gesamtzahl der Sterne im Universum auf 3x1022 (was für das von uns beobachtbare Universum stimmt. Rechnen tut er in seiner Formel auf S. 210 aber mit 3x1025- ein grober Schnitzer, der jedoch seinem Ergebnis keinen Abbruch tut.). Diese ungeheuere Menge erschlägt so ziemlich jede Unwahrscheinlichkeit für Leben, die er mit 5x10-14 annimmt und akzeptierbar ist. Daher ist die Wahrscheinlichkeit für ETIs im Universum praktisch gleich 1 (auch ich sage das explizit in meinem Buch auf Seite 133), und ich kenne kaum einen ETI-Spezialisten, der das abstreiten würde. Der Punkt ist aber der: In der Literatur bezieht man sich im Allgemeinen auf die Milchstraße (ohne dass dies immer ausdrücklich erwähnt wird) und unter dieser Voraussetzung landet auch Aczel mit seiner Formel bei P=0. Der scheinbare Widerspruch löst sich also auf, wenn man bedenkt, dass Aczel sich auf das gesamte Universum bezieht, während man sich im Allgemeinen auf die Milchstrasse bezieht.
Fazit: Alle genannten Autoren sind sich einig:
1. Es gibt in unserer Milchstraße wahrscheinlich keine außerirdische Intelligenz. Wenn es sie in großer Zahl gäbe, würden wir das mit SETI erfahren und, so mein Buch, wir würden sie sogar irgendwann einmal treffen, wir würden es also irgendwann einmal definitiv wissen.
2. Im gesamten Universum gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit außerirdische Intelligenzen. Aber wir werden nie (ich betone NIE) davon erfahren oder sie treffen und es daher NIE genau wissen.
Übrigens, der Grund warum sich Wissenschaftler bei der ETI-Frage lieber auf die Milchstraße, statt auf das gesamte Universum, beziehen ist, weil wir bis vor kurzen nicht wussten, wie groß das Universum ist. Ist das Universum flach wie wir seit kurzem glauben zu wissen, dann ist das Universum unendlich groß. Darin gäbe es wahrscheinlich unendlich viele Sterne und das wiederum bedeutet, es gäbe nicht nur unendlich viele Intelligenzen im Universum, sondern - so will es die gnadenlose Logik - unendlich viele Planeten, absolut identisch zur Erde, unendlich viele Wesen identisch zu Aczel, Hawking und zu jedem Erdenbürger, und diese Wesen würden genau das tun was wir Erdlinge gerade tun. Mehr noch, alles, was denkbar wäre und nicht gegen die physikalischen Gesetze verstöße, würde es wirklich geben. Diese schier unfassbare Realität würde die einfache Aussage, es gibt viele außerirdische Intelligenzen, in eine ganz andere logische Dimension heben.
Beste Grüsse
Ulrich Walter
Das hatte ich einmal in einem anderen Thread gepostet.
Das sind aber mehr mathematische Überlegungen. Ich denke viel hängst davon ab, was sich in den nächsten zwanzig Jahren entwickeln wird. Sollten wir wirklich eine Lebensform auf Titan verifizieren,wäre das schon ein wahnsinn. Auch wenn es möglich ist ,Biosignaturen in Athmospären zu identifizieren, sind wir ein Stück weiter. Dann können wir wenigstens die Wahrscheinlichkeit für niedere Lebensformen genauer abschätzen.
Wahrscheinlichkeiten für intelligentes Leben können wir erst dann abschätzen, wenn wir eine solche Lebensform entdeckt hätte, im Augenblick steht dem die immense Grösse des Universums entgegen.
Insofern ist die ganze Diskussion sehr hypothetisch und weltanschaulich ideologisch eingefärbt. Oder anders: Abwarten und Tee trinken