@2Elai2Elai schrieb:Magst Du mir das noch klarer erklären? Von welcher (klaren) Quelle sprichst Du?
Es wäre schön, wenn ich sowohl diese klare Quelle als auch den Sinn dieses Satzes begreifen könnte.
Vielleicht macht es eine Analogie für dich deutlicher:
Jede Abhängigkeit ist eine Beziehung.
Es gibt eine Beziehung zwischen einem Haus und seinem Architekten. Alle Häuser sind abhängig vom Vorhandensein eines Architekten, der es entwirft. Die Quelle jedes gebauten Hauses ist sein Architekt. Aber ein Architekt ist nicht abhängig von Häusern.
Es gibt eine Beziehung zwischen Aufmerksamkeit und etwas konkret Bewussten. Alles Bewusste ist abhängig vom Vorhandensein von Aufmerksamkeit. Die Quelle alles Bewussten ist Aufmerksamkeit. Aber Aufmerksamkeit ist nicht abhängig von etwas konkret Bewusstem.
Aufmerksamkeit ist. Wohingehen etwas konkret Bewusstes einem Werden und Vergehen unterliegt, weil es nur einen bestimmten Zweck erfüllt.
2Elai schrieb:Du beschreibst die "höchste" Stufe und deren SINN der Aufmerksamkeit. Jamjam :)
Da gibt´s wieder was klarzustellen und zu lernen!
Ein Erklärungsversuch:
Aufmerksamkeit ist die qualitativ höchst mögliche, geistige Fähigkeit, die es gibt.
Es gibt deswegen keine sonst wie gearteten, höher wertigeren Fähigkeiten, weil auch diese grundsätzlich Aufmerksamkeit bedürften, um überhaupt bemerkt werden zu können.
Jede Art von Wahrnehmung, Kognition oder sonstigen geistigen Prozessen sind bestimmte Ausprägungsformen von Aufmerksamkeit und damit eine ihrer Folgen und daher keineswegs ihre Quelle. Konkreter gesagt: Um Sinneswahrnehmungen überhaupt erfahren zu können oder eine kognitive Fähigkeit wie der des sich Erinnerns ausüben zu können, oder um sich etwas vorstellen zu können, bedarf es in jedem Fall Aufmerksamkeit.
Deswegen ist Aufmerksamkeit nicht als eine Variante von geistigen Fähigkeiten zu verstehen, sondern als ihre Quelle.
Auch ist Aufmerksamkeit nicht zu verstehen als Bewusstwerdung oder Bewusstheit oder Bewusstsein, weil jeder Bewusstwerdungsakt der Unterscheidung zu etwas anderem bedarf, damit es zu einer bestimmten konkreten Bewusstwerdung kommen kann.
Wenn man von etwas Bewusstem spricht, dann meint man damit immer etwas ganz Konkretes, etwas, das sich von etwas anderem unterscheidet. Bewusstsein benötigt immer einen konkreten Bezug zu etwas ganz Bestimmten. Ich bin mir bewusst, dass ich einen Apfel sehe. Der Apfel ist ein bewusster Ausdruck, oder, der Apfel ist ein Bewusstseinsinhalt. Er ist keinesfalls eine Banane und auch keine Betonmauer, sondern etwas ganz Konkretes, dass sich von einer Banane und einer Betonmauer oder etwas anderem unterscheidet. Auch ein bestimmter Gedanke, eine Erinnerung oder eine Vorstellung ist etwas ganz Konkretes. Die Vorstellung eines Apfels ist etwas anderes als die Sinneswahrnehmung eines Apfel, und die Vorstellung einer Betonmauer ist etwas anderes als das sinnliche Erfahren einer Betonmauer. Jedoch sind auch Vorstellungen etwas ganz konkret Bewusstes, sie sind ebenfalls ein Bewusstseinsinhalt.
Die Fomulierung "Inhalt" ist jedoch nicht so zu verstehen, dass Bewusstsein als eine Art Behältnis verstanden werden muss, in dem sich bestimmte Inhalte befinden. Sondern ein Apfel ist bereits ein konkreter Bewusstseinsinhalt, ebenso wie eine Betonmauer, oder wie die Vorstellung der nächsten Urlaubsplanung, oder wie die Erinnerung an die Schulzeit oder etwas anderes. All das sind konkrete ganz bewusste Eigenständigkeiten, die keine zusätzliche Umrandung benötigen, so dass man sie als den Inhalt von etwas bezeichnen könnte. Daher ist es falsch zu sagen, dass sich ein Apfel "im" Bewusstsein befindet, sondern richtiger, dass es ihn nur "als" diesen ganz konkreten Bewusstseinsausdruck gibt. Eine Betonmauer oder ein Apfel oder die Vorstellung eines Apfels, etc. gibt es nur als bewussten Ausdruck, weil sie auf keine andere Weise bemerkt werden können.
Die Tatsache, dass wir Bewusstsein als Behältnis für unsere Erinnerungen, Vorstellungen, Überzeugungen, Sinneswahrnehmungen und kognitiven Denkprozesse bezeichen, und dabei das Bewusstsein gerne noch unterteilen in ein Unterbewusstsein, resultiert allein aus einem Effekt. Und zwar dem, weil wir Aufmerksamkeit immer nur in der Qualität eines verdichteten Fokus ausüben können. Das heißt: Wir bemerken immer nur das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, oder anders gesagt, was sich vor den Öffnung des Fokus befindet. Um das zu besser zu verstehen, ist es hilfreich, wenn man sich den Aufmerksamkeitsfokus wie den Blick durch ein Fernrohr vorstellt. Man sieht immer nur das, worauf man das Fernrohr richtet. Das ist die Erklärung dafür, warum man niemals sämtliche Gedanken und Erinnerungen gleichzeitig bemerkt, sondern immer nur bestimmte, obwohl sämtliche Erinnerungen vollkommen gleichberechtigt vorhanden sind. Es ist der Fokus, der eine Reihenfolge zwangsläufig entstehen läßt. Durch das Bewegen des Fokus entsteht diese Reihenfolge welche eine Kontinuität erzeugt, die wir Zeit nennen.
Aufmerksamkeit ist jedoch kein bewusster Ausdruck in Form eines Apfels. Aufmerksamkeit ist daher KEIN Bewusstsein, ebensowenig wie ein Haus nicht dasselbe wie der Architekt ist. Sondern sie ist die erschaffende Instanz aller bewusster Ausdrücke. Ich bin die Aufmerksamkeit, und der Apfel ist der bewusste Ausdruck, was mich ohne den geringsten Zweifel erkenne läßt: "Ich bin deswegen kein Apfel, weil ich ihn beobachten kannst".
Und ich bin deswegen kein einziger meiner Bewusstseinsinhalte, weil ich sie grundsätzlich alle beobachten kann. Alles, was ich beobachten kann, kann unmöglich Ich sein.
Alle bewussten Ausdrücke gibt es nur deswegen, weil sie einen bestimmten Zweck erfüllen. Der Zweck aller bewusster Ausdrücke ist Kommunikation. Ohne jegliche Ausnahme. Sobald der Zweck erfüllt wurde, verschwindet der bewusste Ausdruck. Der Apfel löst sich auf. Die Betonmauer löst sich auf. Ein Diamant löst sich auf. Die Erde löst sich auf. Die Sonne löst sich auf, die Galaxie löst sich auf, etc. etc. etc., sobald ihr jeweiliger Zweck erfüllt ist.
Was sich niemals auflöst, ist Aufmerksamkeit, da sie kein Bewusstseinsinhalt ist.
Ich hoffe, mit diesen kurzen Ausführungen den sehr deutlichen Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Bewusstsein, verstanden als die Summe aller bewusster AUsdrücke,. etwas klarer aufgezeigt zu haben.