@tumwer perttivalkonen schrieb:
Wir teilen sogar die Winkelgrade in 60 Minuten und diese in je 60 Sekunden.
In der Tat. Ich finde das bemerkenswert. Wo kommt das her? Wussten die Erfinder dieser Einteilung, dass Winkel(-Geschwindigkeiten) mit Zeit korrelieren, sprich die Erde sich dreht oder ist das Zufall?
Im Mittelalter, als man anfing, eine allgemeine Stundenunterteilung zu schaffen, gab es verschiedene Vorschläge. Das System der sechzig Minuten tauchte da erstmals auf und setzte sich schließlich durch; zuvor gab es aber andere Versuche. Bald darauf kam auch die Unterteilung der Minute in die Sekunde.
Entlehnt wurde das System aus der Geometrie. Bereits die Griechen unterteilten den 360°-Vollkreis in erste und zweite Verkleinerungen zu je 60 Einheiten. Geminos von Rhodos tat dies erstmalig und berief sich dabei ausdrücklich auf die Babylonier, die das schon so getan hätten. Nur hatten die das gar nicht getan. Vielmehr hatten sie den 360-Grad-Vollkreis und benannten Kleineres als den Grad schlicht wie wir heute auch durch Angabe von Ziffern hinderm Komma. Da die Babylonier aber das Hexagesimalsystem verwendeten, war natürlich jede Stelle ein Sechzigstel der vorherigen Stelle. Doch erst die Griechen gaben der ersten und zweiten "Kommastelle" eine eigene Bezeichnung: prôton lepton hexêkoston und deuteron lepton hexêkoston; erste Sechziger-Verkleinerung und zweite Sechziger-Verkleinerung, kurz erste und zweite Verkleinerung, prôton kai deuteron lepton.
Die Zeit wurde so aber noch nicht eingeteilt, das kam wie gesagt erst im Mittelalter auf, und anfangs nahm man andere Unterteilungen. Doch in Anlehnung an die Bogengradunterteilungen setzte sich schließlich die Sechzigerunterteilung auch der Zeit durch. Bezeichnet wurden die neuen Stundenunterteilungen nach den Bogengradunterteilungen des Geminos, aber auf Spätlatein: pars minuta und pars minuta secunda, also kleinerer Teil und folgender kleinerer Teil (vgl. Minus-vermindert und Sequenz-Folge).
Die Sumerer hatten schon das Sexagesimalsystem, und die Babylonier hatten es übernommen. Unter den Babyloniern wurde das Längenmaß Danna (3600 Ellen, irgendwas über 10km) auch als Zeiteinheit verwendet, eben als die Zeit, die es braucht, einen Danna Wegs zu Fuß zurückzulegen, was ungefähr zwei Stunden entspricht. Mit anderen Worten, die Babylonier unterteilten den Tag in zwölf Danna ein, weswegen Danna in der Übersetzung oft auch "Doppelstunde" genannt wird.
Die Übertragung der Bogengradunterteilung Minute und Sekunde auf die Zeit hängt garantiert nicht mit der Erdrotation zusammen. Wenn, dann hätte man die Rotation der Ekliptik genommen. Da aber der 24-Stunden-Tag nicht mit dem 360°Kreis koreliert, wäre eine erste Unterteilung unserer Stunde in 15 Teile sinnig gewesen, um auf 360 dieser Teile zu kommen. Dann Minute und evtl. noch Sekunde, und die Korelation wäre perfekt.
@Bekannter Bekannter schrieb:Ja, aber die Ägypter haben alles mit 12 gerechnet
Die haben mit der 10 gerechnet.
@kuno7 kuno7 schrieb:Du kennst dich mit der Materie doch ganz gut aus, kannst du uns aufklären, ob die Ägypter das Sexagesimalsystem von den Sumerern hatten oder ob sie nur zufällig das gleiche System benutzten?
Die Ägypter haben dezimal gerechnet.
Die Zwölf ist in vielen Kulturen von Belang, sicherlich auch wegen ihrer Teilbarkeit, aber das ist ein anderes Thema. Das Sechzigersystem der Sumerer und Nachfolger dürfte aus dem Zwölfersystem heraus entstanden sein.
Das 24-Stunden-System verdanken wir jedenfalls den Ägyptern, nicht den Mesopotamiern. Die haben das Jahr in Dekane eingeteilt, also in zehntägige Wochen. Sie erhielten 360 Dekane und nahmen noch ein paar Schalttage hinzu, um das stellare Jahr voll zu bekommen. Ein Monat bestand aus drei Dekanen. So ergaben sich zwölf Monate. Auch der Tag wurde in zwölf Zeiteinheiten geteilt. Allerdings nicht der 24-Stundentag, sondern der Lichttag, also die Zeit von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Die Nacht, von Abenddämmerung bis Morgendämmerung wurde ebenfalls in zwölf Stunden unterteilt. Dabei hatten die Stunden unterschiedliche Längen, eben weil Tag und Nacht zumeist unterschiedlich lang sind und auch die Tage und damit auch Nächte untereinander unterschiedlich lang währen. Spätere Vereinheitlichungen der Stundendauer sind irrelevant, in alten Zeiten gab es keine einheitliche Stundendauer bei den Ägyptern. Die Stunde "diente den Göttern", nicht der Feststellung der Mittagspause.
kuno7 schrieb:Vielleicht könnte mir auch einer der hier Mitlesenden mal einen Tipp geben, ob das an meiner Schreibe liegt, oder an deiner Fähigkeit Texte zu verstehen.
Ich sehe mehr den Zusammenhang, daß der selbe Logikmangel, PHKs Thesenfiasko zu erkennen, ebenfalls für das Nichtverstehen von Texten normaler Logik führt.
Pertti