... für provisorische Schriftsteller.
30.12.2009 um 02:30Da es ja zahlreiche Themen für Gedichte gab und gibt, habe ich mir mal gedacht, dass einer für Prosa auch mal nicht schlecht wäre. Kurzgeschichten, Erzählungen, Monologe, Reden, egal was - es passt hier rein, wenn ihr es veröffentlichen wollt.
Ich fange mal mit einer kleinen Kurzgeschichte meinerseits an, die ich eben verfasst habe.
Diskussionen über das Geschriebene sind erwünscht.
Die Thematik ist mir zu schade für den Unterhaltungsbereich, ich hoffe, die Moderation sieht das genauso.
Dieses Werk trägt den Titel Der Schütze, Interpretationen bleiben jedem selbst überlassen.
______________________________________________________________________
Das kalte, nasse Gras fühlt sich unangenehm auf seinem Gesicht an. Er hatte sich dort erst vor einigen Augenblicken hingelegt, um das Tal, das etwas weniger als einen halben Kilometer südlich von ihm lag, besser beobachten zu können. Er spürte das gewohnte Gefühl eines Zielfernrohrs, dass wenige Millimeter von seinem Auge entfernt war. Graue, zerrissene Wolken hingen über ihm und warfen Schatten auf sein Ziel. Dennoch entging ihm der Mann nicht, der über das auf dem Boden verteilte Laub schritt und an einer laublosen Birke stehen blieb. Er atmete durch. Das Fadenkreuz bewegte sich gemächlich in Richtung des Mannes, der schlicht und unauffällig gekleidet war. Ein kalter Wind wehte von Osten und ließ den Schützen zittern. Er war falsch gekleidet für diese Art von Wetter. Der Herbst war in diesem Jahr aber auch sehr früh gekommen. Gerade vor einigen Tagen hatte das Laub angefangen, von den Blättern zu sinken und den Tod des Sommers endgültig besiegelt. In dieser desolaten, surrealen Atmosphäre, die von einem erdrückenden, bleifarbenen Grau geprägt war, wirkte der nervöse, ungeduldig um sich blickende Mann, der an der beinahe toten Birke lehnte, deplatziert. In noch krasserem Gegensatz zu der desperaten, naturbelassenen Landschaft stand der Lastwagen, der langsam in seine Richtung fuhr. Als der Lastwagen nahe der Birke stehen blieb, kroch der Schütze ein paar Meter weiter. Er wollte nicht gesehen werden. Der Mann, der auf den Lastwagen gewartet hatte, umrundete ihn und öffnete die hintere Abdeckung. Ein diffuses, grünlich-graues Leuchten erhellte den Mann und der Schütze konnte sein Gesicht genauer erkennen, woran ihn vorher der einsetzende, scharlachrote Sonnenuntergang gehindert hatte. Der Volksmund sagt, dass ein solcher Sonnenuntergang Blutvergießen vorhersagt. Der Schütze spuckte in das hohe Gras und robbte weiter in Richtung des Tals. Kaum Zweihundert Meter war er nun von dem Lastwagen entfernt. Der Fahrer war in der Zwischenzeit ausgestiegen und ließ sich von dem Mann, den seit einiger Zeit das Fadenkreuz des Schützen verfolgte, ein Bündel Scheine überreichen. Er half ihm, die Fracht des Lastwagens auszuladen. Gemeinsam hievten sie die dunklen, unbeschrifteten Fässer, die weiterhin ein schwaches Glühen ausstrahlten, aus dem Wagen und stellten sie behutsam auf der Wiese ab. Sie legten die Fässer hin und rollten sie das Tal hinab, in Richtung eines in der Ferne aufsteigenden Turmes, der wohl zu einer Industrieanlage gehörte. Der Schütze sah seinen Moment gekommen und feuerte behutsam in den Rücken des Fahrers. Wie ein gewaltiger Donner verbreitete sich das Geräusch der abgefeuerten Kugel, die innerhalb eines Sekundenbruchteils auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wurde, in dem leblosen Teil der kleinen Hügelkette. Der Schütze hatte gnadenlos auf den Rücken gezielt und traf den linken Herzflügel. Sofort brach der Mann zusammen und fiel geräuschlos in das hohe Gras, das seinen Fall dämpfte. Er rutschte die aufgeweichte Erde hinab und verschwand einen Augenblick später aus dem Blickfeld des Schützen. Die zweite Kugel galt dem ersten Mann. Er hatte sich erschrocken umgedreht, um im Augenwinkel eine dunkel, militärisch gekleidete Person zu erspähen, die ein Gewehr im Anschlag hielt. Das letzte, was er fühlte, war ein stechender Schmerz, der seine Brust durchfuhr, und das Gefühl, von innen zu ertrinken. Seine mit Blut gefüllten Lungen versagten ihren Dienst und ließen den Mann bewusstlos werden. Er brach zusammen und starb noch ehe der Schütze ihn erreicht hatte, und das, obwohl er raschen Schrittes ging. Er entnahm der Innentasche der Jacke des Mannes eine kleine, provisorische Gasmaske und setzte diese auf. Danach trat er achtlos den Kadaver des Mannes weiter das Tal hinab und begann, in Richtung der rauchenden, wie ein gewaltiger Speer aus Stahlbeton, aufragenden Industrieanlage zu sprinten.
Ich fange mal mit einer kleinen Kurzgeschichte meinerseits an, die ich eben verfasst habe.
Diskussionen über das Geschriebene sind erwünscht.
Die Thematik ist mir zu schade für den Unterhaltungsbereich, ich hoffe, die Moderation sieht das genauso.
Dieses Werk trägt den Titel Der Schütze, Interpretationen bleiben jedem selbst überlassen.
______________________________________________________________________
Das kalte, nasse Gras fühlt sich unangenehm auf seinem Gesicht an. Er hatte sich dort erst vor einigen Augenblicken hingelegt, um das Tal, das etwas weniger als einen halben Kilometer südlich von ihm lag, besser beobachten zu können. Er spürte das gewohnte Gefühl eines Zielfernrohrs, dass wenige Millimeter von seinem Auge entfernt war. Graue, zerrissene Wolken hingen über ihm und warfen Schatten auf sein Ziel. Dennoch entging ihm der Mann nicht, der über das auf dem Boden verteilte Laub schritt und an einer laublosen Birke stehen blieb. Er atmete durch. Das Fadenkreuz bewegte sich gemächlich in Richtung des Mannes, der schlicht und unauffällig gekleidet war. Ein kalter Wind wehte von Osten und ließ den Schützen zittern. Er war falsch gekleidet für diese Art von Wetter. Der Herbst war in diesem Jahr aber auch sehr früh gekommen. Gerade vor einigen Tagen hatte das Laub angefangen, von den Blättern zu sinken und den Tod des Sommers endgültig besiegelt. In dieser desolaten, surrealen Atmosphäre, die von einem erdrückenden, bleifarbenen Grau geprägt war, wirkte der nervöse, ungeduldig um sich blickende Mann, der an der beinahe toten Birke lehnte, deplatziert. In noch krasserem Gegensatz zu der desperaten, naturbelassenen Landschaft stand der Lastwagen, der langsam in seine Richtung fuhr. Als der Lastwagen nahe der Birke stehen blieb, kroch der Schütze ein paar Meter weiter. Er wollte nicht gesehen werden. Der Mann, der auf den Lastwagen gewartet hatte, umrundete ihn und öffnete die hintere Abdeckung. Ein diffuses, grünlich-graues Leuchten erhellte den Mann und der Schütze konnte sein Gesicht genauer erkennen, woran ihn vorher der einsetzende, scharlachrote Sonnenuntergang gehindert hatte. Der Volksmund sagt, dass ein solcher Sonnenuntergang Blutvergießen vorhersagt. Der Schütze spuckte in das hohe Gras und robbte weiter in Richtung des Tals. Kaum Zweihundert Meter war er nun von dem Lastwagen entfernt. Der Fahrer war in der Zwischenzeit ausgestiegen und ließ sich von dem Mann, den seit einiger Zeit das Fadenkreuz des Schützen verfolgte, ein Bündel Scheine überreichen. Er half ihm, die Fracht des Lastwagens auszuladen. Gemeinsam hievten sie die dunklen, unbeschrifteten Fässer, die weiterhin ein schwaches Glühen ausstrahlten, aus dem Wagen und stellten sie behutsam auf der Wiese ab. Sie legten die Fässer hin und rollten sie das Tal hinab, in Richtung eines in der Ferne aufsteigenden Turmes, der wohl zu einer Industrieanlage gehörte. Der Schütze sah seinen Moment gekommen und feuerte behutsam in den Rücken des Fahrers. Wie ein gewaltiger Donner verbreitete sich das Geräusch der abgefeuerten Kugel, die innerhalb eines Sekundenbruchteils auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wurde, in dem leblosen Teil der kleinen Hügelkette. Der Schütze hatte gnadenlos auf den Rücken gezielt und traf den linken Herzflügel. Sofort brach der Mann zusammen und fiel geräuschlos in das hohe Gras, das seinen Fall dämpfte. Er rutschte die aufgeweichte Erde hinab und verschwand einen Augenblick später aus dem Blickfeld des Schützen. Die zweite Kugel galt dem ersten Mann. Er hatte sich erschrocken umgedreht, um im Augenwinkel eine dunkel, militärisch gekleidete Person zu erspähen, die ein Gewehr im Anschlag hielt. Das letzte, was er fühlte, war ein stechender Schmerz, der seine Brust durchfuhr, und das Gefühl, von innen zu ertrinken. Seine mit Blut gefüllten Lungen versagten ihren Dienst und ließen den Mann bewusstlos werden. Er brach zusammen und starb noch ehe der Schütze ihn erreicht hatte, und das, obwohl er raschen Schrittes ging. Er entnahm der Innentasche der Jacke des Mannes eine kleine, provisorische Gasmaske und setzte diese auf. Danach trat er achtlos den Kadaver des Mannes weiter das Tal hinab und begann, in Richtung der rauchenden, wie ein gewaltiger Speer aus Stahlbeton, aufragenden Industrieanlage zu sprinten.