@smokingun Nochmal hierzu:
VOLTA schrieb:
Was meint dieser Text?
"Die Totenklage über den König von Tyrus" darin wird beschrieben wie dieser seinen glanz verlierte als er böses tat und hochmütig wurde.. der fall eines Königs
Naja, es ist schon ein bisserl mehr, da hat VOLTA mit der Frage schon recht.
Es ist schon richtig, daß es um (den König von) Tyrus geht. Aberbeschrieben wird dessen Verhalten und künftiges Schicksal mit einem Bild, und dieses Bild ist ein Rückgriff auf ein damals bekanntes "Geschehen". Danach hatte VOLTA gefragt, nicht danach, was mit diesem Bild beschrieben werden sollte (eben Tyrus bzw. dessen König).
VOLTA schrieb am 14.09.2013:Ez 28,13
Im Garten Gottes, in Eden, bist du gewesen. / Allerlei kostbare Steine umgaben dich: Rubin, Topas, dazu Jaspis, / Chrysolith, Karneol und Onyx, / Saphir, Karfunkelstein und Smaragd. Aus Gold war alles gemacht, / was an dir erhöht und vertieft war, all diese Zierden brachte man an, / als man dich schuf.
Was meint dieser Text?
und
VOLTA schrieb am 14.09.2013:Ez 28,14 Einem Kerub mit ausgebreiteten, schützenden Flügeln gesellte ich dich bei. / Auf dem heiligen Berg der Götter bist du gewesen. / Zwischen den feurigen Steinen gingst du umher.
Der Bezug vom Göttergarten zu Gold und Edelsteinen findet sich auch im zweiten Schöpfungsbericht der Bibel, in 1.Mose2,10-12:
Und ein Strom geht von Eden aus, den Garten zu bewässern; und von dort aus teilt er sich und wird zu vier Armen. Der Name des ersten ist Pischon; der fliesst um das ganze Land Hawila, wo das Gold ist; und das Gold dieses Landes ist gut; dort [gibt es] Bedolach-Harz und den Schoham-Stein.Auch der Cherub wird im Zusammenhang mit dem Garten in Eden genannt, in 1.Mose3,24:
Und er trieb den Menschen aus und liess östlich vom Garten Eden die Cherubim sich lagern und die Flamme des zuckenden Schwertes, den Weg zum Baum des Lebens zu bewachen.Selbst der Bezug zum Feuer kommt da vor, in Gestalt des flammenden Wächterschwertes. Gerade letzteres fand ich an der Edengeschichte immer komisch. Von den geflügelten himmlischen Wächterwesen, den Cherubim und Seraphim, sind es nämlich die Seraphim, die mit Feuer zusammenhängen, nicht die Cherubim. Hebräisch
ßerafim ist ein Plural, der Singular ist
ßaraf. Und das leitet sich von dem hebräischen Verb
ßaraf, das "brennen" bedeutet. So kommen im AT auch "
ßerafim" genannte fliegende Schlangen vor, die mit Feuer in Verbindung gebracht werden (Jesaja14,29; 30,6; vgl. 4.Mose21,6; 5.Mose8,15; hier ohne Erwähnung der Flugeigenschaften). In den deutschen Übersetzungen steht oft "feurig" oder ähnliches für das im Hebräischen dastehende "
ßerafim". - Daß nun ein Cherub mit nem Flammenschwert ausgestattet ist, paßt nicht so recht, wo doch die Mythologie für solche Fälle den Seraph hat, dessen Job es ist, unbotmäßige "Übertreter" mit Feuer abzustrafen.
Wenn hier nun das Flammenschwert in Cherubenhänden liegt, das Feuer sich aber nicht vom cherubischen Schwerthalter her erklären läßt, dann muß das Feuer eine andere Erklärung haben, eine andere Herleitung. Wenn der Edenwächter nicht die Erklärung ist, dann kann es nur noch - Eden selbst sein! Genauer der Göttergarten. Feuer muß also ein Bestandteil dieses Ortes sein. In der Hand des Wächter-Cherubs scheint das Feuer selbst Wächterfunktion zu haben. Dahinter mag die Vorstellung einer "firewall" stehen, also eines Feuers am Rande des Göttergartens - der damit "inmitten" des Feuers läge. Wer im Garten wandelt, der "wandelt inmitten feuriger" Grenzmarkierungen. Grenzsteine sind übrigens typische Grenzmarkierungen. Das war in Deutschland bis in die Frühneuzeit üblich, und selbst in Alt-Israel (5.Mose27,17; Gesetz gegen das Verschieben von Grenzsteinen).
Der Göttergarten in Eden ist Quell von Gold und Edelsteinen, er beherbergt Cheruben, und er wird am Rand von Feuer geschützt. So viel steht im Schöpfungsbericht. Und genau das kommt auch in Hesekiel28 vor. Ich wüßte keinen Grund anzunehmen, daß der Göttergarten etwas anderes ist als ein Göttergarten. Immerhin wachsen Bäume und sonstige Pflanzen darinnen, in der Mitte sogar der Baum der Erkenntnis und der Baum des Lebens. Kenne wenige Labore mit Bäumen in der Mitte und ner Quelle...
Ein Vulkan jedenfalls, der aufgrund "feuriger Steine" nicht erklommen werden kann, bietet oberhalb besagter feuriger Barriere keinen lebensfreundlicheren Anblick. Unter Garantie ist ein Vulkan keine Möglichkeit, die "Syrische Schatzhöhle" historisierend zu interpretieren.[/quote]
Wovon spricht nun dieser Text, wie VOLTA fragt? Welches Ereignis wird da wiedergegeben, um mit ihm Tyrus zu charakterisieren, wie Elfenpfad so richtig anspricht:
elfenpfad schrieb am 15.09.2013:Es werden also Metaphern verwendet für ein Ereignis, über das man eig. doch nur spekulieren kann.
Naja, mit dem Spekulieren hat sie nicht so ganz recht. Denn wie ich gelegentlich zu sagen pflege: "Es steht doch da!"
Da ist vom Garten Gottes in Eden die Rede, vom Cherub und ausdrücklich von einem Menschen, der in diesem Garten einhergeht. Dann von der Sünde, "(wie) Gott" zu sein. Und schließlich von der Ankündigung der Todesstrafe. Und wieder sind die Bezüge zu 1.Mose 2-3 offensichtlich. Da ist ein Mensch, aus dem dann zwei werden, und einem von beiden wird eingeflüstert, was man machen könne, um "wie Gott" zu werden. Dazu müsse man nur etwas tun, wovon Gott gesagt hat, daß man an dem Tage, da man dies tue, stürbe. Hesekiel parallelisiert Tyrus in Gestalt seines Königs mit Adam, der einst auserwählt war, im Garten Gottes voller Reichtum zu leben, der aber durch sein Überheben diese Gunst verspielte.
Propheten machen das immer wieder mal, sie wollen beschreiben, was Zeitgenossen so alles falsch gemacht haben und was sie als Strafe dafür erwartet, und dafür nehmen sie mythische Erzählungen, biblische wie außerbiblische, ja selbst kanaanäische. Hier nimmt Hesekiel den Schöpfungsbericht, an anderer Stelle nimmt Hosea Erzvätergeschichten dafür. Und Jesaja bedient sich sogar eines kanaanäischen Mythos von Helal, dem Sohn des Schachar, der den Götterberg einnehmen und den Thron des Höchsten usurpieren wollte. Von Helal sowie von den Götterzwillingen Schachar und Schalim wissen wir durchaus einiges, jedoch dieser konkrete Mythos ist leider nicht schriftlich erhalten geblieben. Immerhin wurden solche Mythen in leichten Variationen quer durch die antike Welt erzählt, von Marduk und Tiamat in Mesopotamien bis hin zu Zeus und Typhon bzw. Herakles und Ladon in Hellas. Auch von den Hethitern haben wir die Story, und selbst bei den Phöniziern erzählte man sich das von Baal und Yam bzw. dessen Sohn Lotan (der in der Bibel übrigens Leviathan genannt wird).
Am nächsten kommt die hurritische Version. Ullikummi ist der Sohn des Gottes Kumarbi. Er wächst, wird immer größer, ist steinhart und kraftvoll. Der Wettergott Teschschub unterliegt im Kampf, und Ullikummi reißt die Macht an sich, wird Götterkönig auf dem Götterberg im Norden, dem Zaphon (bei den Hurritern Chazzi genannt, Zaphon ("Norden") nannten ihn die Ugariter, Phönizier und Israeliten, die tatsächlich südlich vom Chazzi (heute Keldag) lebten). Schließlich aber besiegt der Gott Eya den Ullikummi. Nachzulesen in Jesaja14,12 und folgende.
Wer kennt denn schon alle Geschichten im Alten Testament, um zu erkennen, welche Methapher eines Propheten gerade welche Geschichte verfremdend auf nen zeitgenössischen Inselkönig ummünzt. Und noch schwerer ist es zu erkennen, welche außerbiblische kanaanäische, mesopotamische oder sogar griechische Story Teil des altorientalischen Mythentransfers und Methapher für ne Prophetenkritik geworden ist. Nun, für die damaligen Menschen waren das durchaus bekannte Geschichten. Und jeder, der den Hesekiel und den Jesaja las oder hörte, merkte die Parallele sofort. Wir Heutigen kennen das nicht mehr. Uns hingegen wäre sofort klar, auf wen angespielt wird, wenn in nem neuen Kinofilm einer Frau überm Ubahnschacht der Rock hochgeweht wird. Das wissen Allmystery-User in ein paar Jahrhunderten bis Jahrtausenden dann nicht mehr und werden die Anspielung nicht erkennen und nicht verstehen. Ist deren Manko. Aber wenn sie meinen, aus dieser ihrer Unkenntnis heraus eine Anspielung ernsthaft als Historisierung eines Alienlabors mit Goldleitern und mit feurigen Steinen in der Petrischale interpretieren zu dürfen, dann ist das nicht mehr nur ein Manko, dann ist das ein dicker Fehlgriff.
Die Geschichten von der Usurpation des Götterthrons finden sich bis hin zum hethitischen Illujanka in jeder geflegten Bibliothek, nach den verschiedenen Namen, die ich erwähnte, kann man sogar im Internet googeln. Wer aber seinen Finger nicht ausm Anus kriegt, wenns ums Nachlesen der echten Quellentexte geht, der denkt sich nachher irgendwelche juwelenbestückten Labore auf bewohnbaren aktiven Vulkanen aus und hält das für Tatsache, weil es vor den Augen ach so stimmig wirkt. Und die pösen Skeptiker mit ihren nervigen Quelleneinforderungen und Quellenangaben, die sind doch nur wissenschaftsverblendete Nichtsraffer.
Pertti