@Flagstaff Nee, was
@Schnapspraline da ansprach, sind nicht die prokaryotischen Anaerobier, die kennwa ja schon lange. Vielmehr handelt es sich um eukaryotische Lebewesen, also Leben mit nem Zellkern. Die sollten auch Mitochondrien besitzen, also jene endobiontischen Zellorganellen mit eigenem Erbgut, die Sauerstoff aufnehmen und damit für die Zelle die nötige Stoffwechsel-Energie erzeugen. Wenn also ein Eukaryont keine Mitochondrien besitzt, ist er zwar ebenfalls ein Anaerobier, aber nicht ein ursprünglicher, sondern ein sekundärer. Und das ist schon was Besonderes, denn eigentlich ist der aerobe Stoffwechsel effizienter. So sind die ursprünglichen Anaerobier nie über den Status einzelligen Lebens hinausgelangt. Vielzelliges Leben braucht halt effektivere Energiegewinnung.
Die News nun ist, daß hier nicht nur ein Eukaryont zur Anaerobie zurückgekehrt ist, sondern auch noch ein Vielzeller, ein Nesseltier (Quallen sind Nesseltiere). OK, issn sehr kleiner. Aber dennoch isses sensationell, daß der ohne Mitochondrien und O2 klar kommt.
OK, so ganz neu isses dann doch nicht. Gibt schon ein anderes Lebewesen mit vergleichbarem Manko, und das ist sogar deutlich größer: die Mistel. Nun gut, die hat durchaus Mitochondrien, aber denen fehlen einige Enzyme, um die effiziente Energieversorgung zu leisten. Sahlreiche Zuckerarten, die für den Stoffwechsel nötig sind, können so nicht produziert werden. Ist also grundsätzlich dasselbe Problem. Wie die Mistel das kompensiert, ist meines Wissens nicht geklärt. Aber immerhin find ich es auffällig, daß sowohl die Mistel als auch Henneguya salminicola, also die in Lachsen lebenden Nesseltiere, parasitär leben.
Zahlreiche parasitär lebenden Wesen reduzieren ihre Funktionen. Viren etwa können sich nicht selbst reproduzieren, sie müssen ihr Erbgut in andere Lebewesen implementieren. Auch die Mitochondrien sind eigentlich (oder: waren es mal) eigenständige einzellige Lebewesen, die aber eine Symbiose (gegenseitiges Parasitentum zum gemeinsamen Nutzen) mit den Eukaryonten eingegangen sind. Auch Mitochondrien haben ihre Lebensfunktionen radikal reduziert. Diese Funktionen übt nun die "bewohnte" Zelle für die Mitochondrien aus, sie müssen das nicht mehr selber leisten.
Es bleibt noch zu prüfen, aber ich vermute ganz stark, daß Henneguya salminicola ebenso wie Viscum album (weißbeerige Mistel) als Parasiten ihre "Atmung" von den Wirten erledigen läßt. In dem Falle leben diese Parasiten dann gar nicht anaerob, sondern weiterhin aerob, indem sie die aerobe Sauerstoffatmung und Zuckerproduktion der Wirte anzapfen.