Sind Viren Lebewesen?
01.03.2020 um 13:34Die Frage, ob Viren Lebewesen sind oder nicht, wird von Naturwissenschaftlern verschieden beantwortet. Viren weisen außerhalb ihrer Wirtszellen, die sie zur Fortpflanzung benötigen, keinerlei Stoffwechselaktivitäten auf. Stoffwechsel ist aber ein allgemein anerkanntes Kennzeichen für Lebewesen (neben anderen Kennzeichen). Von daher scheint man die Frage eindeutig mit Nein beantworten zu müssen. Doch seit einigen Jahren gibt es neue Funde von Viren, die Grenzfälle zu sein scheinen - die sogenannten "Riesen-Viren".
Folgender Artikel aus der Deutschen Apothekerzeitung gibt dazu einen gut lesbaren Überblick:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2011/daz-1-2011/sind-viren-lebewesen
Darin heißt es:
Allerdings verweist das "weitgehend einig" darauf, dass es offenbar immer noch Uneinigkeit darüber gibt. An anderer Stelle im Wikipedia-Artikel heißt es:
Für die Entstehung von Viren gibt es drei verschiedene Hypothesen, die sich jedoch nicht einander ausschließen müssen:
Folgender Artikel aus der Deutschen Apothekerzeitung gibt dazu einen gut lesbaren Überblick:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2011/daz-1-2011/sind-viren-lebewesen
Darin heißt es:
Immer mehr Riesenviren (giant viruses) werden entdeckt. Man nennt sie mittlerweile Giren, um sie von den "normalen" Viren abzugrenzen. Giren besitzen nicht nur ungewöhnlich viele Gene, sie produzieren auch viel tRNA, die für die Proteinsynthese notwendig ist. Da erstaunt es kaum, dass sie auch atypische Sequenzen wie Introns und Inteine besitzen. Dadurch sind sie in der Lage, die Sequenzen ihrer DNA und der von ihnen synthetisierten Proteine zu modifizieren.Und weiter:
Die Replikation des Mimivirus in Acanthamoeba lässt sich im Lichtmikroskop beobachten: Auf klar abgegrenzten sphärischen Strukturen entstehen die Virionen. Durch die virale Infektion der Amöbe wird deren Stoffwechsel vollständig neu organisiert; es entsteht eine "Virozelle" mit einer "viralen Fabrik" (Forterre), einem intrazellulären parasitischen Organismus mit metabolischer Aktivität.Diese neuen Erkenntnisse verleiten Patrick Forterre und Claudiu Bandea zur Schlussfolgerung, dass es sich bei Viren um intrazelluläre Lebewesen handelt, das, was man üblicherweise als Virus bezeichnet (das Virion) hingegen als eine Art "Samen" oder "Spore":
Das Mamavirus, ein naher Verwandter des Mimivirus, kann seinerseits von winzigen Sputnik-Viren infiziert werden, was die Reproduktionsrate verringert. Die virale Fabrik hat somit alle Eigenschaften einer lebenden Zelle: Reproduktion und Stoffwechselaktivität und sogar Anfälligkeit für "Krankheiten".
Nach klassischer Definition ist ein Virion, also ein komplettes Virus mit Genom und Hülle außerhalb einer Zelle, kein Lebewesen, da es sich nicht vermehren kann. Patrick Forterre (s. o.) und Claudiu Bandea (Centers for Disease Control and Prevention, USA) hingegen sehen nicht im Virion das entscheidende Stadium des viralen Lebenszyklus, sondern in der intrazellulären Form des Virus.Allerdings ist diese Sichtweise nicht Konsens. In der Wikipedia wird darauf verwiesen, dass sich Virologen einig darüber sind, dass man Viren nicht als Lebewesen betrachtet, aber als "dem Leben nahestehend":
Alle Viren enthalten das Programm zu ihrer Vermehrung und Ausbreitung (einige Viren auch weitere Hilfskomponenten), besitzen aber weder eine eigenständige Replikation noch einen eigenen Stoffwechsel und sind deshalb auf den Stoffwechsel einer Wirtszelle angewiesen. Daher sind sich Virologen weitgehend darüber einig, Viren nicht zu den Lebewesen zu rechnen. Man kann sie aber zumindest als „dem Leben nahestehend“ betrachten, denn sie besitzen allgemein die Fähigkeit zur Replikation und Evolution.Quelle: Wikipedia: Viren
Allerdings verweist das "weitgehend einig" darauf, dass es offenbar immer noch Uneinigkeit darüber gibt. An anderer Stelle im Wikipedia-Artikel heißt es:
Die meisten Wissenschaftler stufen Viren nicht als Lebewesen ein – wobei die wissenschaftliche Diskussion noch nicht abgeschlossen ist, da beispielsweise bei der Genomgröße des Cafeteria-roenbergensis-Virus eine Abgrenzung anhand der Größe des Genoms zu verwischen beginnt.Der Cafeteria-roenbergensis-Virus wird auch im oben verlinkten Artikel der Deutschen Apothekerzeitung erwähnt. Der dazu gehörige Fachartikel ist hier einzusehen. Interessant und unerwartet war das Vorhandensein von Genen im Virengenom, die mit der Proteinbiosynthese zu tun haben - eine Leistung, die Viren selber nicht vollbringen, da ihnen der Syntheseapparat fehlt.
Für die Entstehung von Viren gibt es drei verschiedene Hypothesen, die sich jedoch nicht einander ausschließen müssen:
Nach dem Prophagen- und dem Protoonkogenkonzept haben sich die Viren aus Genen von Prokaryonten oder Eukaryonten entwickelt ("Escape-Modell"). Durch die Kombination mit Nucleocapsidgenen entstanden infektiöse Körper, die Virionen, die außerhalb des Wirtes überdauern und sich innerhalb des Wirtes vermehren können.Aber macht eine Abstammung von echten Zellen Viren nun zu echten Lebewesen?
Nach einer ähnlichen Theorie könnten Viren aus parasitischen Zellen entstanden sein, deren Genom reduziert wurde (z. B. Amöbentheorie, s. u.).
Diesen entgegen steht das "Virus-first-Modell". Es besagt, Viren seien bereits vor den ersten biologischen Strukturen in einer präzellulären RNA-Welt (selbstreplizierende Moleküle) entstanden.