perttivalkonen schrieb:Auch die biblischen Seraphim sind eigentlich Schlangen. In Jesaja30,6 wird ein
Land der Not und der Angst, aus dem Löwin und Löwe, Giftschlange und fliegende feurige Schlangen [kommen]
erwähnt. Wörtlich "fliegender Saraph". Und das "feurige" in der Übersetzung kommt daher zustande, weil "Saraph", "Seraphim" auf das Verb "ßaraf" und dessen Ableitungen zurückgeht, was "brennen" (und "Feuer" etc.) heißt. Auch die Schlangen, die die wandernden Israeliten in der Wüste plagen, und deretwegen Mose die Eherne Schlange "Nechuschtan" als Heilung aufrichtet, heißen "nachasch ßaraf" (4.Mose21,6) oder einfach "ßaraf" (Vers 8) bzw. "nachasch" (Vers 9).
OK, und wo "gibt" es fliegende feurige Schlangen? Sowas existiert heute nicht und dürfte in biblischen Zeiten genausowenig existiert haben. Die einzige reale Vorlage für etwas, was sich wie eine lange feurige Schlange über den Himmel bewegt, dürften Sternschnuppen gewesen sein, die in der klaren Luft der nächtlichen Wüste ziemlich gut zu beobachten sind. Waren die Seraphim oder fliegenden Schlangen dann also ganz ordinäre Meteore, die in mythologische Form gegossen wurden?
Wie ein künstliches Schlangenbild aus Kupfer oder Bronze von echten Schlangen gebissene Menschen heilen soll, ist auch nicht geklärt, die Story klingt nach gezieltem Ausnutzen des Placebo-Effekts, harmlose Schlangen oder vielleicht auch nur Eidechsen, die allenfalls ein bißchen gezwickt haben, wo die Panik und der Aberglauben bei den Menschen dann mehr Schaden anrichtete als die eigentlichen Bisse.
https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/nehuschtan-1/ch/d9c73ea4ed346b2234ca22abb6cce518/perttivalkonen schrieb:Selbst die Reittiere ("Rösser") der apokalyptischen Kriegsheere aus Offenbarung9,15ff haben Schlangenschwänze und Löwenköpfe, wobei aus letzteren todbringende Flammen schlagen.
Feuerspuckende Löwenköpfe machen aus einem Pferd noch keinen Drachen, weil Kriegswaffen früher und schon bei den alten Römern und Chinesen gern künstlerisch aufgepeppt wurden und mit pfeil- oder feuerspuckenden (je nach Art der Waffe) Gesichtern oder Fratzen verziert wurden. Man denke auch an die klassischen römischen Wasserspeier, die auch oft als Gesichter irgendeines Wassergottes gestaltet sind.
Wer sich also um diese Zeit ein möglichst furchterregendes Reittier für irgendwelche apokalyptischen Reiter ausdenken wollte, fand künstlerische Vorlagen in der damals aktuellen Militärtechnologie. Echte Pferde mit einem aufwendigen Zaumzeug oder aufgesetzten Masken z. B. in Imitationen von Hirschen, Löwen oder Drachen zu verwandeln war auch nicht ganz unbekannt, sei es als Schmuck oder Kult oder um im Krieg feindliche Krieger zu beeindrucken. Ich glaube in skythischen Gräbern wurden Funde gemacht, die Pferde mit aufgesetzten Geweihen oder Hörnern zeigen, weil sich echte Hirsche oder Steinböcke leider nicht als Reittiere eignen.
perttivalkonen schrieb:Die feuerspeiende Schlange Xiuhcoatl war die Waffe von Huitzlilopochtli.
Wikipedia: Xiuhcoatl
Bei dem ist aus der Beschreibung als "blitzähnliche Waffe der Sonne" schon klar, um was es sich wirklich handelte, nämlich um eine mythologische Verkörperung der Sonnenstrahlen, die in Gegenden mit intensiver Sonneneinstrahlung für jähes körperliches Unwohlsein (Sonnenstich) bis Tod (Hitzschlag) sorgen konnten und daher als "unsichtbare Rache der Götter" ähnlich gefürchtet wurden wie Thors vernichtender Gewitterblitz in Regionen mit häufigen Gewittern.
In Mexiko genauso wie in Ägypten die genannte
perttivalkonen schrieb:Die ägyptische Uräusschlange wehrte mit dem Gluthauch ihres Feueratems die Feinde ab.
Wikipedia: Uräusschlange (Symbol)
wo das von der (echten) Kobra gespuckte Gift (Kobras gehören zu den Schlangen, die ihr Gift speien können, es reicht schon zur Feindabwehr wenn das Gift in dessen Augen oder Schleimhäute gerät, sie muß einen Feind nicht unbedingt beißen)
mit dem "Feuerhauch der Sonne" verknüpft wurde,
und da ist auch erkennbar wie das ablief, wenn nämlich ein künstliches Abbild der Schlange aus glattem Metall das Sonnenlicht spiegelte, was auf Menschen, denen unsere heutigen allgegenwärtigen Silberspiegel nicht bekannt waren, ziemlich beeindruckend gewirkt haben muß.
Wer schon mal im Sommer bei starkem Sonnenlicht durch eine Stadt gestrolcht ist und dabei ins Reflexionsfeld von Fenstern oder Zierspiegeln geraten ist, der weiß was für eine Hitze schon eine ziemlich kleine Spiegelfläche zurückwerfen kann, wenn die Sonne intensiv brennt.
Und so ein metallenes Abbild einer Kobra mit gespreiztem Schild hat annähernd die Form eines Parabolspiegels, sammelt die ägyptische Sonnenhitze ein und wirft sie konzentriert auf ihr Ziel.
Kein Wunder also, wenn so ein goldenes Schlangen-Abbild in der Hand eines cleveren Priesters den Gläubigen (oder Feinden) "Feuer entgegenspuckte".
Kleiner Nachteil der Sache, ohne Sonne am Himmel war diese Schlange machtlos. Nur tagsüber zu gebrauchen. Und nur bei Leuten die keine künstlichen (Silber-)Spiegel kannten, denn jeder andere ließ sich mit so einem Glitzerding nicht mehr beeindrucken.
perttivalkonen schrieb:Also seit dem europäischen Hochmittelalter galten Drachen hier als Feuerspeier.
Wikipedia: Drache (Mythologie)
Jo, keine Einwände.
perttivalkonen schrieb:Auch der chinesische Feuerdrache, zum Feuergott Zhurong gehörig, speit Feuer.
Wikipedia: Long (Mythologie)
Hui, einer unter etlichen, der mal ein "echter" Feuerdrache ist. Aber anscheinend nur als Gegenstück zu den überwiegenden Wasserdrachen erfunden, weil die Chinesen gern ein Gleichgewicht haben, zu jedem Yin muß ein Yang her, das Element Feuer braucht also auch seinen eigenen Drachen. Wie die ebenfalls erwähnten Eisdrachen als dritte Partei mit hineinspielen, erschließt sich mir allerdings nicht, vielleicht ein Import aus der (zuweilen knackig kalten) Mongolei?