FrankD schrieb:Der Biblische Gott taucht bekundet erstmals gegen 650 v. Chr. aus. Die Bücher Mose mit der Genesis entstanden erst knapp 200 Jahre später.
Aus der Eisenzeit II A und B 1000...700 v.Chr.) besitzen wir nur wenige Epigraphen - der berühmte Schuhkarton, überspitzt gesagt. Dennoch haben wir gleich zwei Textdokumente aus der Mitte des 9.Jh., die JHWH als Gott Israels bzw. Samarias erwähnen. Einer davon, die Meschastele, ist sogar moabitisch; JHWH ist also in Israel lange genug etabliert, um auch bei anderen Völkern als der Landesgott Israels zu gelten. Auch JHWH-haltige Personennamen finden sich, sogar in Texten aus dem 10.Jh. Der älteste gesicherte Namensbeleg dürfte der biblische Jonatan sein (heb. JHWntn, Jehonatan). Der steht zwar nur in der Bibel, nicht auf nem zeitgenössischen Ostrakon, doch sind die Namen der im ausgehenden 11. und frühen 10.Jh. agierenden Gestalten in der Bibel nur selten JHWH-haltig, dafür aber nicht selten Baal-haltig. Jonathans Bruder Esch-Baal (der zweite König Israels) etwa, oder einer der vorkönigzeitlichen Richter, Jerubbaal. Auch andere Götter kommen in Namen vor wie Mot (Tod), Yam (Meer), Schämäsch (Sonne)... Damit koreliert, daß auch auf den Inschriften der frühen Königszeit noch zahlreiche Personennamen mit anderen Göttern als theophorem Element vorkommen (Schwerpunkt Baal) und sich das erst ab dem 8.Jh. auf praktisch ausschließlich JHWH beschränkt. Gerade das spricht für die Authentizität sowohl der Namen samt der historischen Zuordnung der Namensträger. Ohne daß deswegen auch gleich jede Story stimmen muß, versteht sich... Auch daß der biblische Text zwei von Davids Söhnen ausdrücklich als Priester in Jerusalem erwähnt, ist solch ein Authentizitätsmerkmal; in späteren Jahrhunderten galt es als Sakrileg, wenn ein Mensch aus nichtpriesterlicher Familie Priesterdienste übernommen hätte. Insofern geht mit Jonathan der Beleg JHWHs bis an das ausgehende 11.Jh. v.Chr. heran.
JHWH reicht damit (selbst ohne Jonatan) fast so weit zurück, wie wir Textdokumente haben. Auf den allerältesten beiden Textdokumenten steht er halt noch nicht drauf, aber das halt ich für läßlich (eine Schreibprobe eines Schülers und ein Landwirtschaftlicher Kalender, der Monate und Pflanzenart (Saat bzw. Ernte) koreliert). An der Präsenz JHWHs in den altisraelitischen Textdokumenten ist nix auszusetzen.
Na und was das Alter der biblischen Texte betrifft, so ist deren Entstehung ein langer Prozeß. Der Kern von 5.Mose ("Urdeuteronomium") gilt in der Forschung sicher als aus der späten Königszeit stammend; favorisiert wird das letzte Viertel des 7.Jh. v.Chr. Die sich durch die übrigen vier Mosebücher durchziehenden Texte der sog. Priesterschrift sind sprachlich und inhaltlich so einheitlich, daß an einem nun über die vier Bücher verteilten ehedem eigenständigen Schriftwerk kein Zweifel in der Forschung besteht. Themen, Intention und historisches Wissen dieser Texte legt eine Abfassungszeit ganz grob um 550 nahe (also im "Babylonischen Exil"). Zweihundert Jahre nach den veranschlagten 650 v.Chr. wären damit um hundert Jahre zu spät angesetzt. Für diesen Zeit"punkt" grob um 450 v.Chr. nimmt man in der Forschung mehrheitlich an, daß der gesamte Pentateuch (alle fünf Mosebücher) weitgehend abgeschlossen war (wenige spätere Zusätze nicht ausgeschlossen) wegen der Überlieferung, daß die Thora seit Esra im perserzeitlichen Jehud als normiertes Gesetz regelmäßig öffentlich verkündet wurde.
Weitere Textpassagen des AT dürften älteren Ursprungs sein, sogar deutlich älter als die Priesterschrift. In den Prophetenbüchern dürften Überlieferungen von diesen Propheten erhalten sein; auch das gilt als sicher. Ob es sogar schriftliche Sammlungen waren, ist weit offener. Einige kurze Lieder wie z.B. die Klage um Jonathan, das Blutrachelied Lamechs oder das Mirjamlied, könnten sogar bis ins 10.Jh. zurückreichen; daß der Kern des Deboraliedes aus dem 11.Jh. stammt, ist weit fraglicher, aber hat noch immer gute Argumente für sich. Aber das sind nur Fragmente bzw. Grundstocke späterer Schriften. Ganze Bibelbücher sind tatsächlich erst ab dem späten 6.Jh. entstanden. Das Danielbuch erst im 2.Jh. v.Chr., die Chronikbücher nur wenig früher.
FrankD schrieb:Der Biblische Gott hat mit Urmenschen so viel zu tun wie eine Kuh mit Schlittschuh fahren :)
Dem stimme sogar ich zu - bedingt, versteht sich. Also der religionsgeschichtliche JHWH, der erst in der Eisenzeit mit Israel verbandelt war und dessen Ursprünge sich
allenfalls bis in die späte Bronzezeit zurückverfolgen lassen.
FrankD schrieb:Der älteste bezeugte Gott ist wenn ich nicht irre der ägyptische Ptah, dessen Symbol, der Djed-Pfeiler, wurde als Amulett schon in einem Fundzusammenhang von 4500 v. Chr. gefunden...
Ja Schei*e, das toppt sogar die Datierbarkeit der ältesten semitischen und indoeuropäischen Götter. Im Semitischen begegnen in Sprachen aller dreier semitischer Hauptgruppen die Götter *ilu und *attar (bzw. das feminine Pendant *attart), und in den indoeuropäischen Sprachen haben wir als Himmelsgott und Göttervater die gleichlautenden Zeus patêr, Ziu fadr, Jupiter und Dyausch pitar, womit diese Gottheiten schon vor dem ersten Aufspalten des Protosemitischen wie des Protoindoeuropäischen verehrt worden sein müssen. Mit Bayesscher Statistik läßt sich die Radiation des Semitischen als um 3750 v.Chr. einsetzend bestimmen, und aufgrund kultureller Innovationen wurde das Ende des einheitlichen Protoindoeuropäischen ebenfalls ins 4.Jt. v.Chr. zurückgeschraubt. Ich mein, knappe 6000 Jahre sind schon ne reife Leistung. Aber nochmals ein gutes halbes Jahrtausend drauf, das scheint der Spitzenreiter zu sein! (Auf die Magna Mater verzichten wir mal aus gegebenem Anlaß urbaner Legendarität.)
Kann man eigentlich sicher sein, daß Ptah nicht erst sekundär mit dem Djedpfeiler verbandelt wurde? Naja, sicher, weißt schon, als saubere These vorbehaltlich künftiger Erkenntnisse.