Zur Kurzinfo: Oumuamua hat beim Durchzug durch unser Sonnensystem eine bislang unerklärliche Beschleunigung erfahren, zwei Hypothesen stehen dazu im Raum:
1. Die weniger spektakuläre: Das Objekt ist ein Komet, der durch Ausstoß von Staub und Gas einen Rückstoß erzeugt, der für die Beschleunigung sorgt.
2. Die zweite wurde von Avi Loeb vorgeschlagen: Ein extrem flaches Objekt, auf den der Sonnenwind spürbare Auswirkungen hat. Ein solches Objekt müsste ein von einer außerirdischen Intelligenz erzeugtes Sonnensegel sein.
Die Aussagen des Nature-Artikels dazu, soweit ich das richtig verstanden habe:
Überhaupt nicht erwähnt werden Messfehler, was die Beschleunigung betrifft. Auch in anderen Artikeln zum Thema wurde diese Möglichkeit meines Wissens nach nicht in Betracht gezogen. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Beschleunigung, auch wenn sie klein ist, als Faktum allgemein akzeptiert ist.
Die 15 Autoren des Artikels halten das Objekt für nicht artifiziell, sie unterstützen also Erklärung (1): Oumuamua sei eine Art Komet. Sie müssen dann aber erklären, warum der Komet keinen Schweif hatte, oder genauer gesagt, warum keiner zu
sehen war. Denn irgendeine Art von Schweif muss es ja gegeben haben, sonst wäre es nicht zu der Bahnabweichung gekommen.
Für die Nicht-Sichtbarkeit folgender Substanzen suchen sie eine Erklärung:
1. Staubteilchen
2. Wasser
3. CN
4. CO, CO2
zu 1) Wie im Post oben schon gesagt ist ihrer Meinung nach durchaus Staubausstoß (neben Wasser) für die gemessene Beschleunigung verantwortlich. Dass man ihn nicht sah, habe seinen Grund darin, dass die Staubteilchen ungewöhnlich groß seien. Kleinere Staubteilchen sind nämlich wesentlich besser sichtbar. Es gebe durchaus auch Kometen aus unserem Sonnensystem, die hauptsächlich große Staubteilchen ausstoßen: Der Komet Encke oder einige langperiodische Kometen. Warum das so ist, weiß man nicht genau, aber Oumuamua wäre damit jedenfalls nicht völlig ungewöhnlich.
zu 2, H
2O)
There
were no observations that could have made sensitive-enough detec-
tions of water outgassing to test for comet-like activity.
Wasser konnte also aufgrund der Messbedingungen grundsätzlich nicht registriert werden.
zu 3, CN)
Auch Cyanidionen konnte man nicht aufspüren. Wenn ich das richtig verstanden habe: CN ist viel leichter nachweisbar als Wasser, und wenn das Verhältnis zwischen beiden Komponenten "normal" gewesen wäre, hätte man CN registrieren müssen. Kein CN - ergo auch kein Wasser - ergo auch keine Beschleunigung?? Laut den Autoren stimmt diese Folgerung nicht, da es durchaus auch Kometen aus unserem Sonnensystem gibt, bei denen sich das Cyanid verflüchtigt hat und sich das Verhältnis zwischen CN und Wasser im Vergleich zu den Normalverhältnissen verschoben hat - beim Kometen 96P/Machholz zu einer Abweichung fast um den Faktor 100. Bei Oumuamua würde ein Faktor 15 bereits reichen. Bemerkenswert sei auch, dass auch der Komet 96P/Machholz kaum feinen Staub ausstößt. Es wird damit angedeutet, dass 96P/Machholz und Oumuamua gewissermaßen artverwandt sind - und Oumuamua damit also zumindest nicht völlig außergewöhnlich.
zu 4, CO und CO2) Auch von diesen Substanzen hätte man etwas registrieren müssen - was nicht der Fall war. Mögliche Gründe für diesen Befund laut den Autoren: CO2 ist ohnehin schwer zu identifizieren. Die beiden Substanzen sind leichter flüchtig als H2O und wurden möglicherweise schon ausgestoßen, bevor Oumuamua überhaupt entdeckt wurde. Außerdem könnte das Objekt in seinem Ursprungssystems an einer Stelle entstanden sein, an der beide Substanzen gar nicht kondensieren.
Abschließend bieten die Autoren noch eine Alternativerklärung an, die mir aber nicht ganz einleuchtet: Sie spekulieren, Oumuamua könnte durch einige sonnennahe Runden in seinem eigenen Ursprungssystem einen Großteil seiner leichtflüchtigen Substanzen verloren haben, jedenfalls in den oberen Schichten (ähnlich den hiesigen Manx-Objekten). Aber folgende Fragen stelle ich mir dazu:
1) Gehen die Autoren dann davon aus, dass die gemessene Beschleunigung nur vom Staub allein kommt?
2) Gibt es überhaupt einen Staubaustoß ohne gleichzeitige Verdampfung von Gasen?
3) Wozu diese alternative Erklärung? Schwächt sie nicht zugleich die Überzeugungskraft der Erklärungsversuche zuvor?