mitH2CO3 schrieb:Wenn die Spielkarten jedoch von Finnen („Nichtsamen“) hergestellt wurden und die Samen diese verkauft haben … wäre das für mich ein No-Go.
Das waren professionell hergestellte Karten, in der typischen Bappschachtel, in Zellophan eingeschweißt.
Aber selbst wenn sie die Karten in Auftrag gegeben hätten, oder wenn sie sie gleich in Handarbeit selbst produziert hätten - verkauft haben sie es an vorbeikommende Nicht-Sami zu deren "Belustigung". Da sehe ich keinen Unterschied; es transportiert eine entwertende Wahrnehmung nach außen.
mitH2CO3 schrieb:Bei „Onkel Tom“ wurde ja auch bewusst und dauerhaft ein Klischee am Leben gehalten, welches Schwarze als dümmliche Kasper darstellte, die der weissen Rasse dienen und/oder diese unterhalten soll. Klischees, die den Weissen halt über den Schwarzen erhoben.
Und jetzt stell Dir mal vor, ein Afroamerikaner stellt ein "Onkel-Tom"-Kartenspiel mit den miesesten Klischees her und verkauft das an Weiße.
mitH2CO3 schrieb:Könnte es sich bei den Bildern auf den Spielkarten nicht auch um eine Art „über sich selbst lustig machen“ resp. „über sich selbst lachen“ handeln?
Sag selbst: Selbst wenn dieser Afroamerikaner damit über sich selbst lachen wollen würde - nicht im Verkauf an Weiße!
Die Nordeuropäer stehen für die Südlicheren ebenfalls für "saufen ordentlich was weg". Und das ist beileibe nicht immer als anerkennendes Kompliment á la "das Stehvermögen hätt ich auch gerne". Aber innerhalb Nordeuropas gibt es dann nochmals dieses Gefälle: Schweden und Finnen (von den Norwegern weiß ich es nur nicht, geh aber ebenfalls von aus) blickten abschätzig auf die versoffenen "Lappen". Wie viele nicht-"europide" ("nichtweiße") Indigene haben m.W. auch die Sami eine genetische Disposition, die Alkohol schlechter im Körper abbauen läßt. Hinzu kam die kulturelle Entwurzelung, der Verlust, zumindest die Einschränkung der herkömmlichen Lebensweise, Lebensgrundlage, Lebensperspektive - auch dies typisch bei Indigenen, zu denen die "Weißen" kamen. Gepaart war dies stets mit einem "Herabblicken" auf diese so Entwurzelten, die nichts auf die Reihe kriegen und im Suff versinken.
Lars Levi Læstadius (1800-1861), Sohn eines Schweden und einer Sami, ein schwedischer Pfarrer, rang um die Samen, versuchte, sie - auch - vom Alkohol wegzubekommen. Er war ein Erweckungsprediger (ein hyperfrommer, pietistischer Protestant). Aber er predigte für die schwedischen Sami auf Finnisch und auf Samisch. Und obwohl er ebenfalls "alles Heidnische" aus den Samen austreiben wollte (Joiken, Schamanismus, Geistervorstellungen usw.), also ebenfalls deren traditionelle Kultur "vertrieb", förderte er durch sein Wirken ein erstes Selbstbewußtsein unter ihnen. Læstadianer gibt es noch heute im Hohen Norden, und Læstadius steht, so weit ich weiß, unter heutigen Sami noch immer in Ansehen. Selbst hier in Deutschland ist der in kirchlichen Kreisen zuweilen bekannt. Aber vor allem als der, der "den Lappen den Alkohol austreiben" wollte. So habe ich ihn in der ersten Hälfte der Achtziger kennengelernt.
So steht der Alkoholkonsum der Sami gleich zweifach für Unterdrückung. Zum einen, daß die Samen über die "Unterdrückung" überhaupt in den starken Alkoholkonsum gerieten, und zum anderen, daß ausgerechnet jene, die sie "in den Suff trieben", die trunksüchtigen Samen dafür auch noch abschätzig betrachten.
Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Same darüber dann Scherze für Touristen macht. Nicht mit Selbstachtung. Weswegen ich so schockiert war damals, 1994, als ich Samen begegnete, die genau sowas für mich Unvorstellbares taten. Hatte einen der Verkäufer sogar darauf angesprochen, wie er sowas Entwürdigendes verkaufen könne. Er verstand es nicht.
Ich hoffe inständig, sie hatten mittlerweile ihren Kippunkt...
Übrigens:
https://www.tori.fi/recommerce/forsale/item/4565332