Euer letzter Traum
25.02.2015 um 00:42
Ich laufe auf endlosen Wegen durch endlosen Weizenfelder.
Den Wagen haben ich in den Feldern stehen lassen damit er nicht so rasch gefunden wird,da war
noch jemand bei aber jetzt ist niemand mehr da und ob es da tatsächlich je einen Wagen gab,kann
ich mit fortschreitender Dauer meiner Wanderung immer weniger glauben,vielmehr es
interessiert mich nicht mehr.
Ich laufe und laufe,nicht enden wollende Kreuzwege,rechts,links,weiter voraus,im ewigen Gelb
der lebendigen,duftenden,Wärme atmenden Reife um mich herum spielt dies keine Rolle mehr.
Mit jedem meiner Schritte,mit jedem Aufsetzen meiner Füße ,stieben Vögel empor aus den Feldern und aus dem unergründlichen Grün des Rains,mit aufgeregtem Flügelschlag wie Kolibris und dem Jauchzen
von Lerchen,stürzen sich hinauf in den milchig weißen Himmel,vereinen sich zu Schwärmen,
schauen auf mich,erwartungsvoll,ungehemmt,natürlich.
Ernst schaue ich zurück denn längst drückt mich eine Last hinunter,lässt mir das Atmen unendlich
schwer werden und presst mir den Kopf fast bis auf die Knie und verwandelt meinen Körper in eine
Heimstatt des Schmerzes.
So unerträglich wird der Schmerz das ich meine Augen nicht länger offen halten kann und doch,doch,
die Beine laufen weiter,greisenhaft,ein Trippelschrittchen nach dem anderen.
Wie lange ich so lief kann ich nicht sagen denn der Schmerz betäubte meinen Kopf und ließ mich
blind wandeln.
Irgendwann versagten meine Beine doch und ich stürzte,stürzte nur fast, denn meine Hände fanden
stützenden Halt indem sie ins scheinbar Leere griffen.
Die Lider hoben sich,erschöpft und kraftlos noch und gaben den Blick frei für einen groben Steinsims,
überwuchert von dicken Moos das sich zärtlich,samtig hineintastete in die kühle Tiefe eines Brunnens,
und sich ab der Wasserlinie sanft mit sattgrünen Algen vereinte,die weiter und immer weiter hinab
wuchsen und sich dem Blick entzogen in der Schwärze des bodenlosen Brunnens als ob sie sich
eines Geheimnisses schämten.
Das munter sprudelnde,plätschernde Wasser erfüllte die Luft mit unvergleichlich erfrischender
Feuchtigkeit und Kühle und dies atmete ich,sog es mit jeder Pore meiner Haut auf und alle Kraft
kehrte in mich zurück im Pulsen meines Blutes und der Wärme der Muskeln und Sehnen.
Mein Blick schweifte voll allen Glücks über die kristallklare,spiegelnde Fläche dahin und blieb an
fetten Zehen im Wasser hängen,die an vulgären Füßen angewachsen waren,sich in ungeschlachte
Landsknechtswaden fortsetzten und in einen,von Lastern ausgemergelten Körper übergingen.
Tote,schwarze Augen starrten mich neugierig an,aus einem Kopfe der sich in unnatürlicher Haltung
zu mir neigte.
Diesen hier hasste ich sofort und abgrundtief aber bevor ich ihm an seine dünne Saufgurgel gehen
konnte,wurde er schon weggezogen,vertrieben,wie man einen Sklaven vertreibt.
Mein neuer Gesellschafter war von fast kindlicher Jugend und mit königlicher Gebärde ließ er sich
zu mir auf den Brunnenrand nieder,spielte mit der edlen Hand im Wasser als wolle er das weiche
Fell einer Katze streicheln und begann zu erzählen...
-
Der Schacht ist eng und dunkel,fahl grau schimmernder Fels und Sand wie geronnenes Blut.
Manche Öffnung ist so bizarr geformt,man muss sich seltsam verbiegen um hindurch zu gelangen.
Lange dauert es und mühselig ist die Passage bis wir endlich in die blendende Helle treten können.
Wie groß die Enttäuschung,die Helle ist nur Flutlicht und wir sind nicht die ersten.
Einsatztruppen trainieren hier schon und einige Athleten,angespannte Gesichter auf veralteten
Monitoren.
Aus dem kleinen Grüppchen der Zuschauer werde ich gerufen,es ist W. und wir umarmen uns mit
aller Herzlichkeit.
Der Beste und Tapferste von uns,ich hatte immer erhofft ihn noch einmal wieder zu sehen aber
nicht daran geglaubt,nun bin ich glücklich.
In seiner ruhigen,bedachten Art beginnt er zu erzählen,von dem was alles geschehen ist,von seiner
Frau und den Kindern.
Ich höre zu und schaue dabei an mir herunter.
Die Kleider hängen in schmutzig roten Fetzen an mir herunter,so wie an den anderen Tunnelratten
wider Willen und ich schäme mich und meine Gedanken schweifen ab...
-
Die Welt ist ein langgezogenes,liegendes Oval das hin und her schwingt.
Es ist nicht so,daß wir uns bewegen,wir stehen stille,es ist das Außen das sich bewegt.
Das Außen sackt nach unten weg und in erstaunlicher Kürze wird blau zu schwarz.
Dann werden unsere Augen zum Brand von Wunderkerzen und die Funken spritzen aus ihnen
hinaus,bleiben schwerelos hängen und erhellen die Finsternis.
Auch unser Vehikel hat sich verändert.
Da wo einst Kontur war,Stoff und Material,Naht und Krümmung,zeichnen jetzt nur durchbrochene,
sanft glimmende Linien das nach was eben noch fest schien.
Alles ist transparent,wir stehen auf einer Platte die wie aus Glas gemacht scheint und sehen uns an.
Ein bekanntes Gefühl von Geborgenheit macht sich breit.
Wohin gehen wenn sonstwo nichts und hier alles ist?
Woran zweifeln wenn ein jeder das weiß?
Wozu überall,wenn überall hier ist,die Quelle von allem was fließt?
Einer lächelt mich an und sagt ,wir hätten bekannte Unbekannte an Bord.
Ich lächle zurück,weiß genau was er meint.