Hunde
30.10.2019 um 15:07
Welche Hunde landen im Tierheim:
Man kann das natürlich alles nicht über den Kamm scheren, weil es ebenso viele Geschichten dahinter gibt, wie Tiere im Tierheim sind. Ich denke, wir sind uns einig, dass die Hunde im Prinzip natürlich nichts dafür können, denn die verhalten sich eben wie Hunde ihres Typus verhalten. Trotz allem kann man nicht abstreiten, dass gerade Hunde im Tierheim landen bzw länger dort sitzen bleiben, die irgendwie "Probleme" machen. Alte pflegeintensive Hunde, kranke teure Hunde sowie junge Hunde, die nicht jeder halten und führen kann und die Wesens- oder Sozialisierungsprobleme haben. Manchmal sind es schlicht Hunde, die ihren Anlagen gemäß nicht gut in unsere heutige Gesellschaft passen und die das Pech hatten, dass die ersten 1-3 Jahre (typisches Abgabealter) nicht in die richtigen Bahnen gelenkt wurden.
Nimmt man also einen Hund aus dem Tierheim, dann sollte man damit rechnen, dass der Hund sein Päckchen mitbringt. Dass er nicht dankbar und glücklich ist und auf seinem gepacktem Köfferchen sitzt, um zu einem zu ziehen und vor lauter Dankbarkeit seinem Retter ewig treu zu sein, sondern dass er nach und nach auspackt, was er so an Verhaltensweisen bisher etabliert hat. Und das kann mitunter was völlig anderes sein, als er bisher beschrieben wurde.
Wieso landen Hunde im Tierheim:
Leider ist es ja so, dass Hunde oftmals schnell angeschafft werden, ohne darüber nachzudenken, ob das passt. All die Listenhunde zb, die als Erweiterung gewisser Körperteile dienen. Oder Modewellen, wie man es gerade an Husky und Co sehen kann dank game of thrones. Oder die Schwämme an Akitas nach dem Film Hachiko. Oder man findet einfach gewisse Hunde schön und der elegante Weimaraner passt ja so gut zum SUV.
So, und man kann Hunde ja wirklich so ziemlich überall kaufen. Ich war bei meinem allerersten Hund in einem Tierheim, da wollte man mir keinen geben, weil zu jung. Dann war ich bei einem Züchter, der hat mir zu viele persönliche Fragen gestellt und überhaupt, was kostet ein Rassehund bitte 1000Euro. Die machen doch Kuxusurlaub nach jedem Wurf! Also ab zum Ups Vermehrer, der war günstig und hat keine Fragen gestellt. Geld auf den Tisch und Tschüss.
Zum Glück hab ich mir einen Hund geholt, der nur nett ist und so hatte ich keine Probleme. Im Gegenteil, die Herausforderungen haben mir erst so richtig Spaß gemacht. Ich kenne aber ziemlich viele Hunde, die dann, sobald sie schwierig werden, erst bei Ebay eingestellt werden, und wenn die da auch keiner will, im Tierheim landen. Uninformierte, ungeprüfte Menschen und das billige Angebot an Hunden machen es also möglich, dass manche Leute ihre Hunde schneller abschieben und sich den neuen holen, als so mancher Unterhosen wechselt. Der Leidtragende ist immer der Hund. Ohne Orientierung, ohne rassegerechte Auslastung, hin- und hergeschoben in sensiblen Lebensphasen.
Wer sollte sich also einen Hund im Tierheim holen?
Leute, die erstmal wenig erwarten. Wenn man mit gutem Tierschutz zusammen den richtigen Hund aussucht und selbst dabei trotzdem flexibel ist und darüber hinaus Lust hat an Ängsten oder originellen Verhaltensweisen zu arbeiten, kann im Tierschutz fündig werden.
Wenn man die Kapazitäten und den Willen dazu hat, sein Leben so umzukrempeln, dass der spanische Tierschutzhund sich 3 Wochen hinter dem Schrank versteckt und niemals angeleint werden kann, weil da ordentlich galgo drin steckt. Oder der hübsche Mischling aus dem Tierheim nach paar Wochen Nettsein den Vorhang fallen lässt und absolut unerträglich ist, sodass man dazu verdammt ist, den Rest seines Lebens irgendwo im nirgendwo seine Runden zu drehen und den Horizont nach anderen Gassigängern abzuscannen. Oder wenn man bereit ist, einen frischen unbekannten Hund mit körperlichen Handycaps zu nehmen und da sehr viel Geld und Pflege reinzuinvestieren, weil das leichte Hüpfen, wo das Tierheim abgewunken hat, ne katastrophale schlechte Hüfte ist, wo der Hund nicht belastet werden kann.
Was also, wenn man das nicht will? Wenn man...
- einen festen Tagesablauf hat, den der Hund mitmachen können muss
- nicht die Möglichkeit hat, einem Hund mit "special effects" zu bieten, was er braucht oder man sich nicht einschränken lassen möchte für den Hund
- einen Hund bekommen möchte, den man möglichst lange behält
- bestimmte Hundetypen mag und genau diese Eigenschaften bei einem Hund haben möchte
- einfach keine Lust hat die Fehler anderer Leute auszubügeln, die längst wieder den nächsten Hund versauen
- eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit haben will, dass der Hund nach dem jetzigen Stand durch getestete Eltern gesund ist
Jenau, man kann bei einem Züchter kaufen.
Züchter ist nicht gleich Züchter. Das ist ja kein geschützter Begriff, jeder, der nen Wurf hat, ist Züchter. Der Unterschied ist im Detail. Welchem Verein gehört der Züchter zu? Wozu hat er sich verpflichtet? Welchen Wissensstand hat er, wie gut kennt er sich vor allem bei seiner Rasse und seinen Linien aus? Wie hält er seine Hunde, wie viele Würfe macht er? Was können seine Hunde, wie sind diese untersucht?
Und da macht es schon einen gewaltigen Unterschied, ob man die Uschi von nebenan ist und der Tierarzt gesagt hat, dass Hundi gesund ist, und sie den lieben Pauli von gegenüber decken lässt.
Oder ob man sich verpflichtet in einem seriösen Verband zu züchten, vom Zuchtwart kontrolliert zu werden, der Hund auf x Krankheiten von einem Spezialisten untersucht ist, man 2 Jahre nach dem passenden Deckrüden sucht und dann 1000km fährt, weil genau der eine Rüde mit der seltenen Blutlinie den Ahnenverlust senkt. Dann wochenlang neben der Wurfkiste schläft, seinen ganzen Jahresurlaub für den einen Wurf nimmt, die Welpen mit 3 Wochen auf genetische Krankheiten untersucht werden, man die Welpenkäufer mit Fragen löchert und sich noch dumme Sprüche anhören muss, wenn man keine Zusage gibt, Welpenkäufern hinterher rennt, damit sie für die Nachzuchtkontrolle ihre Hunde wie vertraglich festgehalten, endlich röntgen lassen usw usf.
Heutzutage zahlt man für beides annähernd denselben Preis, deswegen ist es nicht einfach, 1. Die passende Rasse für sich zu finden und 2. Einen guten seriösen Züchter zu finden.
So, und nach dem mega Vorlauf zur Beantwortung der Frage, wieso überhaupt züchten?
Weil man als Käufer bei einem seriösen Züchter die höchstmögliche Wahrscheinlichkeit hat, dass die Hunde möglichst gesund sind und dass die Eltern angemessen zur Zucht verwendet werden (Pflichttests, Deckbeschränkung, Ruhephasen usw usf). Weil man einen Hund kriegt, der den eigenen Vorstellungen entspricht und den man von Beginn an begleiten und formen kann. Immerhin lebt man idealerweise 10, 12, 15 Jahre eng mit diesem Tier zusammen. Das sollte Dann ja schon beiderseits passen.
Weil man als Züchter die Möglichkeit hat, "seine" Rasse nach seinen Vorstellungen und Idealen zu züchten und damit etwas zu bewirken. Weil man schwarz auf weiß vorlegen kann, wieso der eigene Hund sich für die Zucht eignet und was ihn dazu berechtigt, sich fortzupflanzen.
Und ganz ehrlich, Hunde vom seriösen Züchter habe ich im Tierheim noch nicht gesehen (jedenfalls, wenn der Züchter davon wusste). Ein guter Züchter fühlt sich zeitlebens seiner Nachzucht für sie verantwortlich. Er sucht die Leute möglichst gewissenhaft aus (natürlich kann man einem nur vor den Kopf schauen), er beobachtet, die Entwicklung, er steht mit Rat und Tat zur Seite und außerdem nimmt er sie zurück oder vermittelt aufgrund seines Netzwerks an Rasseliebhabern den Hund weiter. Wer das nicht tut, ist für mich kein Züchter, sondern ein Vermehrer.
Wir haben letztens zB über Kontakte davon erfahren, dass der 7 Jahre Hund eines befreundeten Züchters im Zwinger saß, schon 1,5 Jahre. Wir sind am nächsten Tag zusammen 600km gefahren, haben die Hälfte des Neupreises für den Hund bezahlt und da rausgeholt. Der Hund wurde vom Tierarzt komplett saniert (1500Euro) und von uns in einem 3/4 Jahr komplett auf die Beine gestellt (Muskulaturaufbau, Resozialisierung etc), bis er wieder mal der Hund war, der er war. Dann wurde er an liebe Bekannte für 500Euro vermittelt, wo man weiß, daß er es gut hat.
DAS macht ein Züchter.
Und ja, natürlich steht die Frage im Raum, wieso es dann bitte so viele Qualzuchten gibt. Wieso Mops und Co täglich röcheln und sich quälen. Wieso man diese Zucht nicht endlich verbietet. Wie kann man nur züchten, wenn es so viele Hunde im Tierheim gibt, die ein Zuhause suchen? Wie kann man nur züchten, wenn es solche Qualzuchten gibt?
1. Meine Nachzuchten werden sicher nicht im Tierheim landen. Niemals. Da versuche ich mich zb auch abzusichern mit Vorkaufsrecht und Vertragsbruch usw. Und ich habe keinen Züchter in meinem Freundeskreis, der die Aktion weiter oben nicht auch sofort durchziehen würde. Hier ist immer ein Platz frei für eines meiner "Babys", wenn der Besitzer verstirbt oder in absolute Not gerät. Wir finden eine Lösung.
2. Ja, Qualzuchten sind furchtbar. Aber was kann ich dafür, dass es Menschen gibt, die solche Hunde kaufen und dass es Menschen gibt, die solche Hunde züchten? Was hab ich mit meiner Rasse zu tun mit dem Züchten französischer Bulldoggen?
3. Immer wird von "den Züchtern" gesprochen. Schaut man sich einfach mal schnöde die Fakten an (wie langweilig): bei Tasso wurden vergangenes Jahr 11.200 Französische Bulldoggen neu registriert. Beim vdh, dem größten Hunde Verband, der an die fci angeschlossen ist, wurden laut Welpenstatistik in ganz Deutschland 154 frenchies geboren.
So, wir können uns jetzt natürlich mega über die 154 Hunde aufregen, die schnorcheln und die ja wer im Verband züchtet. Wir können uns aber auch fragen, woher die 11.000 anderen Hunde kommen. Die wurden nämlich schwarz gezüchtet oder importiert, werden tonnenweise bei ebay oder deine-Tierwelt angeboten. Da schaut keiner, ob die Hündin die Schonfrist hätte, oder ob die Tests auf Keilwirbel gemacht wurden, ob die Nachzucht mit 2 auch noch freiatmend ist. Also guckt genau, woher eure Hunde wirklich kommen... Oder hört auf zu schimpfen auf "die Züchter". Denn das sind die die sich Mühe geben. Den Rest kann ich nicht so bezeichnen...