@GöttinLilif Aber warum wollte denn Echnaton alle anderen Götter abschaffen, oder wollte er das gar nicht? Doch wenn er es wollte und er viele alte Tempel und Götter in den Orkus schicken wollte, muss er dann nicht als mithin Erster gelten, der einen, sagen wir, egoistischen Gott vertrat, welcher die anderen Götter zu ermorden trachtete? Du sagst, durch ihn und seine Frau wirkte der Schöpfergott; aber wie kann dies nur sein, wenn es meines Erachtens so ist, dass der Urgott tatsächlich gar kein Interesse daran hat, andere Götter ins Jenseits zu katapultieren, da er gerade durch diese auch lebt.
Denn wie wir durch Assmann sehen, ist das Gegenteil von Monotheismus gar nicht, wie oft angenommen, Polytheismus, sondern vielmehr Monismus. Ich veranschauliche das auch gerne so: Dem wahren Gott der Einheit kannst du deswegen nichts beigesellen, da er alles selbst ist, was man ihm beigesellen würde. Beigesellen kann man nur jemandem was, der getrennt ist. Der eine Eigenständigkeit darstellt, neben die man eine andere Eigenständigkeit stellt. Somit ist der Gott, der eifersüchtig ist, ein Gott der Trennung und ein Gott der Intoleranz. Aber der wahre Gott ist gerade deshalb tolerant, da es nichts außer ihm gibt. Du kannst ihm nichts beigesellen, da er die wahre Einheit darstellt. Nun, einer wahren Einheit kann man schließlich gar nichts beigesellen. Einheit bleibt Einheit. Und der wahre Gott, so meine ich, ist die Einheit in der Vielfalt. Die Einheit der Vielfalt.
Er kennt Tausende, Millionen, unbeschreibbar viele Verkörperungen und Inkarnationen seiner selbst. Zu wem auch immer, zu welchem Aspekt ein Mensch also auch immer beten möchte, so betet er sowieso eigentlich zu ihm. Er muss nicht kämpfen und zum Kampf auffordern, um Herrschaft und Aufmerksamkeit für ihn zu erhalten. Er hat sie längst. Er hat schon ohne zu kämpfen seit Anbeginn an gewonnen. Denn egal was auch immer hier geschieht, immer nur geschieht es durch ihn. Er muss keine hohen Reden von sich selbst halten und auch niemanden einschüchtern. Er braucht und verlangt keine Unterwerfung. Und das ganz einfach deswegen: Er ist. Alle Götter bestehen in ihm. Von dem man weder sagen kann, er wäre eine Sie, noch ein Er. Noch beides. Es ist persönlich wie unpersönlich in Einem.
Wie Jesus sagte im Thomas-Evangelium: "Hebe den Stein, und du wirst mich finden; breche das Holz, und du wirst mich finden." Der monotheistische Gott ist also ein Gott unter Göttern, der nur die anderen Götter nicht neben sich anerkennen kann. Er ist machtgierig und will alle Fokussierung auf ihn alleine lenken. Doch er ist es nicht. Er verkennt nämlich die wahre Einheit. Die Einheit in der Vielfalt.