AnGSt schrieb:Und der Ozean umgibt das ganze. Selbiges können wir auch bei Platon lesen. Ist das verwandt?
Kann man so sagen, obwohl Platon es gerade nicht mehr so meint.
Die antike Vorstellung von der Weltscheibegab es schon in Mesopotamien. Die Welt besteht hauptsächlich aus einem Berg, von dem aus das Land immer weiter abfällt, bis hin zum Rand, an dem sich das Meer befindet, welches das gesamte Land umspült. Das Land ist ungefähr kreisförmig, der Weltkreis/Erdenkreis. Über das ganze spannt sich eine Kuppel, der Himmel. Oberhalb der Kuppel befindet sich wieder Wasser. Nach dem Babylonischen Mythos sind das Himmelswasser und das die Welt umspülende Wasser, das Meer, die zwei Teile der Chaosmacht Tiamat, und die Himmelskuppel wurde von Marduk geschaffen, damit die beiden Tiamathälften nicht wieder zusammenkommen, weil sonst Tiamat, der Chaosdrache, die Weltordnung zerstören würde.
Wonach das klingt, ist Dir sicher aufgefallen, auch dort scheint eben dieses Weltbild vorzuliegen.
Auch die alten Griechen stellten sich die Welt zunächst in dieser Gestalt vor. Das die Welt umspülende Wasser galt als unbefahrbar, zumindest als äußerst gefährlich. Seine Fluten umflossen den Weltkreis als tosender Mahlstrom. Genannt wurde dieses Gewässer Okeanos. Hielt man in frühester Zeit alle Meere für Teil, wenigstens für Ausläufer dieses Okeanos, so wurde schon in der Bronzezeit klar, daß es auch Meere gab, die nicht Teil des Okeanos waren. Das Mittelmeer, das Schwarze Meer... Atlantik und Indik waren für die Griechen schließlich Teile des Okeanos, welcher die damals bekannte Welt, die Oikoumene umfloß.
Die Griechen haben irgendwann festgestellt, daß die Erde eine Kugel sei, und daß die Oikoumene nur einen kleinen Teil dieser Kugel abdeckt. In dieser Zeit spekulierte man, wie es jenseits der Oikoumene wohl aussähe. Populär war die Vorstellung von vier etwa gleich großen "Kontinente", welche durch riesige Meere voneinander getrennt wären. So nahm man westlich vom Atlantik die perioikei an, die "Nebenbewohner", südlich vom Indischen Ozean, (von dem man dachte, er zöge sich südlich von Äthiopien bis zum Atlantik) die antoikei, die "Gegenbewohner". Südlich der Perioikei hätte sich dann die Welt der Antipoden befunden. In diesem Weltbild konnte es keinen den Weltkreis umspülenden Okeanos geben, er "schrumpfte" zum die vier Weltgegenden abtrennenden Riesenmeer, zum Ozean.
Platon schildert eine andere Weltvorstellung. Da ist der Atlantik auch ein Riesenmeer, aber dahinter befindet sich kein westlicher "Zwilling" zur Oikoumene, sondern dort läge ein viel riesigeres Festland. Womöglioch ein die Oikoumene umspannendes Land (falls Plato von der Kugelgestalt der Erde ausging).
Immerhin bewahrt Plato aber noch Restvorstellungen des alten Weltbildes. Ich erwähnte, daß das Festland um einen Berg liege, von dem aus das Land zum Meer abfällt. Nun erlebten die Menschen vonn Mesopotamien über die Levante bis hin zum nördlichen Mittelmeerraum, daß praktisch alle größeren Flüsse nach Süden fließen. Daher nahm man gemeinhin an, daß der Hauptberg des Weltkreises sich im Norden befinde. In der Levante galt dieser Berg auch als Sitz der Götter. Der Berg hieß Zafon, was zugleich Norden bedeutete. In der Levante verehrte man auch den Baal Zafon, der den Thron des Göttervaters El übernommen hatte. Erinnerungen davon kommen sogar in der Bibel vor. - Zurück zu Platon, ähm: gleich. Wie gesagt, der Weltenberg ist im Norden, weil ja das Wasser nach Süden fließt. Es gibt nur eine große Ausnahme: der Nil. Der fließt einfach gegen alle "Naturgesetze" nach Norden. Deswegen wurde er auch "das verkehrte Wasser" genannt. Und dies kommt bei Plato vor. Dort schildert ein ägyptischer Priester, daß es immer wieder menschheitsvernichtende Katastrophen gab, mal mit Wasser, mal mit Feuer. Stets vergaßen die Überlebenden ihre Geschichte. Nur in Ägypten nicht. Denn hier fließe das Wasser "von unten", was eine (von oben = Norden) kommende Überflutung stoppe und Feuer auslösche. Und so hätten die Ägypter die Katastrophen besser überlebt und das alte Wissen bewahrt.
Schnell dies noch: Auch die Germanen dachten sich die Welt Midgard als ein zusammenhängendes Land, welches meerumspült sei. Und am äußersten Weltenrand umschlinge die Midgardschlange das alles.
AnGSt schrieb:Das liest sich für mich so, als wäre Gematria zur Zeit der Toraschreibung schon möglich gewesen.
Nee, da steht, daß die Gematrie nicht vor dem 1.Jh. v.Chr. belegt ist, es aber immerhin möglich wäre, daß das System, Buchstaben als Zahlenwerte zu nehmen, schon zweihundert Jahre zuvor eingesetzt habe. Ob gemeint sei, daß auch die Gematrie oder eine dem Griechischen (pythagoreisch) ähnliche Zahlenmystik als Vorstufe der Gematrie ab dem 3.Jh.v.Chr. möglich war, läßt sich aus dem Artikel nicht entnehmen. Eine gewisse Zahlenmystik kennen wir ja aus der Apokalyptik der hellenistischen Zeit, aber die ist ja noch ungematrisch. Keine Buchstabenzählerei darunter. Insofern füllte schon "wer anderes" die Nische aus, die die Gematrie hätte einnehmen können. Ab der Zeitenwende gabs dann auch Gematrie in der Apokalyptik, bekanntestes Beispiel die Zahl des Tieres in der Offenbarung. Ich erwähnte bereits...
Die Tora war als Werk längst geschrieben; schon in der Perserzeit hatte sie den Status des mosaischen Gesetzeswerkes (Esra). Das liegt deutlich vor der Zeit, ab der das Zählen mit Buchstaben laut diesm Artikel bei den Griechen einsetzte.
Pertti