natü schrieb:Übrigens - 'aus einem objektiven Blickwinkel' schreibst du. Lass dir die Formulierung mal auf der Zunge zergehen!
(In so einem Winkel würde ich auch gern wohnen.)
In wie fern? (Auf den Klammerteil bezogen.)
So sehr ich meine Objektivität und mein Abstraktionsvermögen bei manchen Tätigketen, wie dem Diskutieren, zu schätzen weis, manchmal wird es auch zur Plage.
natü schrieb:Mythen können übrigens auch einen wahren Kern haben. Sie vermitteln Welterklärung und soziale Ordnung = Moral.
Sehrwohl. Genauso wie auch Kindergeschichten, Disney-Filme oder Fantasy-Romane hier und da ethische oder moralische Werte zu vermitteln versuchen. Die verwendeten Visualisierungsmethoden, Symbole oder Metaphern sind dabei einfach sekundär.
Es ist mir letztlich egal, welche/r/s Geschichte/Mythos/Phänomen als Beispiel herangezogen wird, vielmehr wird es interessant, wenn man sich auf den/die zu vermittelnde/n Wert/Moral/Ethik konzentriert und fragt, warum nun dieser betont werden soll.
Bibelgeschichten, wie auch Disney-Filme, sind, wenn man sie einmal als Geschichten betrachtet, randvoll mit Gewalt. Warum ist das so, wenn doch positive zwischenmenschliche Werte vermitteln werden wollen?
Sofern sich in den pädagogischen Konzepten nicht grundlegend etwas geändert haben sollte, so wurde mir vermittelt, dass es für das Lernen eher kontraproduktiv ist, wenn man dem Schüler zeigt, wie man es nicht macht.
Da wirken die Kinder-/Geschichten doch etwas paradox.
Jetzt könnte man natürlich wieder anführen, dass ohne eine vernünftige Drohkulisse angeblich keine Motivation bestünde, sich richtig zu verhalten. Das ist aus psychologischer Sicht aber auch Unfug.
Wer Straftaten begehen will, der lässt sich auch nicht abschrecken, auch wenn mancherorts in Amerika nach härteren Strafen zur Abschreckung gefordert wird, weil die Todesstrafe ja angeblich zu lasch wäre. Wieder etwas Paradoxes.
Von den Paradoxien abgesehen wieder zurück zur Wertevermittlung.
Grundsätzlich, zumindest stelle ich die These jetzt einfach in den Raum, sind wir an einem friedlichen Miteinander interessiert. Für dieses Miteinander gibt es dann moralische und ethische Vorstellungen.
Das Problem der Religion in diesem Kontext sehe ich, wenn sie zum Ersatz für die Moral wird, die sich am Miteinander orientiert und aus dem Miteinander entwickelt hat. Was wir von uns und unseren Mitmenschen erwarten und wollen, das kriegen wir erst heraus, wenn wir in den Dialog treten.
Wenn nun aber jemand daherkommt und meint er habe ein Buch gelesen mit Aussagen von einem Menschen, der vor Tausenden Jahren angeblich genau das gesagt habe, dann an den moralischen Grundsätzen Gefallen findet und sich nach diesen richten wird, unabhängig von dem, was die im Dialog erörtere Moral besagt, dann kann man zurecht die Frage stellen, wie viel Interesse am Miteinander dieser Buchleser wirklich noch hat?
Kann es das Ziel sein, dass wir uns Religonsfreiheiten einräumen, wenn diese Religionen Moralvorstellungen mit sich bringen, die erfordern, dass eben diese Freiheiten wieder eingeschränkt werden? Das gleicht doch einem Schuss ins eigene Knie.
Es klingt immer so utopisch, wenn man Spekulationen erlebt, wie perlweis, sauber und friedlich die Welt doch wäre, wenn doch nur alle endlich auf diese oder jene Art Leben würden und ein moralisches Konstrukt einfach annehmen, anstatt es mit anderen Konstrukten vergleichen zu wollen.
Grundsätzlich denkbar, aber will man das auch wirklich? Also ernsthaft, will man das? Und wer garantiert, dass diese Einbettung verschiedener Lebensweisen hin zu einer einzigen auch tatsächlich diese perlweise, saubere und friedliche Welt bringen - ein Buch? Ein Buch, in dem Gewalt ein zentrales Thema darstellt?
Ist Religion nur ein Gerüst oder schon das fertige Konstrukt? (Könnte fast ein eigenes Thema werden...)