paxito schrieb:Wie du das persönlich findest, ist erstmal ohne Belang. Da du offen zugibst, dass du eine völlig konträre Position vertrittst, ist dein Urteil bei der Frage ob der Fideismus nun vernünftig sei oder nicht, sowieso klar. Wenn du da schon Urteile fällen willst, dann bitte auch als persönliche Meinung kennzeichnen.
Es ist doch definierend für den Fideismus, dass er der Vernunft eine sekundäre Rolle einräumt. Das hat nichts mit meiner persönlichen Meinung zu tun. Dazu auch noch mal aus Wiki:
Fideism (/ˈfiːdeɪ.ɪzəm, ˈfaɪdiː-/) is an epistemological theory which maintains that faith is independent of reason, or that reason and faith are hostile to each other and faith is superior at arriving at particular truths (see natural theology).
Quelle:
Wikipedia: FideismEine streitbare Frage wäre also eher, ob Leute diesen
trotzdem vertreten sollten. Dazu aber unten mehr.
paxito schrieb:Ich halte vom Fideismus vermutlich weniger als du, aber ich käme nie auf die Idee ihn als „unvernünftig“ zu bezeichnen. Ich halte einfach die zu Grunde liegenden Prämissen für falsch, ich teile sie nicht. Das ist alles.
Das der Fideismus etwa von Auguste Sabatier ein in sich schlüssiges, logisches und vernünftiges Konzept ist, steht für mich zweifelsfrei fest. Deswegen ist es noch lange nicht richtig.
So sehe ich das doch auch.
:ask: Ich meine mit "unvernünftig" nicht, dass das Konzept von sich aus inkonsistent sei, sondern dass die zugrunde liegenden Prämissen falsch sind. Ich gehe also von einem semantischen, nicht syntaktischen Wahrheitsbegriff aus.
paxito schrieb:Nebenbei machst du da genau das, was ich kritisierte. Aus deiner eigenen Haltung heraus, sagst du was die (epistimisch) guten Gründe sind, die du gleichzeitig mit der Vernunft überhaupt gleichsetzt. Damit sprichst im Grunde jedem der anderer Meinung ist die Vernunft ab. Kann man machen, nur wozu diskutierst du dann überhaupt noch?
Nein, wo mache ich das denn deiner Meinung nach?
Wenn ich mir deine bisherigen Einwände so anschaue scheint mir eher, dass Du mich missverstanden hast (s.o.), aber das lässt sich sicherlich noch klären. Wie gesagt, die epistemischen Prämissen von dogmatischen oder fideistischen Positionen teile ich ja ebenfalls nicht; sie sind ja praktisch schon per definitionem "unvernünftig", also in dem Sinne als dass sie eben die Vernunft nicht als primäre Instanz betrachten.
paxito schrieb:„Jeder sollte am Sonntag in die Kirche.“
Das finde ich vermutlich so unvernünftig wie du, wenn auch aus völlig anderen Gründen. Deswegen ist die Forderung aber nicht falsch. Sie wird auch nicht richtig, wenn sie vernünftig wäre. Du kannst hier nicht einfach „unvernünftig/vernünftig“ mit „ethisch wünschenswert/ nicht wünschenswert“ gleichsetzen.
Auch hier erhärtet sich mein Verdacht, dass wir aneinander vorbeireden. Ich denke, Du spielst auf das Hume'sche Gesetz bzw. den Sein-Sollen-Fehlschluss an, bei dem es - kurz gesagt - darum geht, dass rein logisch-deskriptive Tatsachenbestände niemals auf einen (ethisch begründeten) Soll-Zustand schließen lassen. Und da gehe doch auch völlig mit!
Wenn ich also im Kontext von Ethik / Moralphilosophie von
Vernunft spreche, dann geht es mir primär darum, dass man a) das eigene ethische System konsistent aufbaut und b), dass die dem System inhärenten Prämissen nicht irrational sind.
Vielleicht hilft Dir ein extremeres Beispiel, um Punkt b) zu verdeutlichen: Angenommen, mein ethisches System beinhaltet - warum auch immer - Axiome bzw. eine Menge von Axiomen, die jegliche wissenschaftliche Erkenntnis ignoriert oder schlicht für falsch erklärt. Dann ist dies per Definition unvernünftig - ob man dem jedoch aus ethischer Sicht trotzdem folgen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Das Subjekt kann dem trotzdem stur folgen und ich lediglich den Kopf schütteln, doch dies kann nur (!) aus meinem eigenen Wertesystem erfolgen. Es geht aufgrund des Fehlschlusses auch nicht anders, denn logisch betrachtet existiert diesbezüglich keine andere Brücke.
Wir können immer noch eine Diskussion über die einzelnen Axiome und Prämissen führen, bei denen es dann darum geht, warum es vielleicht für mich als Individuum oder für die Gesellschaft besser wäre, Axiom oder Prämisse X zu folgen oder eben zu verwerfen. Das geschieht jedoch völlig auf der Ebene der Moralphilosophie.
Hoffe, das klärt nun einige Missverständnisse auf.
:)