An Atheisten
04.12.2015 um 19:12@Monasteriker
@Monasteriker
"Beim Menschen fand sich, mit der Vernunft, nothwendig die erschreckende Gewißheit des Todes ein. Wie aber durchgängig in der Natur jedem Uebel ein Heilmittel, oder wenigstens ein Ersatz beigegeben ist; so verhilft die selbe Reflexion, welche die Erkenntniß des Todes herbeiführte, auch zu metaphysischen Ansichten, die darüber trösten, und deren das Thier weder bedürftig noch fähig ist. Hauptsächlich auf diesen Zweck sind alle Religionen und philosophischen Systeme gerichtet, sind also zunächst das von der reflektirenden Vernunft aus eigenen Mitteln hervorgebrachte Gegengift der Gewißheit des Todes. Der Grad jedoch, in welchem sie diesen Zweck erreichen, ist sehr verschieden, und allerdings wird eine Religion oder Philosophie viel mehr, als die andere, den Menschen befähigen, ruhigen Blickes dem Tod ins Angesicht zu sehn."
(Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, 2. Band, Kap. 41 - Ueber den Tod und sein Verhältniß zur Unzerstörbarkeit unsers Wesens an sich)
Monasteriker schrieb:Naturwissenschaften können aber nur das untersuchen, was Natur ausmacht, nicht aber daraus ableiten, dass daraus die Existenz von etwas Nichtnatürlichem folgt. Also kann die Existenz einer mit der Natur interagierenden persönlichen Entität, die selber nicht Natur ist, gar kein Forschungsgegenstand der Naturwissenschaften sein. Man würde immer nur auf natürliche Ursachen schließen, nicht aber auf über- oder außernatürliche, weil dies den Rahmen überschreitet, innerhalb dessen Naturwissenschaft definiert ist.Sofern man in die Worthülse "Gott" das Attribut "übernatürlich" reinpackt - was man zwar machen kann, aber nicht muss - hast du natürlich recht, ja.
wichtelprinz schrieb:Also entweder hat nun Naturwissenschaft mit der existenz Gottes zu tun oder man kann das Buch kübeln ;)Entweder, oder...? Also ich persönlich würde ja beides bejahen... :D
@Monasteriker
Monasteriker schrieb:Dawkins weist den Anspruch der Religion zurück, etwas sinnvolles zur Naturwissenschaft beitragen zu können. Darüber hinaus setzt er sich mit Religion kritisch auseinander, weil er sie als potenziell schädlich für die Gesellschaft ansieht. Letzteres hat aber nichts mit einer naturwissenschaftlichen Untersuchung von Gott zu tun. Sollte man zu differenzieren wissen ...Ich halte eher wenig von Dawkins. Aber tatsächlich hält er die Frage nach Gott für eine Frage der Wissenschaften, sofern ich ihn da richtig verstanden hatte (könnte ggf. auch noch einmal nachlesen). Und was die Auseinandersetzung mit Religion angeht, so macht er den gleichen Kardinalfehler wie schon viele andere Atheisten. Religion und Gottglaube ist für ihn so ziemlich das gleiche, womit er ganz klar verkennt, dass das zentrale Element so ziemlich aller Religionen schon immer die Auseinandersetzung mit dem Tod war, wie schon einst Schopenhauer ganz gut erkannte und recht treffend formulierte:
"Beim Menschen fand sich, mit der Vernunft, nothwendig die erschreckende Gewißheit des Todes ein. Wie aber durchgängig in der Natur jedem Uebel ein Heilmittel, oder wenigstens ein Ersatz beigegeben ist; so verhilft die selbe Reflexion, welche die Erkenntniß des Todes herbeiführte, auch zu metaphysischen Ansichten, die darüber trösten, und deren das Thier weder bedürftig noch fähig ist. Hauptsächlich auf diesen Zweck sind alle Religionen und philosophischen Systeme gerichtet, sind also zunächst das von der reflektirenden Vernunft aus eigenen Mitteln hervorgebrachte Gegengift der Gewißheit des Todes. Der Grad jedoch, in welchem sie diesen Zweck erreichen, ist sehr verschieden, und allerdings wird eine Religion oder Philosophie viel mehr, als die andere, den Menschen befähigen, ruhigen Blickes dem Tod ins Angesicht zu sehn."
(Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, 2. Band, Kap. 41 - Ueber den Tod und sein Verhältniß zur Unzerstörbarkeit unsers Wesens an sich)