Fabiano schrieb:Warum so viele Mythen die der Christusgeschichte ähnlich sind, darauf habe ich keine Antwort.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Christusgeschichte - ähnlich der Sammlung der Gebrüder Grimm - eine Sammlung von Mythen ist, die zur Zeitenwende im Umlauf waren.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die Zuordnung einzelner Ereignisse zu bestimmten Orten. Nain heißt "der Erweckte" und im Ort Nain wird ein Jüngling von Jesus vom Tode erweckt. Bethania heißt im Aramäischen "Haus der Armen", und gerade dort ergreift Jesus gegen den Widerstand der Jünger Partei für die Armen. Betphage bedeutet "Feigenhaus", darum muß Jesus an diesem Ort einen Feigenbaum verfluchen, weil er zur Unzeit keine Früchte trägt. Die Geschichten scheinen aus den Ortsnamen herausgesponnen zu sein. Ich kann mir vorstellen, dass es an diesen Orten alte Legenden gab, die die Entstehung des jeweiligen Ortsnamens erklären sollten, und dass die Evangelisten diese Legenden gesammelt und verarbeitet haben.
Dass Jesus in den nichtchristlichen Quellen nicht erwähnt wird, ist hier (und in anderen Threads) schon erschöpfend besprochen worden.
eine gute Zusammenfassung ist mMn diese:
http://www.glauben-und-wissen.de/M27.htm#Historizitätdort runterscrollen bis "Es bleibt festzustellen, dass die zeitgenössische Geschichtsschreibung Jesus ignoriert hat."
Noch interessanter finde ich jedoch, dass auch die christlichen Texte des ersten Jahrhunderts keinen historischen Jesus kennen. Die ersten (bzw. ältesten uns bekannten) christlichen Texte waren die Episteln, also die Briefe von mindestens 12 Autoren, deren bekanntester Paulus ist.
Die meisten Menschen halten die Episteln für Zusatzerleuterungen der Evangelien am Ende des Neuen Testaments. Das ist aber so nicht richtig. Die Episteln waren bereits im Umlauf (und wurden neben der jüdischen Tora in christlichen Gottesdiensten gelesen), bevor das erste Evangelium geschrieben wurde.
Und gerade diese Episteln kennen keinen historischen Jesus. Paulus weiß nichts von Jesus, nichts von seiner Geburt, nichts von seinen Eltern, nichts von seiner Lehre, nichts von seinen Wundern, nichts von seinem Wirken. Ein historischer Jesus, der bis vor kurzem wirklich auf der Welt gelebt hat, existiert bei Paulus nicht, sondern nur ein mythischer Heiland der
kommen wird (nicht der schon da war), um das Ende der Welt und das Reich Gottes zu bringen.
Der Tod von Jesus, den Paulus mehrmals erwähnt, fand bei Paulus in einer mythischen Anderswelt statt, so wie auch Sisyphos seinen Stein in einer mythischen Anderswelt immer wieder den Berg hinauf rollt.
Paulus schreibt nicht ein einziges Mal: "Jesus sagte, Doppelpunkt *bladiblub*".
Jesus, der eigentlich der Mittelpunkt von Paulus Briefen sein sollte, wird nur am Rande erwähnt und kein einziges Mal zitiert. Stattdessen macht sich Paulus große Mühe, seine Meinung argumentativ zu begründen und mit Zitaten aus dem Alten Testament zu belegen, obwohl seine Meinung oft in den Evangelien als Jesu Meinung beschrieben wird. Warum diskutiert und argumentiert Paulus, wenn er doch sagen könnte "Jesus hat's gesagt, basta"?
Obwohl sich Aussagen von Paulus oft als Jesusworte in den Evangelien wiederfinden, beruft sich Paulus nie darauf, sondern verkauft diese Aussagen als seine eigenen. Das deutet für mich darauf hin, dass er nicht
wußte, dass es sich dabei um Jesusworte handelte.
Das konnte er auch nicht wissen, da die Evangelien erst später geschrieben wurden.
Ich vermute (und da bin ich nicht allein), dass die Autoren der Evangelien die Episteln als Quelle genutzt haben. Sie standen vor der Aufgabe, den mythischen Gott in einen realen Menschen zu transformieren. Um eine geeignete Biographie zu erfinden, verwendeten sie lokale Mythen für die Wundererzählungen, sektiererische Lehren (wie die der Essener) für die Lehre und die Episteln für die Jesuszitate.