Wie "individuell" kann ein Zugang zu Gott sein?
Wenn es um diese Frage geht, muss man sich erstmal darüber im Klaren sein, welcher Gott gemeint ist. Ist es der gütige und barmherzige Gott der Christen oder der allmächtige Gott des Alten Testaments? Handelt es sich um Allah (Gott der Moslems) oder um Ganesha, einer indischen Gottheit des Glücks und der Zufriedenheit (Weisheit, Intelligenz, Poesie, Musik und Tanz, Wissenschaften, Schutzherr der Kaufleute) - oder handelt es sich um Mutter Natur?
Eins ist gewiss, - Gott hat viele Gesichter.
Die Frage nach Gott ist so alt wie die Menschheit - zu Anfang war Gott Himmel und Erde.
Heute ist Gott vielschichtig - und der Glaube an Gott ist keine leichte Aufgabe. Manche Menschen verzweifeln an ihr.
Hier mal eine Buchbesprechung zum Thema:
Der Buchautor Rolf Schieder fragt: Wie riskant ist Religion?
Nur Dummheit ist gefährlich
Wer sich nur oberflächlich mit Religion beschäftigt, steht mit beiden Beinen in der Luft. Dies ist die erste Erkenntnis des bemerkenswerten Buches von Rolf Schieder mit den Titel «Sind Religionen gefährlich?».
Der in Coburg geborene Pfarrerssohn lehrt als evangelischer Theologe an der Berliner Humboldt-Universität. Er räumt mit einer Reihe von Vorurteilen auf. Dass etwa der Polytheismus eine friedvollere und harmonischere Lebensweise fördere als der jüdisch-christliche-islamische Ein-Gott-Glaube mit seinen Gewaltpotentialen. Viele Autoren, unter anderen Ulrich Beck und Peter Sloterdijk berufen sich auf den Ägyptologen Jan Assmann, der die These vertritt, wonach durch Moses der Monotheismus als Gegenentwurf zum Polytheismus erfunden wurde und so die gewalttätige Vernichtung aller anderen Religionen in die Welt kam. Ein fataler Denkfehler, meint Schieder. Denn in der Exodusgeschichte manifestiere sich die erste Freiheitsbewegung eines Volkes, das sich zudem noch auf ein Gesetz berufen konnte.
Gewalttätig waren hingegen die einer nordischen Götterwelt nachweinenden Nationalsozialisten, gewalttätig ist auch die nationalistische Hindu-Bewegung in Indien. Und auch die höchst zerstrittene Götterwelt der Griechen verführte nicht gerade zum harmonischen Zusammenleben, wie der Krieg um Troja bewies. Rolf Schieders Sprache ist erfreulich konkret und verständlich. Auch das zeichnet dieses Buch aus.
Weil man den Juden nie missionarische Überwältigungsversuche nachsagen konnte, wurde ihnen ihr Exklusivismus und Separatismus vorgeworfen. Religionen sind nicht gefährlich, sondern riskant, meint Schieder. Das heißt, wer sich wirklich intensiv mit seiner Religion beschäftigt, wird daraus keine Hassbotschaften ziehen können und letztlich zur Toleranz erzogen.
Wollt ihr den «totalen Islam»?
Riskant ist es jedoch, wenn Religion zum Motor der Gewalt wird. Religiös motivierte Terroristen verachten normale Gläubige als unentschlossene, nur äußerlich Glaubende. Liberalismus ist in ihren Augen Schwäche, Demokratie ein Mangel an Entschlossenheit. Religiös motivierte Terroristen sind vom oberflächlichen Konsumismus der Mehrheitbevölkerung abgestoßen. Sie leiden an der ideellen Leere ihrer religiösen Gemeinschaften.
Die zumeist kulturell entwurzelten und sexuell frustrierten jungen Männer fantasieren sich mit Hilfe einer laienhaft zusammengebastelten Weltanschauung in die Rolle der Retter hinein. Durch ihren Tod wollen sie dem Leben eine verzweifelte Bedeutung geben.
Islamisten lernen den Islam nicht als kulturell eingebettete Religion kennen. Sie erfinden sich ihren Islam selbst. Dieser «totale Islam» ist kein traditioneller, überlieferter, sondern ein neuer, von Autodidakten zusammengeschusterter Glaube. In diesem Zusammenhang greift Schieder das neue Buch des Soziologen Ulrich Beck an, der dafür plädiert, dass jeder Mensch für sich einen «eigenen Gott» (so der Titel des Buches) finden müsse. Schieder warnt vor einem solchermaßen religiösen Wildwuchs.
Wichtig sei vielmehr eine Wiedererlangung religiöser Kompetenz. Denn alle Untersuchungen zum religiös motivierten Terror zeigten einen Mangel an religiöser Bildung sowohl auf Seiten der Anhänger radikaler Gruppen, als auch auf Seiten ihrer Führer, die ein Gewalt legitimierendes Gottesbild predigten. «Die beste Gewaltprävention», so Schieder, «ist religiöse Bildung.» Und weil es ihm damit ernst ist, gibt der Autor im letzten Kapitel 40 Hinweise und Empfehlungen für eilige Leser. Es sind kluge Regeln, die Politiker, Lehrer und auch Redakteure vor allzu schnellen und oberflächlichen Urteilen bewahren. Raimund Kirch
Rolf Schieder. Sind Religionen gefährlich? Berlin University Press. 332 Seiten, 29,90 Euro.
http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=951965&kat=300Besonders interesant finde ich jene Passage der Buchbesprechung, hier wird der "individuelle Zugang zu Gott" noch mal explizit thematisiert:
Wollt ihr den «totalen Islam»?
Riskant ist es jedoch, wenn Religion zum Motor der Gewalt wird. Religiös motivierte Terroristen verachten normale Gläubige als unentschlossene, nur äußerlich Glaubende. Liberalismus ist in ihren Augen Schwäche, Demokratie ein Mangel an Entschlossenheit. Religiös motivierte Terroristen sind vom oberflächlichen Konsumismus der Mehrheitbevölkerung abgestoßen. Sie leiden an der ideellen Leere ihrer religiösen Gemeinschaften.
Die zumeist kulturell entwurzelten und sexuell frustrierten jungen Männer fantasieren sich mit Hilfe einer laienhaft zusammengebastelten Weltanschauung in die Rolle der Retter hinein. Durch ihren Tod wollen sie dem Leben eine verzweifelte Bedeutung geben.
Islamisten lernen den Islam nicht als kulturell eingebettete Religion kennen. Sie erfinden sich ihren Islam selbst. Dieser «totale Islam» ist kein traditioneller, überlieferter, sondern ein neuer, von Autodidakten zusammengeschusterter Glaube. In diesem Zusammenhang greift Schieder das neue Buch des Soziologen Ulrich Beck an, der dafür plädiert, dass jeder Mensch für sich einen «eigenen Gott» (so der Titel des Buches) finden müsse. Schieder warnt vor einem solchermaßen religiösen Wildwuchs.