Nach der Gnosis ist Jahwe der Demiurg und nicht der/das Höchste selbst:
Der Demiurg:
Jahwe, der Gott des alten Testamentes, ist der Demiurg, der Schöpfer der materiellen Welt. Jahwe ist dem höchsten Wesen durchaus feindlich gesinnt!
Die gnostischen Lehrer wurden nicht müde, Jahwe, Moses und das Gesetz, die Propheten und überhaupt das ganze Alte Testament im wahrsten Sinne des Wortes zu verteufeln. Im Gegensatz zum himmlischen Vater, der ein liebender Gott ist, ist Jahwe, wie er doch selbst sagt, eifersüchtig, zornig und rachsüchtig und fordert Vergeltung bis ins dritte und vierte Glied. Er wird als gerecht (dikaios) im Sinne einer strengen Anwendung des Gesetzes ohne jegliche nachsichtige Güte oder Liebe dargestellt. Dieser unbarmherzige und zürnende Gott ertränkte die ganze Welt in einer Sintflut. Er verbrannte die Städte Sodom und Gomorrha, obwohl Abraham zu ihm flehte, sie zu verschonen. Jahwes wichtigste Verkünder waren nach gnostischer Auffassung nicht besser:
Moses stieg vom Berg Sinai herab und befahl die Hinrichtung von 3000 Menschen (2. Mose 32,28), nachdem er soeben das Gebot erhalten hatte, nicht zu töten.
Eine ähnliche Unbarmherzigkeit demonstrierte Elias, als er die 450 Priester Baals am Bach Kishon erschlug (1. Kön. 18,40).
Elisäus verfluchte im Zorn einige ungezogene Kinder im Namen Jahwes, woraufhin zwei Bärinnen aus dem nahen Wald kamen und 42 Kinder zerissen (2. Kön. 2,24).
Dabei sind noch nicht einmal die Tausende von Männern, Frauen und Kindern berücksichtigt, die das auserwählte Volk dieser parteiischen Gottheit erschlug.
Die Gnostiker verwarfen das Alte Testament, weil es ein jüdisches Monopol auf Gott verkündete und wenig enthielt, das auch für Nichtjuden einen Wert besaß.
Die Masse des Pentateuchs galt als trivial und nur für den Stamm der Juden von Bedeutung, während er für den Rest der Menschheit nur wenig Interessantes enthielt. Das darin dargelegte Glaubenssystem war restriktiv und hatte vor allem materialistische Rituale und gesellschaftliche Gebote im Auge, die nichts mit der höheren Welt zu tun hatten.
Das mosaische Gesetz war blind für jede spirituelle Dimension. Dem apokryphen "Buch des Evangelisten Johannes" zufolge war das mosaische Gesetz das Werk des Teufels!
Nach gnostischer Auffassung wurden die antiquierten Gebote des Pentateuchs den jüdischen Stämmen nur zu dem Zwecke auferlegt, damit es mehr Übertretungen gäbe, so dass die Juden unter dem irrtümlichen Zwang, sich dem Gesetz zu unterwerfen, dem Gesetzgeber, dem Demiurgen Jahwe hörig blieben. Sein Ziel ist die Versklavung der Menschheit.
Im "Apokryphon Johannis" und anderen gnostischen Texten hat Jahwe viele Namen, wobei er manchmal auch Tiergestalt annimmt. Zu diesen Namen gehören: Jehova, Elohim, Adonai(os), Sabaoth (stiergestaltig), Jaldabaoth (Löwe), Thauthabaoth, Erathaoth, Eloaios (Adler) und Thartharaoth (Esel). Jaldabaoth gilt teilweise als Vertreter des Demiurgen und teilweise als Demiurg schlechthin.
Die Gnostiker wiesen auch darauf hin, dass Jesus, als er die Juden tadelte, ihnen deutlich sagte: "Ihr stammt aus dem Teufel als Vater." (Joh. 8,44), weil er die wahre Natur des Gottes kannte, dem sie anhingen. Interessanterweise bezeichnete Jesus Gottvater niemals als Jahwe, und überhaupt taucht der Name Jahwe nirgendwo im Neuen Testament auf. Einer der Titel, den die Rabbiner ihrem Gott beilegten, war "ha' makem", "der Ort"; während für die Gnostiker der Ort (topos) der von Gottvater verlassene Bereich ist, den er der nichtgöttlichen Welt überließ und der daher ein Ort des Mangels ist. Dem Gnostiker Valentinus zufolge ist der Topos das Reich des Demiurgen.
http://www.beepworld.de/members71/solaris93/gnosis.htm#001 (Archiv-Version vom 09.04.2010)