Wer sind die wirklich “Abtrünnigen”?
Im NT werden Abtrünnige nur in Verbindung mit Irrlehrern und Antichristen in Verbindung gebracht. Aber nichts ist über Gemeindemitglieder zu lesen, die aus Unglauben oder Zweifel an der Richtigkeit der Lehre Christi die Gemeinschaft verlassen wollten. Einige sind zwar im Glauben schwach geworden, sie werden aber nicht verurteilt. Paulus erwägt nicht einmal mögliche Konsequenzen daraus.
Die Organisation der Zeugen Jehovas tut sich damit schwer, eine biblische Grundlage dafür zu finden, Austrittswillige oder Zweifler zu ächten. Deshalb versucht man ihre Motive in den Wachtturm-Schriften so zu konstruieren, dass sie wieder ins Bild neutestamentlicher Abtrünniger passen. Und so unterstellen sie in ihren Schriften ausgetretenen oder ausgeschlossenen Mitgliedern ungerechtfertigte Beweggründe, um ihre Praxis des Gemeinschaftsentzugs mit der Gemeindezucht des Apostels Paulus in Einklang bringen zu können.
Mitglieder gelten bereits dann als abtrünnig, wenn sie die Wachtturmlehre ablehnen. Den Führern geht es nämlich vordergründig nicht wirklich um die Lehre Christi, von der Johannes sprach, sondern um die Lehren der Organisation, die sie damit verschmelzen wollen.
Was verstehen Zeugen Jehovas unter “Abtrünnigkeit”?
Im bereits zitierten Wachtturm vom 15. Juli 2011 wird auf der Seite 15 in einer Fußnote erklärt: “Mit “Abtrünnigkeit” ist gemeint, dass man sich von der wahren Anbetung distanziert, davon abfällt, sie vollständig aufgibt und dagegen rebelliert”.
Zeugen Jehovas erheben den Anspruch, dass nur sie die “wahre Anbetung” praktizieren. Zieht sich also ein Zeuge Jehovas von der “wahren Anbetung”, d. h. der “Organisation Jehovas”, zurück, wird er so betrachtet, als bliebe er nicht mehr in der “Lehre des Christus”. Mit dem Absolutheitsanspruch für den Besitz der einzig wahren Anbetung versucht man den Gemeinschaftsentzug zu legitimieren.
Es spielt daher keine Rolle, ob man zu einer anderen Kirche übertritt und sich weiter als Christ betrachtet oder einfach nur der Organisation der Zeugen den Rücken kehrt; man ist auf jeden Fall ein “Abtrünniger”.
Um das Kontaktverbot aufrechtzuerhalten, werden Dissidenten verunglimpft und ihre Motive in Frage gestellt. Da man aber nicht auf ihre Argumente eingehen will, greift man diese Personen frontal an.
In allen Wachtturm-Schriften bestehen die Angriffe auf “Abtrünnige” ausschließlich aus Anschuldigungen gegen den Menschen, statt ihre Argumente mit der “Wahrheit” abzugleichen.
Schon allein der Angriff auf die Person reicht daher aus, um jeden möglichen Dialog mit ihnen zu unterbinden.
Zitat WT 15. Juli 2011: Was wollen sie [die Abtrünnigen] bewirken? Die Organisation, die sie vielleicht einmal liebten, zu verlassen, reicht ihnen nicht. Ihr Ziel ist, wie Paulus erklärte, “die Jünger hinter sich her wegzuziehen”. Achten wir hier auf den bestimmten Artikel: “die Jünger”. Sie ziehen nicht los und machen eigene Jünger; nein, sie wollen die Jünger Christi mitnehmen. Sie sind wie “raubgierige Wölfe” — darauf aus, die zutraulichen “Schafe” in der Versammlung zu verschlingen, ihren Glauben zu zerstören und sie von der Wahrheit wegzulocken. (Mat. 7:15; 2. Tim. 2:18).
Wenn Jehovas Zeugen bei ihren katholischen und evangelischen Nachbarn vorsprechen, um sie zur “Organisation Jehovas” zu führen, begehen sie genau denselben Fehler, den sie “Abtrünnigen” vorwerfen, indem sie selbst von anderen Kirchen “Jünger” abwerben.
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