Trollkatze schrieb:Eine Beispiel (ich glaube, das habe ich des Öfteren schon mal gebracht, aber es passt so gut) ist, dass in der hebräischen Version die "Elohim" die Welt erschaffen. Das ist ein Pluralwort und müsste eigentlich Götter heißen. Im Sinne der Kirche wird hier aber wohl u.a. die Trinität beschrieben, definitiv eine Auslegung.
Da zitier ich mich mal selbst. Denn erst vor acht Tagen mußte ich jemandem das mal wieder verklickern (und seit ich hier im Forum bin schon unzählige frühere Male):
Elohim ist zwar ein Plural (Singular ist Eloah), aber dennoch wird diese pluralische Vokabel eben auch für einzelne Gestalten verwendet. Mal so als Beispiel 1.Könige11,33a:
Denn sie haben mich verlassen und haben sich niedergeworfen vor Astarte, der Göttin der Sidonier, vor Kemosch, dem Gott der Moabiter, und vor Milkom, dem Gott der Söhne Ammon
Astarte, Kemosch und Milkom sind je einzelne Götter, und genannt werden sie mit dem Wort Elohim. Das dient also durchaus der Bezeichnung einer einzelnen Gottheit. Naja, klar können auch mehrere Götter zusammen Elohim genannt werden, dann meint das Wort mehrere. Dumm nur, daß im ersten Schöpfungsbericht, immer wenn "Elohim" etwas sagt und macht und tut, das Verb im Singular steht, nicht im Plural. Mit anderen Worten: der biblische Text läßt keinen Zweifel daran, daß Elohim hier nur ein Einzelner ist.
Das Verwenden einer pluralischen Vokabel für eine Einzelgestalt kommt im Hebräischen häufiger vor. Damit wird das Machtvolle dieser Gestalt unterstrichen. Und deswegen spricht man bei diesem singularischen Plural vom Herrschafts- und Hoheits-Plural. Da gibts zum Beispiel das Behemot. Dieses -ot am Ende ist der feminine Plural, der Singular dazu wäre Behema. Und Behema heißt "Vieh". Das Behemot nun ist aber ein besonders machtvolles Viecherl, und deswegen wird es eben mit der Pluralendung benannt. Könnt man gradezu mit "Urviech" übersetzen.
Aber das ist nicht mal auf das Hebräische beschränkt, das findet sich auch in weiteren semitischen Sprachen. So fand man in Amarna Briefe von kanaanäischen Kleinherrschern, die ihrem Oberherren, dem Pharao, schrieben (Bittbriefe, Klagen und so). Der Pharao wird dort zuweilen "ilanija" genannt, was wörtlich "meine Götter" bedeutet, aber definitiv nur einen, den gerade amtierenden göttlichen Pharao meinte. Na und einer der letzten neubabylonischen Herrscher favorisierte nicht Marduk wie alle vor ihm, sondern den nordmesopotamischen Mondgott Schin. Und nannte diesen "Götter der Götter". Hier haben wir also sogar beides in einem Satz: Herrschafts-Plural und "echten" Plural.
Nee Du, der Elohim aus 1.Mose1, der ist man sowas von sicher nur einer und keine Gruppe.
Und auch das "Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich" (Vers26) ist kein Hinweis auf eine Mehrzahl, sondern ein pluralis deliberationis, ein Plural der Selbstaufforderung, wie wir ihn sogar aus dem Deutschen (na dann wolln wir mal) kennen. So spricht auch der einzelne Typ aus dem zweiten Schöpfungsbericht, der mit den vier Buchstaben, in deutscher Übersetzung oft mit Großbuchstaben (bzw. Kapitälchen) "HERR" geschrieben, in 1.Mose11 bei der Turmbaugeschichte (Vers7): "Wohlan, lasst uns herabfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass sie einer des anderen Sprache nicht [mehr] verstehen!" Im nächsten Vers jedoch agiert aber weiterhin nur dieser eine "HERR" und keine Gruppe. Wie ja auch in der ganzen Story nur der "HERR" (neben den Menschen) vorkommt und keiner sonst. Da meinte er mit dem "uns" in der Selbstaufforderung ganz offensichtlich nur sich selbst.
Heilende Pflanzen und Kräuter in der Schöpfung (Seite 4) (Beitrag von perttivalkonen)Und nein, die Trinität versucht keiner, mit der singularischen Übersetztung da reinzudrücken. Wie denn auch, wenn in dieser deutschen Übersetzung gar kein "Plural" zu erkennen ist? Das ergibt doch keinen Sinn!
Entsprechend sage ich es mal frei heraus: Die großen deutschen Übersetzungen der Bibel sind verläßliche Übersetzungen und keine ideologisch motivierten Verfälschungen der originalsprachlichen Inhalte. Wenn Du anderes behauptest, dann bist Du die/derjenige, welche(r) sich hier ideologisch vorbelastet äußert und damit an der Realität vorbeischlittert. Dein "Beispiel" war zwar wirklich ein Beispiel, jedoch eben nur für a) Deine Unkenntnis* und b) Deinen ideologisch motivierten Vorwurf in Richtung kirchlicher Übersetzungsarbeit.
[* Unkenntnis ist in Ordnung. Niemand kann sich in allem auskennen. Aber dann sollte man sich besser etwas zurückhalten und lieber ein Mal zu viel recherchieren, wenn man sich über Sachen äußert, die man nicht so gut kennt.]Trollkatze schrieb:Grundsätzlich ist es immer besser, sich alte Schriften in Originalsprache zu Gemüte zu führen, aber die Meisten (so wie ich) verstehen es nicht.
Dafür aber trittst Du ziemlich "wissend" auf, wenn Du hier verklickerst, wie der Plural
'älohim zu verstehen sei (und wie nicht).
Trollkatze schrieb:Übersetzungen sind immer mit einem gewissen Interpretationsspielraum versehen
Weswegen man dies Übersetzungen auch nicht per se anlasten kann. Womit ich natürlich nicht ausschließen will, daß Übersetzungen die Interpretation auch arg bewußt einsetzen können. Ja, es gibt ideologische Übersetzungen bis hin zu bewußten Falschübersetzungen. Doch wie gesagt, per se, pauschal läßt sich sowas nicht unterstellen.