Was bringt euch euer (Un-)Glaube?
14.10.2016 um 12:34BioGenEthiker schrieb:weil sich die Menschen nun mal nicht in einen geistigen Schnittbogen pressen lassen, den sich zuvor ein paar kluge und durchaus wohlwollende Gehirne ausgedacht haben.DAS dürfte wohl das größte Problem sein. Leider, aber ganz zwangsläufig, gehen die meisten Menschen davon aus, dass andere Leute so ähnlich denken wie sie selbst und sind geradezu fassungslos, wenn sie herausfinden, dass das nicht so ist. Ich nehme mich davon selbst gar nicht aus.
Die Anders- und damit scheinbar Falsch-denkenden sollen dann einsehen, dass sie eben "falsch" denken oder wenigstens ihr "falsches" Denken für sich behalten. Das kann friedlich durch Diskussionen oder aber durch Druck/Terror von oben geschehen (Extrembeispiel: Inquisition).
Man darf aber nicht vergessen, dass viele Religionen, auch das Christentum, mit schlimmsten Drohungen arbeiten und deswegen mancher missionarische Eifer vielleicht tatsächlich aus der festen Überzeugung entsteht, anderen Menschen helfen zu müssen, die sonst der Hölle (oder was es sonst noch als jenseitige Strafe gibt) verfallen müssten. Nicht jede übergriffige oder gar verbrecherische Handlung aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen muss auf das Unverständnis gegenüber anderen Denkweisen oder den Willen zum Macht zurückgehen.
BioGenEthiker schrieb:der Umstand, dass sie gefälscht sind, entwertet nicht notwendigerweise das, was in diesen gefälschten Jesusworten als Aussage transportiert wird als Lüge, wenn die Intention des Fälscher-Autors der Intention derjenigen Autoren entspricht, die die nicht gefälschten Jesusworte tradiert haben.Wer bewusst Worte einer Person fälscht und das nicht deutlich macht, sondern seine Leser glauben lassen will, diese Worte kämen von dieser Person, der zeigt dieser Person gegenüber nicht nur einen Mangel an Respekt (was sehr merkwürdig ist, wenn man diese Person für göttlich hält), sondern er macht damit automatisch auch diese Aussagen unglaubwürdig, wenn ihm jemand auf die Schliche kommt. Was man von Autoren, die bei der Wahrheit (oder dem, was sie für die Wahrheit hielten) bleiben, nicht der Fall ist.
Es handelt sich schließlich beim Johannesevangelium nicht (nur) um einen Roman oder die Biographie irgendeines beliebigen Prominenten, sondern hier werden Sprüche und Gebote eines Mannes verkündet, der wiederum behauptet, direkt für den allmächtigen Gott zu sprechen. Eines Mannes, der auch nach 2000 Jahren immer noch bekannt und für Milliarden Menschen unantastbar ist.
Da ist die Forschung, ob die diesem Mann zugeschriebenen Worte wirklich authentisch sind, authentisch hätten seien können, oder ihm gar in den Mund gelegt wurden und seinen eigentlichen Werten widersprechen, umso wichtiger.
Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass dieser Mann nie existiert hat, es also gar keine authentischen Worte gibt, dann bleiben immer noch philosophische Sprüche, die man dann aber genauso annehmen oder nicht annehmen kann wie die von Sokrates oder von Plato, weil dann der religiöse Druck (Glaubenszwang) fehlt. "Kümmere dich um deine Mitmenschen" wird als Aufforderung ja nicht weniger wertvoll, wenn sie (nur) von einem unbekannten Menschen der Antike stammt statt von einem Erlöser.
Die Sprüche wirken aber auch dann anders, wenn derjenige, der sie aufschrieb, sie bewusst als Jesu Worte ausgegeben (und damit den Leser belogen) hat, als wenn er glaubte, dass sie echt waren.