Hallo!
Ich möchte meine Antwort in zwei Bereiche unterteilen.
Punkt 1:
Das fundamentale Problem in Deutschland ist die politische Klasse bzw. Elite und auch das politische System.
Das politische System in der Bundesrepublik Deutschland ist gekennzeichnet durch eine Machtfülle der politischen Klasse , die in der Ohnmacht der Bürgerinnen und Bürger ihre Entsprechung findet. Da sich das Dogma von stets am Gemeinwohl orientierten Politikerinnen und Politikern nach meiner Auffassung aufgrund des Vorhandenseins von Eigeninteressen der politischen Akteure nicht aufrecht erhalten lässt, muss das politische System dringend so verändert werden, dass derartige Kollisionen von Interessen einerseits vermieden, andererseits in eine für das Gemeinwohl för-derliche Richtung gelenkt werden. Denn dieser Anforderung wird das derzeitige politische System nicht gerecht.
Der Umstand, dass die politische Klasse ihre Eigeninteressen so unkontrolliert verfolgen kann, ohne einschneidende Konsequenzen befürchten zu müssen, hat negative Auswirkungen auf alle Bereiche der Politik und führt in letzter Konsequenz zu Problemen (Blockade, Verwässerung, Tatenlosigkeit) in der Umsetzung notwendiger Reformen. Ich stelle deshalb nicht nur die Qualität der Regierungs- und Oppositionsarbeit der Bundestagsparteien, sondern auch die Leistungsfähigkeit des politischen Systems insgesamt in Frage und will insbesondere durch Korrekturen in der Anreizstruktur des politischen Systems die politische Klasse an die Interessen des Volkes zurückbinden, die Bürgerin-nen und Bürger in ihren Rechten stärken, den Missbrauch von Macht verhindern, die Leistungsfähigkeit und Effizienz der politischen Institutionen wesentlich erhöhen und so die Verfassungsgrundsätze wieder herstellen.
Diese Aufgabe kann logischerweise nur von einer neuen Partei ausgehen, da sie zu Beginn noch nicht im Sumpf ist, während es die etablierten Parteien bereits sind. Und wer kann sich schon selbst aus dem Sumpf ziehen? Die angestrebten Systemreformen sind gleichbedeutend mit einer grundsätzlichen Verhaltensänderung der politischen Klasse, denn ihr Interesse läge dann viel stärker als jetzt im Gemeinwohl.
Die einzige Partei, die für mich hier in Frage kommt, ist die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp), da sie ein absolut bürgerfreundliches, weitsichtiges Programm* hat und von allen ernstzunehmenden seriösen Kleinparteien die meisten wissenschaftlichen Kriterien für den politischen Aufstieg erfüllt.
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http://www.oedp.de/dieoedp/BuPoPro/Programm2002.htm (Archiv-Version vom 02.01.2005)Punkt 2:
Wir müssen Abschied nehmen von dem Ziel des Wirtschaftswachstums. Die etablierten Parteien preisen alle dieses Wachstum als Mittel zum Abbau der Arbeitslosigkeit an. Dabei müssen folgende Fragen erlaubt sein und beantwortet werden:
- wer und wieviel Verbrauchende sollen denn mit welchen Mitteln derart viel kaufen und konsumieren, damit in wenigen Jahren Vollbeschäftigung erreicht wird?
- ist eine solche Konsumsteigerung für die allgemeine Zufriedenheit und für die Umwelt sinnvoll?
- ist die hohe Zahl an Arbeitslosen überhaupt konjunktur-bedingt?
"Einerseits gibt es in Deutschland eine Massenarbeitslosigkeit, andererseits werden notwendige Arbeitsleistungen für die Zukunft unserer Gesellschaft und unserer Erde z.B. im Bereich Bildung und Ausbildung oder im Umweltschutz nur in unzureichendem Umfang erbracht, weil sie sich scheinbar nicht rechnen oder weil man uns erzählt, dass sie nicht bezahlbar seien." (bundespolitisches Programm der ödp)
Leute, die hohe Arbeitslosigkeit ist mit großem Abstand STRUKTUR-bedingt und nicht KONJUNKTUR-bedingt. Es hat sich in der Arbeitswelt viel verändert - strukturell! Und es ist Aufgabe der Politik, auf diesen Strukturwandel einzugehen und ihn so zu gestalten, dass die Menschen wieder in Beschäftigung kommen.
Wir brauchen eine effiziente Kreislauf- und Gleichgewichtswirtschaft, die neue und zugleich sinnvolle Arbeitsplätze schafft. Das kann man zum Beispiel erreichen, indem man eine strikt (!) aufkommensneutrale (!) Steuerreform für Arbeit und Umwelt durchzieht, und nicht so einen rotgrünen Ökosteuer-Murks. Murks deshalb, weil diese "Reform" weder aufkommensneutral noch ausgewogen und gerecht ist.
Ökologie ist die Lehre vom richtigen Haushalten. Ein ökologischer Strukturwandel beinhaltet somit weitaus mehr, als nur ein Wandel zugunsten der Lebensbedingungen, da der Haushalt den Menschen direkt mit ein bezieht und mit ihm im Zusammenhang steht. Damit der notwendige ökologische Strukturwandel nicht auf Kosten von Arbeitsplätzen geht, darf die menschliche Arbeit nicht länger so hoch mit Steuern und Beiträgen belastet werden. Denn diese Belastungen zwingen die Arbeitgeber zu höchster Personaleinsparung und begünstigen die Schwarzarbeit.
Durch die angesprochene Steuerreform für Arbeit und Umwelt wird es möglich, menschliche Arbeitskraft für sinnvolle Aufgaben auch dort rentabel einzusetzen, wo sie bisher zu teuer war. Die dadurch verursachte neue ökologische Form der Rationalisierung des Energie- und Rohstoffverbrauchs wird den ökologisch notwendigen Strukturwandel der Wirtschaftsprozesse in Gang setzen. Hier liegen zudem immense Einsparpotentiale. Es stehen genügend Technologien zur Verfügung, die die Ressourcenproduktivität um den Faktor Vier erhöhen.
Das allgemein formulierte Ziel muß lauten: statt Rationalisierung von Arbeitsplätzen, Rationalisierung bei den Ressourcen.
Daneben sollte der Staat die Beteiligungslöhne sowie die investive Gewinnbeteiligung fördern.
Außerdem muß Familienarbeit anerkannt werden. Bis heute wird nur der herkömmlichen Erwerbsarbeit zentrale Bedeutung zugemessen. Die bisher unbezahlte, gesellschaftlich aber notwendige und wertvolle Familienarbeit darf aber nicht länger unterbewertet werden. Von besonderem gesellschaftlichem Wert sind die Kindererziehung und die Pflege Angehöriger. Diese Arbeit, die im Gegensatz zu früher nicht mehr automatisch Teil fast jeder Lebensbiographie ist, muss deshalb von der Gesellschaft finanziell honoriert werden. Wir brauchen Modelle direkter Entlohnung und Anrechnung für die Rente. Finanzierungsmodelle für die Erziehungsarbeit liegen schon seit Jahren vor!
Und last but not leat müssen wir die Arbeit einfach gerechter verteilen. Darin liegt auch eine Chance für ein sinnerfüllteres Leben, wenn nämlich das Leben als eine ausgewogene Mischung von verkürzter herkömmlicher Erwerbsarbeit, verstärkter Eigenarbeit, Familienarbeit und ehrenamtlichen Engagements gestaltet wird! Eine generelle Verkürzung der Erwerbsarbeitszeit hat auf jeden Fall positive Züge, weil so mehr Zeit für Familie, Weiterbildung, Kultur sowie soziales und kulturelles Engagement zur Verfügung steht. Die gegenwärtige Situation, nämlich Stress, Überlastung und die Leistung von unbezahlten Überstunden auf der einen Seite und Arbeitslosigkeit auf der anderen ist inakzeptabel.
Weitergedacht machen beispielsweise die Entwicklungen in der Nanotechnologie möglicherweise schon bald die bloße Annahme überflüssig, daß der Mensch bzw. die menschliche Arbeitskraft direkter nennenswerter Bestandteil des Produktionsprozesses sein muß.
Das heißt, wir müssen Staat und Gesellschaft mittel- bis langfristig so umgestalten, dass wir mit diesem Mehr an Freizeit in einem nachhaltigen Wohlstand leben können. Und da könnten die von einem anderen Schreiberling angesprochenen komplementären Regional-Währungen hilfreich sein, idealerweise so integiert, dass nach Bedarf rasch zwischen Bezinsung und Anti-Hortungs-Gebühr gewechselt werden kann. Denn eine ständige Anti-Hortungsgebühr würde dazu führen, dass sich die Leute zunehmend Kaufen und damit auch konsumieren würden, was sie eigentlich nicht brauchen, nur tuns sie's eben, um der Gebühr zu entgehen. Also brauchen wir ein flexibles System. Mit einer solchen Zweit-Währung könnten wir auch Dienstleistungen im privaten Bereich regeln. Noch weiter gedacht wären sich die Menschen eines Tages zu bequem, sich ihre Leistungen gegenseitig über die Zweitwährung abzugelten, und würden sich ohne direkte Gegenleistung in den Dienst ihrer Zeitgenossen stellen. Jeder hat seine Stärken und Talente und kann sich in die Gesellschaft einbringen.
Das derzeitige Geldsystem bringt uns in ein Vorstellungs-Gefängnis. Es engt uns über die Gedanken des Möglichen ein.
Mein Problem ist, dass meine Mitmenschen mehrheitlich die etablierten Parteien und damit solche Politiker wählen, die in veralteten und kurzsichtigen Denkweisen verharren. Ich schäme mich für die Politik meines Landes. Der Ausweg liegt nach wie vor in einer neuen Partei (siehe Hinweis auf die ödp).
Viele Grüsse,
Mystisidis
"Die Parapsychologie ist die Königin der Wissenschaften" (Wilhelm Ostwald, begründet der physikalischen Chemie und Nobelpreisträger)