Ich habe die ganze AfD-Debatte und Diskussionen mal mitverfolgt und mir auch mal die Diskussionsforen der AfD-Gegner genauer unter die Lupe genommen. Viele Blogs, aber auch die Argumentationsweise der AfD-Gegner sind oft dermaßen über Ecken und Kanten strukturiert, die schon fast parallelen zu Verschwörungstheorien haben. Dass einige AfD-Anhänger ebenfalls einen an der Waffel haben steht außer Frage. Da werden Verknüpfungen von Facebook-Kommentaren zur Parteiführung gemacht, und das ganze mit dem Stuckhard-Barre-Auftritt und einer B90/Grünen Studie abgesegnet, um die ganze Debatte mit einem selbstzufriedenen "Ich-habe-sie-durchschaut"-Riegel abzuschließen. Ja geradezu der Deutsche Gruß wird bei Bernd Lucke gesehen - dann tritt wieder der "Aha"-Effekt ein, mit dem Schlusswort: "Sie sind gefährlich". Das Angela Merkel ja geradezu selbstherrlich mit einer Propaganda-Show in Szene setzte, wird ja geradezu gerne übersehen (mal zum Vergleich). Es geht ja erstmal darum, die Leute mit einer anderen Meinung aus dem spiegelverkehrten politischen Spektrum mundtot zu machen.
Das Problem ist diese dermaßen verkorkste links-rechts Einordnung. Ich beschreibe es mal so: Je linker sich eine Person selber im politischen Spektrum einordnet, desto radikaler und haarsträubender sind seine Argumentationsweisen bezüglich seiner Ansichten denen des rechten Spektrums. In einem MLPD-Forum wurde zum Teil die CSU als rechtsradikales Gesindel tituliert, weil ihr Bayernstolz ja schon Nationalsozialistische Tendenzen aufweisen würde. Umgekehrt verhält es sich genauso am rechten Rand. Die Leute spucken auf die Ansichten des linken Spektrums.
Demokratie muss so eine Entwicklung wegstecken können, alles andere hat sonst nichts mehr mit Demokratie zu tun. Es ist normal, dass manchmal haarscharfe Debatten über Themen stattfinden und mal knallhart diskutiert werden. Auch die Demokratie in Deutschland kann so eine Partei wie die AfD locker wegstecken, was eine Besänftigung nur unterstützen würde. Man muss auch mal die Existenz einer anderen Meinung respektieren. Bei einem Anteil von 4,7% ist das nicht ganz unerheblich.
"[...] bei dem neoliberalen Kurs braucht es keine Nazi Debatte, das ist auch so schon menschenverachtend genug, um dieser Partei für alle Zeiten politische Bedeutungslosigkeit zu wünschen."
Der Hamburger Appell ist eine ökonomische Ansicht, wirtschaftliche Stabilität und die Arbeitslosigkeit dauerhaft zu senken, mit ziemlich haarträubenden Methoden. Nichts anderes wurde von der SPD durchgeführt: Einführung der HartzIV-Reform, Umstrukturierung des Arbeitsmarktes durch Zeitarbeitsfirmen, Aufbau des Arbeitsmarktdruckes, Ermöglichung von Lohnzuschüssen als Ersatz vollwertiger Arbeitslosengelder. Stabilitätsorientierte Finanzpolitik durch Kürzung von Staatsausgaben und Erhöhung der Staatseinnahmen (sprich Steuererhöhrungen bei Leistungskürzungen), fehlender Mindestlohn usw. usw. usw.
Vereinfacht dargestellt ist die BRD eine GmbH, die eine Bilanz zum Stichtag aufstellen muss. Fällt auf, dass zum Bilanzstichtag stets ein Defizit zustande kommt, muss man sich Gedanken machen Einsparungen vorzunehmen. Ausgabenkürzungen bei Leistungserhöhung. Die SPD hat angefangen dies einzufädeln, und die CDU führt diesen Kurs selbstbewusst fort. Da stelle ich mir die Frage, weshalb überhaupt noch so eine große Debatte über den Hamburger Appell seitens des AfD-Gründers stattfindet, wenn die Kanzlerin genau diesen Kurs fortführt? Für mich unverständlich. Dann müsste man ja der CDU die politische Bedeutungslosigkeit wünschen. Wieso wird es dann nicht getan, sondern nur auf AfD-Leuten quasi die Schuld zugewiesen? (Das ist kein CDU-Thread, ich weiß - trotzdem erwähnenswert)