Italien hat gewählt. Und nun?
27.02.2013 um 09:25Vorläufiges amtliches Endgerbnishttp://www.heise.de/tp/artikel/38/38648/1.html
Abgeordnetenhaus:
PD (Bersani): 29.54% - 340 Sitze
PdL (Berlusconi): 29.14% - 124 Sitze
M5S (Grillo): 25.54% - 108 Sitze
Scelta Civica (Monti): 10.54% - 45 Sitze
Senat:
PD: 31.61% - 120 Sitze
PdL: 30.72% - 117 Sitze
M5S: 23.79% - 54 Sitze
Scelta Civica: 9.13% - 18 Sitze
Besonders die folgenden Fragen finde ich spannend:
Wie also ist der Sensationserfolg des "Movimento" zu verstehen?... womit die Alternativlosigkeit unseres Systems erneut unter Beweis gestellt wurde?
Alles nur eine Protestwahl?
...Schon jetzt wird eines klar: Gemessen z.B. am deutschen Debattierverein der "Piraten" zieht mit dem "M5S" eine hochqualifizierte, gut organisierte, weitgehend synchrone Fraktion ins Parlament, die weiß, was sie will. Und zu vielen Fragen durchaus bereits Antworten hat. So macht man erfolgreich Wahlkampf, auch über die Schließung der Wahllokale hinaus.
Wie geht es weiter?
...Bleibt eigentlich nur eine Art "Minderheitsregierung" bei minimaler prozentualer Mehrheit in beiden Kammern und mit einer weitgehenden, punktuellen Unterstützung von Beppe Grillos "M5S". Da gibt es bei wichtigen Sachfragen durchaus Übereinstimmungen, etwa bei der Reduzierung der Abgeordneten und der Abschaffung ihrer Privilegien, der Änderung des Wahlrechts, der Verabschiedung von Antikorruptions- und Interessenkonfliktsgesetzen, aber auch bei Anschubprogrammen für Handel und Gewerbe sowie im Sozialbereich. Erste, bereits deutlich moderatere Töne gegenüber dem "Movimento" aus der zweiten Reihe des Linksbündnisses lassen aufhorchen.
Und Europa?
Für Merkel und die "Märkte" wird das "alternativlose Durchregieren" demnächst deutlich schwieriger. Die Bevölkerung von Spanien (hier fehlt eigentlich nur noch ein iberischer Beppe Grillo, das "Movimento" gibt's ja schon), Portugal und Griechenland hat inzwischen am eigenen Leib erfahren, wie gnadenlos - und schlimmer: wie ineffektiv - die "unabdingbaren" Reformen zu Gunsten der Finanzindustrie sein können. Der italienische Wähler hat da gerade - vielleicht im letzten Moment - die Reißleine gezogen.
Berlusconis erster Wahlkommentar ("Es ging zuvor zwanzig Jahre lang ohne starren Blick auf den Spread, warum nicht auch jetzt?") wird - so oder so - in Südeuropa zum neuen Maß der Dinge. Denn dass der jetzt erstmal steigen und die Börsenkurse fallen werden, steht außer Frage. Aber das ist wohl eher ein Fall für Mario Draghis EZB.
Doch selbst Grillo hat seinen Mitstreitern und Wählern - darin ganz Staatsmann und Realist - fünf schwierige Jahre vorausgesagt, in denen "der Gürtel wohl enger geschnallt, der persönliche Wohlstand vielleicht eingeschränkt werden" muss. Für die gemeinsame Sache, den "Aufbau einer neuen, gerechteren Gesellschaft", sei dies wohl ein "Preis, den es zu zahlen lohnt".
Italien hat 63 Nachkriegsregierungen in knapp siebzig Jahren überlebt. Es wird wohl auch diesmal klappen. Und, immerhin, Island und das über fast zwei Jahre führungslose Belgien beweisen zumindest eines: Eine Zeit lang geht es - zur Not - wohl auch ohne.
Wie sind eure Gedanken zum Thema, ich finde den Sieg von Grillo ja schon legendär:
der Mann hat immerhin ein bedingungsloses Grundeinkommen gefordert!